Wolfsfalle: Tannenbergs fünfter Fall
wir bis jetzt weder wissen, warum die beiden Studenten ermordet wurden, noch wer hinter der ganzen Sache steckt, noch wer der Maulwurf in unseren eigenen Reihen ist. Denn eines ist sicher: dieser Weinhold ist wohl nur der ›Mann fürs Grobe‹.«
Tannenberg nickte. »Sicher. Und wenn wir den jetzt schon hochnehmen, sind die anderen gewarnt und können sich absetzen.«
»Genau das sollten wir unter allen Umständen vermeiden.«
»Ja, Albert. Und was schlägst du vor?«
»Ich denke, wir sollten diesen Weinhold sofort beschatten.«
»Ob das wirklich eine gute Idee ist«, warf Dr. Schönthaler eine Frage in den Raum, die er sich jedoch sogleich selbst beantwortete. »Ich habe da meine Zweifel. Wenn unsere Vermutung mit diesem Midas -Killer richtig ist ...«
»Was heißt denn hier Vermutung, Doc?«, beschwerte sich Geiger und hämmerte dabei auf den Computermonitor. »Sie sehen hier den Carlo mit Ihren eigenen Augen. Zum Donnerwetter, das ist doch keine optische Täuschung!«
»Komm, Geiger, jetzt reg dich mal wieder ab«, versuchte Tannenberg seinen aufgebrachten Kollegen zu besänftigen. Dann wandte er sich wieder an den Rechtsmediziner: »Auf was willst du hinaus, Rainer?«
»Ganz einfach: Das ist ein Profi – der merkt garantiert ziemlich schnell, dass er beschattet wird. Und vor allem: Wer sollte ihn denn observieren? Der kennt doch viele unserer Kollegen. Die haben schließlich damals ihr Geld bei ihm angelegt. Und Kollegen vom LKA oder was weiß denn ich, woher? Nein, das geht auch nicht. Denn so was müsstest du dann wohl an die große Glocke hängen.«
»Du hast mit deinen Einwänden sicherlich recht«, musste Tannenberg zugeben. »Eine derartige Maßnahme ist wirklich nicht sinnvoll. Die scheucht diese Verbrecher nur auf. – Also ich denke, wir helfen Karl jetzt zuerst einmal, den ganzen Kram hier ins Auto zu packen. Dann verzieht ihr euch ins K1 und helft ihm dabei, das Material zu sichten. Vielleicht findet ihr ja noch andere interessante Informationen. Möglicherweise hängt dieser Weinhold auch in dieser Sauerei hier mit den Kinderpornos drin.«
Mertel stülpte die Unterlippe vor, schüttelte den Kopf. »Von meinem Gefühl her glaube ich das eher weniger.«
»Ist jetzt auch egal. Wir werden sehen. Karl, ich muss dir noch etwas sehr Wichtiges sagen.«
»Na, dann mach mal!«, forderte Mertel, dem die Erleichterung über die unerwartete Wendung im Fall ›Tannenberg‹ ins Gesicht geschrieben stand.
»Rainer, Benny und ich haben die starke Vermutung, dass die Diensträume des K1 ...« Er bedachte den Leiter der Spurensicherung mit einem scharfen Blick. »Und vielleicht sogar die Kriminaltechnik mit Wanzen verseucht sind. Denn das würde erklären, wieso die immer über alles genau Bescheid gewusst haben.«
»Nicht über alles«, korrigierte Dr. Schönthaler grinsend. »Über das hier nicht.«
Mertel schmunzelte zufrieden. »Mach dir mal keine Sorgen, Wolf. Wenn wir im K1 sind, werden wir uns zu allererst mal eingehend mit diesem Thema beschäftigen. Und zwar wortlos. Das versprech ich dir.«
»Das ist wirklich ganz, ganz wichtig, Karl. Ihr dürft die Wanzen auch nicht anrühren oder gar abmontieren, die brauchen wir nämlich noch. Ist das klar?«
»Natürlich. Mensch, Wolf, du hast es doch hier nicht mit Anfängern zu tun.«
»Genau, Karl, sondern mit Profis – und zwar auch auf der anderen Seite.«
»Aber, mein lieber Wolf, gerade wir zwei sind doch auch Profis – Strategieprofis. Weißt du, was ich meine?«, fragte der Gerichtsmediziner nebulös.
Tannenberg verstand nicht, worauf sein alter Freund hinauswollte: »Ehrlich gesagt, nein.«
»Dann pass mal auf. Wir beide sind doch Spieler, Strategiespieler. Betrachten wir also die ganze Angelegenheit mal aus der Perspektive eines guten Schachspielers.«
Tannenberg nickte. Ein verschmitztes Lächeln zeigte sich in seinem Gesicht, die Augen leuchteten erwartungsvoll auf. »Mach mal. Ich bin ganz Ohr.«
»Wenn wir uns einmal die Gesamtsituation, in der wir uns alle, also auch unsere Gegner, befinden, nüchtern vor Augen führen, denn können wir objektiv feststellen, dass wir über einen unglaublichen strategischen Vorteil verfügen. Denn wir besitzen Informationen, von denen unser Gegner nicht weiß, dass wir sie besitzen. Das heißt: wir sind am Zug. Und was machen wir nun?«
Wolfram Tannenberg brauchte nicht lange zu überlegen. »Wir nutzen das Tempo zu unseren Gunsten aus und ...«
»Und erhöhen massiv den Druck, um ...«,
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