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Wolfsdunkel -7-

Wolfsdunkel -7-

Titel: Wolfsdunkel -7- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Handeland
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Strähne in ihrem pechschwarzen Haar lief mit einem Korb Äpfel vorbei. Sie brachte sie einem gedrungenen Mann mittleren Alters, der neugierige Augen und eine Hakennase hatte und jeden einzelnen in einen Bottich voll Karamell tauchte. In den Händen von Kindern tanzten Luftballons. Der Duft von Popcorn und Zuckerwatte erfüllte die Abendluft.
    Ich reichte mein Ticket dem stämmigen Kontrolleur, der etwas knurrte, das ein Danke hätte sein können, es aber vermutlich nicht war. Hinter ihm hatte man Verkaufstische aufgestellt, an denen bunter Schmuck feilgeboten wurde. Ich schlenderte vorbei und guckte mir die Stücke an, als mir ein Schild ins Auge stach.
    AMULETTE , TALISMANE , GLÜCKSBRINGER
    Interessant.
    Ich hatte das Rindenstück mit dem Hakenkreuz in der Annahme zu Hause gelassen, dass die Zigeuner verständlicherweise empfindlich auf ein Nazi-Symbol reagieren würden. Auch wenn der Krieg mehr als sechzig Jahre zurücklag, hieß das nicht, dass sie vergessen hatten. Niemand sollte das tun.
    Ich sah mir den Tisch genauer an, fand aber nicht einen einzigen Gegenstand, der dem ähnelte, den Grace ganz in der Nähe gefunden hatte.
    „Haben Sie irgendetwas aus Holz?“, fragte ich.
    Das Gesicht der uralten Zigeunerin war so verrunzelt und braun wie das einer Apfelpuppe. Ein buntes, mit Münzen besetztes Kopftuch bedeckte ihr Haar, und an ihren Ohren baumelten riesige Kreolen. An jedem Finger steckte ein Ring, und an ihren Armen klimperten jeweils zehn Armreife. Wann immer sie sich bewegte, erklang eine Kakophonie heller Töne.
    Sie starrte mich so lange an, bis ich mich zu fragen begann, ob sie mich überhaupt verstanden hatte. Ich wollte mich gerade abwenden, als sie unter den Tisch langte und eine Kiste hervorzog. Ich nahm sie entgegen und hätte sie beinahe fallen lassen, als sich darin etwas bewegte.
    „Ähm, nein danke.“ Ich versuchte sie ihr zurückzugeben, aber sie nahm sie nicht an. Stattdessen ermunterte sie mich durch heftiges Kopfnicken und Gestikulieren, den Deckel zu öffnen.
    Ich tat es, aber die Kiste war zu tief und das Licht zu schwach, als dass ich hätte erkennen können, was sich darin befand. Ich öffnete sie ganz, als eine verschrumpelte Pfote in meine Hand fiel.
    Ich kreischte nicht, sondern sagte etwas in der Art von: „Würg! Igitt!“, und warf das Ding beiseite.
    Die alte Frau fing die Tatze behände aus der Luft auf und verstaute sie kichernd wieder in der Schachtel.
    „Was war das?“, fragte ich entrüstet.
    Ich rechnete nicht mit einer Antwort. Ich konnte mir wirklich nicht vorstellen, dass sie Englisch sprach.
    „Ein Witz, Schätzchen. Haben Sie noch nie die Geschichte von der Affenpfote gehört? Der alte Fluch? Die drei Wünsche?“
    Ich zwang mich, zweimal tief Luft zu holen. Mein Herz, das zu laut und zu schnell geschlagen hatte, beruhigte sich langsam. „Klingt irgendwie vertraut.“
    „Wir geben den Menschen das, was sie begehren.“
    „Ich hatte nicht um eine Affenpfote gebeten.“
    „Was denn für eine Affenpfote?“
    „Die in der Schachtel.“
    „Diese Schachtel?“ Sie hob das Behältnis auf und drehte es um. Nichts fiel heraus.
    Vereinzeltes Gelächter, gefolgt von Applaus ertönte hinter mir. Wir hatten eine kleine Menge Neugieriger angelockt.
    „Falls einer von Ihnen einen Blick in die Zukunft werfen möchte“, sagte die alte Frau, „können Sie mich nach der Vorstellung gern besuchen.“
    Ich war zu Werbezwecken missbraucht worden. Es gefiel mir nicht, aber da wir beide davon profitierten, wenn das Festival ein Erfolg wurde, wollte ich mich nicht beschweren.
    Ich eilte zur Zuschauertribüne. Joyce winkte mir aus dem Publikum zu, und ich winkte zurück. Die meisten Plätze waren schon besetzt, aber es gelang mir, mich auf den letzten freien Sitz in der vordersten Reihe zu quetschen, als im selben Moment das Licht gedämpft wurde und eine Trommel einen afrikanisch klingenden Rhythmus anstimmte.
    Der Berglöwe fauchte; der Grizzlybär knurrte, und irgendwo draußen im Wald antwortete ihm dasselbe Etwas, das am Abend zuvor geheult hatte.
    Ich blickte mich um, aber alle schauten völlig fasziniert zur Manege.
    Plötzlich erstrahlte eines der Lichter und fiel auf Sabina. Sie schien sich aus dem Nichts materialisiert zu haben. Einen Augenblick zuvor war die Manege noch dunkel und leer gewesen. Jetzt waren da helles Licht und ein Mädchen mit einer Schlange um den Hals.
    Theoretisch wusste ich, dass sie durch die Dunkelheit geschlüpft war, während die Musik und

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