Wolfsdunkel -7-
Benjamins Rücken katapultieren würde, doch stattdessen lief er in die andere Richtung und baute sich vor den Zuschauern auf. Er verbeugte sich, und alle klatschten stürmisch. Dann wandte er sich mir zu und streckte mir die Hand entgegen.
„Ham Se vielleicht Lust auf ‘nen kleinen Ausritt?“, fragte er, seinen irischen Akzent schamlos für das Publikum übertreibend.
Meine Augen zuckten zu dem Pferd, das noch immer im Kreis galoppierte. „Äh, nein danke.“
„Ich werde die ganze Zeit bei Ihnen sein.“
Ich schüttelte den Kopf, aber die Zuschauer begannen, mir Ermutigungen zuzurufen. „Na machen Sie schon, Bürgermeisterin!“
„Nur Mut, Schätzchen!“
„Versuchen Sie es; es wird Ihnen gefallen.“
Vielleicht würde es das wirklich. Neugierig legte ich meine Hand in Malachis.
Er schnippte mit den Fingern, und das Pferd blieb auf der Stelle stehen. Da es keinen Sattel und demzufolge auch keine Steigbügel gab, schwang Malachi mich nach oben, bevor er hinter mir aufsaß. Ich hielt mich stocksteif und versuchte, mich nicht gegen ihn zu lehnen. Er legte die Arme um mich, das Pferd bäumte sich auf und strampelte mit den Vorderhufen in der Luft.
Mein Aufkeuchen ähnelte mehr einem Quieken. Ich wurde mit dem Rücken gegen Malachis Brust gedrückt; mein Hintern schmiegte sich zwischen seine Beine. Er drückte die Schenkel zusammen, doch anstatt mich gefangen oder gar bedroht zu fühlen, empfand ich nichts als gespannte Vorfreude. Was würde als Nächstes passieren?
Benjamins Vorderhufe landeten auf dem Boden, und er galoppierte los. Doch er setzte nicht einfach über die Barriere – sie war nur etwa dreißig Zentimeter hoch –, sondern spannte die Muskeln an und sprang, als vollführte er einen der berühmten Luftsprünge der Lipizzanerhengste, in hohem Bogen über die Umzäunung.
Wir drei schienen zu fliegen, und das Gefühl von Magie kehrte für den Bruchteil einer Sekunde zurück, bevor Benjamin auf dem Boden aufsetzte und uns unter dem begeisterten Applaus der frenetischen Menge in die Nacht davontrug.
16
Wir waren noch nicht weit gekommen, als Cartwright das Tier mit einem weichen Zungenschnalzen anhielt. Vermutlich hatte er sich dieses Tricks die ganze Zeit über bedient, und die vermeintlich geräuschlose Kommunikation hatte es nie gegeben. Trotzdem war die Show unglaublich eindrucksvoll gewesen. Was suchte ein Mann wie er an einem Ort wie diesem?
Ich verlagerte meine Position und wurde durch die Bewegung enger an ihn gepresst. Entweder hatte ihn seine Darbietung in Aufregung versetzt – oder aber ich.
Ich versuchte, nach vorn zu rutschen, aber er hielt mich fest. „Nicht.“
Die Band spielte einen sanften, melodischen Walzer. Ich schaute mich zur Manege um, aber unser wilder Galopp hatte uns mehrere hundert Meter weit in den Wald geführt, und ich sah nichts als Bäume.
„Die Vorstellung“, erinnerte ich ihn.
„Da kommt jetzt nur eine Vogelshow. Sie fliegen hin und her. Du verpasst nicht viel.“
„Nach allem, was ich bisher gesehen habe, bin ich mir da nicht so sicher.“
„Es hat dir also gefallen?“
„Sehr sogar. Aber warum bleibst du dabei?“
Er spannte sich spürbar an. „Was meinst du damit?“
„Du könntest in New York auftreten. In Las Vegas. Sogar im Fernsehen. Oder du könntest Tiere dressieren und die Vorstellungen aufgeben.“
„Nein“, widersprach er leise. „Das könnte ich nicht.“
Ich wartete auf eine Erklärung, aber es kam keine.
„Du magst es, in einem Planwagen durch das Land zu reisen?“
Cartwright zuckte mit den Schultern, wobei seine Brust gegen meinen Rücken rieb. Ich widerstand dem Bedürfnis, mich an ihn zu kuscheln wie eine Katze, die sich in sonnenwarmem Gras zusammenrollt. „Wir sind für dieses Vagabundenleben bestimmt. Die Roma sind in dieser Welt nirgends willkommen.“
„Manchmal redest du, als ob du im siebzehnten Jahrhundert stecken geblieben wärst.“
„Manchmal fühle ich mich auch so.“
„Dein Pferd ist wunderschön.“
„Ja, das ist es. Die Roma glauben übrigens, dass ein weißes Pferd von der Magie geküsst wurde.“
„Du schreibst ihm Zauberkräfte zu?“
Er lachte leise. „Wenn Benjamin mit dieser Leichtigkeit durch die Luft fliegt, frage ich mich immer, ob wir auf Engelsschwingen getragen werden.“
Ich konnte nicht anders, als zu schnauben. An solche Dinge hatte ich noch nie geglaubt.
„In Wahrheit“, fuhr er fort, „eignen sich Tiere mit weißem Fell am besten für Darbietungen wie meine,
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