Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
ferne, dumpfe Donnergrollen hatte sich inzwischen näher an die Innenstadt herangeschoben und wechselte, begleitet von ersten, grellen Blitzen, in ein furchteinflösendes lautes Krachen. Erste dicke Regentropfen prasselten auf das Blechdach hernieder und erzeugte dabei eine stakkatoartige Melodie.
»Wie früher im Zelt«, warf Tannenberg schmunzelnd in die Runde.
Aus der völlig neutralen Reaktion der beiden jungen Leute schlussfolgerte er, dass ihn möglicherweise außer den mehr als zwanzig Lebensjahren auch noch die nicht vorhandene Campingurlaub-Erfahrung von den anderen Bauwagen-Insassen trennte.
Wahrscheinlich hätte ich besser ›Erinnert mich an die Fensterscheibe meiner letzten Ferienwohnung‹ sagen sollen, dachte er.
Kopfschüttelnd entschied er, dieses Thema besser nicht weiter zu vertiefen, sondern lieber die sich bietende Gelegenheit zur Informationsbeschaffung zu nutzen: »Seine Freundin hat uns erzählt, dass Herr Steiner oft Einzelteile aus alten Computern ausgebaut und mit nach Hause genommen hat. Was wissen Sie davon?«
Der Student warf die Stirn in Falten und zögerte einen Augenblick, bis er die Frage beantwortete: »Das stimmt, soweit ich weiß. Er hat immer irgendwelche Sachen in seinen Rucksack gepackt und nach Hause transportiert. Aber was da genau drin war, weiß ich wirklich nicht. Das hat mich nie interessiert.«
»Gut. Sie sagten vorhin, dass Sie Herrn Steiner am letzten Donnerstag noch einmal gesehen haben.«
»Ja, Herr Kommissar.«
»Hier im Wertstoffhof?«
»Ja.«
»Wann war das?«
»Das war kurz vor zwölf. Ich habe ihn abgelöst. Er hatte am Donnerstag Frühdienst. Und ich war mittags dran.«
»Ist Ihnen an Herrn Steiner an dem Tag irgendetwas Besonderes aufgefallen? Benahm er sich anders als sonst? Sagte er irgendwas Außergewöhnliches?«
Der junge Mann schob die Unter- über die Oberlippe, schüttelte den Kopf, zuckte mit den Schultern. »Nein. Es war alles wie sonst auch: Er hat mir wie immer zuerst die Sachen gezeigt, die morgens angeliefert wurden, und was noch auseinanderzubauen war. Dann haben wir noch einen Kaffee zusammen getrunken. Und danach hat er sich zu seinem Surftrip verabschiedet.« Er grübelte angestrengt nach, blähte dabei die Backen wie ein Kugelfisch auf. »Also, er war eher besonders gut drauf an dem Tag. Ich glaub, er hat sich sehr aufs Surfen gefreut.«
Tannenberg erhob sich, legte seine Visitenkarte auf den schmalen Holztisch. »Gut. Vielen Dank. Wenn Ihnen noch etwas einfallen sollte, melden Sie sich bitte bei uns.«
»Ja, klar«, antwortete der Student und schüttelte den beiden Beamten zum Abschied die Hände. Plötzlich fiel ihm noch etwas ein. »Warten Sie! Eine Sache war doch ganz anders an dem Tag.«
»Und welche?«, wollte Sabrina wissen.
»Als wir hier am Tisch saßen, hat mir Lukas beiläufig erzählt, dass um acht Uhr, als er das Tor aufgeschlossen hat, bereits ein PC davor gestanden habe.«
»Und was ist daran so außergewöhnlich?«, fragte Tannenberg mit zusammengekniffenen Brauen.
Der Student kratzte sich verlegen am Hals. »Sie haben recht. Das hat wirklich nichts Besonderes zu bedeuten. Denn es kommt schon ab und zu mal vor, dass uns irgendjemand außerhalb der Öffnungszeiten seinen alten Trockner oder eben auch andere Sachen vor die Tür stellt.«
3
Kurt hatte Blähungen.
Jeder, der schon einmal mit einem Hund in symbioseähnlichen Verhältnissen gelebt oder sich zumindest für einen gewissen Zeitraum in dessen unmittelbarer Nähe aufgehalten hat, weiß, dass diese sehr beliebten Haustiere nicht nur an Regentagen in der Lage sind, zuweilen einen recht unangenehmen Geruch zu verbreiten.
Besonders nach dem Verzehr von in Dosen abgepackter Tiernahrung zeigt sich ein interessantes olfaktorisches Phänomen, existiert doch ein eindeutiger geruchlicher Zusammenhang zwischen dem mit wenigen Bissen verschlungenen Doseninhalt und den einige Zeit nach den Verdauungsbemühungen des Hundekörpers in die Umwelt freigesetzten Duftstoffen.
Gelingt es dem Hundebesitzer im Freien noch recht leicht, sich dem direkten, ziemlich schnell im unmittelbaren Umfeld der festen Ausscheidungsprodukte sich bildenden Riechzellen-Bombardement zu entziehen, so sind er und seine bedauernswerten Leidensgenossen den gasförmigen Verdauungsprodukten in geschlossenen Räumen nahezu wehrlos ausgeliefert. Als besonders heimtückisch werden diese Attacken auch deshalb empfunden, weil sie stets ohne jegliche Vorwarnung erfolgen und zudem
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