Wolfsdunkel -7-
Wolf in Ihrer Menagerie?“
„Warum fragen Sie?“
„Ich habe ein Heulen gehört.“
Sein Blick glitt zu den Bäumen. „Gerade eben?“
„Vor ein paar Minuten. Sie haben es nicht gehört?“
Er schüttelte den Kopf, starrte jedoch weiterhin in den Wald.
Seltsam .
„Was machen Sie eigentlich hier?“
„Ich wollte mir Ihre hübsche Stadt ansehen.“
„Der Sheriff hat Ihnen untersagt, abends herzukommen.“
Er richtete seine dunklen Augen wieder auf mich. „Ich nehme keine Befehle von Sheriff McDaniel entgegen.“
Ich bezweifelte, dass er Befehle von irgendjemandem entgegennahm. In diesem Zusammenhang fiel mir wieder ein, wie alles, was er gerade brauchte – Handtuch, Hemd, Vertrag – an diesem Nachmittag auf fast wundersame Weise in seiner Hand aufgetaucht war. Um den großartigen Propheten Mel Brooks zu zitieren: Nicht übel, der König zu sein. Ich lächelte über meinen kleinen, internen Witz.
„Ich scheine Sie zu amüsieren“, stellte Cartwright fest.
Jeder Anflug von Belustigung verpuffte. „Nein.“
Wenn er etwas nicht tat, dann war es, mich zu amüsieren. Ich wollte nicht genauer erforschen, was er tat, denn die Gefühle, die ich empfand, wann immer ich ihm begegnete, waren fast so beängstigend wie das Heulen des Wolfs, der nicht real sein konnte.
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet“, wies ich ihn zurecht.
„Welche Frage meinen Sie, Schatz?“
Ich verbot mir, mich von seinem Akzent oder dem beiläufigen Kosewort umgarnen zu lassen. „Haben Sie nun einen Wolf in einem Ihrer Käfige unten am See oder nicht?“
„Ich habe keinen.“
Als hielte er nach etwas Ausschau, fixierte er von Neuem den Blick auf den Wald, und ich überlegte mir eine bessere Formulierung – nur für den Fall, dass er meine Frage wörtlich genommen hatte. „Ist Ihr Wolf etwa ausgebrochen?“
„Ich besitze keinen Wolf. Wölfe sind … problematisch.“
„Inwiefern?“
„Sie eignen sich nicht gut als Dressurtiere. Sie sind zu unabhängig, als dass man ihnen Kunststücke beibringen könnte, außerdem machen sie den Pferden eine Heidenangst.“
„Dafür, dass Sie keinen haben, scheinen Sie aber eine Menge über sie zu wissen.“
Endlich gab er es auf, in den Wald zu starren. „Ich bin Dompteur. Es gehört zu meinem Job zu wissen, welche Tiere gut und welche schlecht sind.“
„Ich dachte, es gäbe keine guten oder schlechten Tiere, sondern nur gute oder schlechte Halter.“
Er stieß ein schnaubendes Lachen aus, vertiefte das Thema jedoch nicht weiter.
„Mit wem haben Sie vorhin gesprochen?“, fragte er stattdessen.
„Mit Balthazar Monahan. Ihm gehört die Regionalzeitung. Er wird sich mit Ihnen unterhalten wollen.“
„Er kann das gern wollen; aber das heißt noch lange nicht, dass ich mich auch mit ihm unterhalten möchte. Wir halten uns lieber bedeckt.“
IchbetrachteteseinenextravagantenAufzug,dielangenHaareunddasKruzifix,dasanseinemOhrschaukelte.„Ja,dasseheich.“
Seine vollen Lippen formten ein Lächeln. „Dieses Kostüm ist das, was die Leute erwarten.“
„Wie können Sie ohne Publicity Aufträge an Land ziehen?“
„Es mangelt uns nie an Arbeit. Wir entscheiden, wann und wo wir auftreten – mittelgroße Veranstaltungen an Orten, die uns interessieren. Wie Lake Bluff und das Vollmondfestival.“
Was erklärte, warum er Joyce kontaktiert hatte. Musste nett sein, frei entscheiden zu können, wann, wo und wie viel man arbeitete.
Er hob das Gesicht zum Himmel und öffnete den Mund, als wollte er von dem silbernen Mondlicht trinken. Als er den Kopf senkte, wirkten seine Augen von Neuem wie bodenlose schwarze Brunnen. Ich machte unwillkürlich einen Schritt nach hinten, der Lichteinfall veränderte sich, und seine Augen waren wieder braun.
„Ich begleite Sie nach Hause“, erbot Cartwright sich.
„Danke, nicht nötig. Ich wohne … “ Ich brach ab. Wollte ich ihn wirklich wissen lassen, wo ich wohnte?
„Denken Sie, das wüsste ich nicht längst?“
Hatte er meine Gedanken gelesen?
„Kommen Sie.“ Er stapfte den Hügel hinauf. „Sie sollten abends nicht allein unterwegs sein.“
Ich lief neben ihm her. „Das hier ist Lake Bluff.“
„Sie glauben, dass Sie hier sicher sind?“
Das tat ich. Zumindest hatte ich das geglaubt. Der Sicherheitsgedanke war eines der ausschlaggebenden Argumente gewesen, als ich zugestimmt hatte, den Job meines Vaters zu übernehmen. Das und die Tatsache, dass ich keinen anderen hatte.
„Sind Sie gleichzeitig Tierdompteur und
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