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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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plötzlich dieses Frösteln überlief und ich in eine wesentlich schnellere Gangart verfiel?
    Mächtig und mitternachtsblau ragten in der Ferne die Berge zum Himmel. Was auch geschah, diese Gipfel würden immer dort sein. Ihr Anblick beruhigte meine Nerven.
    Mit einem fast hörbaren Seufzen tauchte die Sonne unter den Horizont, und das graue Zwielicht des frühen Abends breitete sich über meine Umgebung.
    Ein Kiesel kullerte zu meiner Rechten den Hang hinab. Mein Blick zuckte in die Richtung, dann sah ich einen Schatten zwischen den Bäumen davonhuschen. Zögernd schaute ich zum Rathaus, das inzwischen weiter entfernt war als meine Haustür.
    Mit neuer Entschlossenheit wandte ich das Gesicht nach vorn und setzte meinen Weg fort.
    Seit fast drei Wochen legte ich diese Strecke zweimal täglich zurück und war dabei nie nervös gewesen. Andererseits hatte ich bis heute Abend hier draußen auch noch nie eine Präsenz gespürt.
    Etwas heulte – das Geräusch war scharf und unvertraut. Ich hatte in meinem Leben schon Tausende Kojoten gehört, aber keiner hatte so geklungen.
    „Muss aber einer sein“, murmelte ich. Trotz der weiten, unbebauten Flächen und der Unmenge an Bäumen hatte es in diesen Bergen seit sehr langer Zeit keinen Wolf mehr gegeben.
    Der schrille, kummervolle Ton erstarb. Ich wartete auf eine Antwort, doch es kam keine.
    Seltsam. Wann immer ich als Kind Kojotengeheul gehört hatte, war es mehr als ein Tier gewesen.
    Ein Kratzen auf dem Asphalt ließ mich herumfahren, dann stieg ein Schrei in meiner Kehle auf, als ich den Mann hinter mir entdeckte.
    „Balthazar“, keuchte ich. „Was tun Sie hier?“
    Er trat zu nahe an mich heran; das tat er immer. Ich war mir nie ganz sicher, ob er ein Nahredner war oder einfach nur ein Mistkerl, der seine Statur missbrauchte, um andere einzuschüchtern.
    Balthazar Monahan musste über einen Meter neunzig groß und um die hundertdreißig Kilo schwer sein. Sein riesiger, von einem schwarzen Hemd verhüllter Brustkasten nahm mir die Sicht. Aus seiner zum Bersten gespannten Knopfleiste sprossen vereinzelte Haare hervor. Balthazar war nicht nur ein Hüne, sondern auch extrem behaart.
    Ich wich zurück und starrte nach oben in seine großen, bebenden, gleichfalls behaarten Nasenlöcher. Mit einem blechernen Geräusch gingen die Straßenlaternen an, und ihr Licht verlieh seinen braunen Augen einen goldenen Schimmer.
    Er grinste, und in diesem Moment erkannte ich, dass er mir absichtlich Angst machte, vermutlich sogar stundenlang zwischen den Bäumen darauf gewartet hatte, dass ich nach Hause gehen würde. Ich hatte versucht, meine Panik vor Männern zu verbergen, aber gleich einem wilden Tier hatte Balthazar meine Schwäche erkannt und beutete sie nun aus.
    „Ich will ein paar Informationen über diese Illegalen unten am See.“
    Ich runzelte die Stirn. Wie hatte er davon so schnell erfahren?
    So, wie er instinktiv meine verletzliche Stelle erraten hatte, schien er nun meine Gedanken zu erraten. Er redete in seinem flachen Yankee-Akzent weiter, der schlimmer an meinen Nerven zerrte als zuvor das mysteriöse Heulen.
    „Einer meiner Reporter hat Sie und unseren Häuptling in diese Richtung abdüsen sehen.“ Er zeigte zum See.
    Balthazar bezeichnete Grace ständig als unseren Polizeihäuptling, als wäre diese Anspielung die witzigste Sache der Welt.
    „Sie hatten es so eilig“, setzte Monahan hinzu, „dass er beschloss, Ihnen zu folgen.“
    Manchmal erinnerten Balthazars Reporter eher an Spione.
    „Stellen Sie sich seine Überraschung vor, dort auf Zigeuner zu stoßen.“
    „Stellen Sie sich meine vor“, murmelte ich.
    Sein Grinsen wurde breiter, und ich hätte mir am liebsten eine geschallert. Vor meinem geistigen Auge sah ich meine Worte schon als morgige Schlagzeile.
    „Die Karawane wurde als Unterhaltungsprogramm für das Festival engagiert“, ruderte ich zurück. „Wenn Sie mehr wissen wollen, sprechen Sie mit Joyce.“
    „Ich spreche lieber mit Ihnen.“
    Ich knirschte so heftig mit den Zähnen, dass das Geräusch laut hörbar die plötzliche abendliche Stille durchdrang. Was war mit dem … was auch immer geheult hatte, passiert?
    Ich lenkte meine Aufmerksamkeit zurück zu meinem aktuellen Problem. „Sie bieten traditionelle Zigeuner-Unterhaltung – Wahrsagerei und dergleichen.“
    „Wenn die wirklich nur als Unterhaltungsprogramm hier sind, warum sind Sie und die Rothaut dann während der Arbeit so überstürzt dorthin gefahren?“
    Seine Wortwahl

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