Wolfsfeder
großer Haushalt?«, bemerkte
Mendelski. »Da kann man eine billige Hilfe aus der Dritten Welt sicher gut
gebrauchen.«
»Du denkst an Schwarzarbeit?« Maike fuhr
mit beiden Händen durch ihr streichholzkurzes Haar. »Das glaube ich kaum.
Solche Kavaliersdelikte könnte sich Kreinbrink senior nicht leisten. Er ist
nämlich Steuerberater. Kennst du nicht Kreinbrink & Partner?«
»Die am Südwall?«
»Genau die. Nein, ich glaube, die
Kreinbrinks hatten ein gutes und freundschaftliches Verhältnis zu dem Mädchen.
Die beiden waren ziemlich geknickt. Besonders der Junior.«
»Wo sind sie jetzt?«
»Drüben bei von Bartling. Sie warten, wie
die übrigen Jäger auch, auf weitere Anweisungen.«
Mendelski wollte gerade zu dem Absperrband
hinübergehen, wo der Polizist mit dem Backenbart und den freundlichen Augen
Wachdienst tat, als Ellen Vogelsang, neben der Jo Kleinschmidt und Heiko Strunz
knienderweise den Waldboden inspizierten, plötzlich rief: »Robert, Maike, kommt
doch mal kurz!« Sie hielt einen großen Fichtenzweig vom Streckenplatz in den
Händen. »Wir haben hier was Interessantes gefunden.«
* * *
Aus der weit geöffneten
Fahrertür des Pick-ups ragte ein bestiefelter Männerfuß hervor. Karl-Heinz
Jagau saß lässig auf dem Fahrersitz und rauchte eine Zigarette. Gelangweilt
beobachtete er durch die Windschutzscheibe das Treiben auf dem Waldweg.
Die Jäger hatten sich ihrer Waffen,
Rucksäcke und Hunde entledigt und harrten nun der Dinge, die kommen würden. Sie
standen in kleinen Gruppen beisammen, an ihre Autos gelehnt und diskutierten
verhalten. Um ihrem Entsetzen Ausdruck zu verleihen, schüttelten einige immer
wieder die Köpfe, andere starrten betreten auf den Waldboden.
»Scheinheiliges Pack«, zischte Jagau und
schnippte seine Zigarettenkippe zur Tür hinaus. Dabei fiel sein Blick durch das
heruntergekurbelte Seitenfenster auf den Seitenspiegel, in dem sich sein
Gesicht spiegelte. Deutlich sah er die Schrammen. Als er sich nach vorn beugte,
um die lädierte Wange genauer zu betrachten, schimpfte er vor sich hin:
»Verdammter Filmriss! Wer das nur war? Das schaffen doch nur die Fingernägel
einer weiblichen Furie.«
Da fiel ihm das tote Mädchen vom
Streckenplatz ein. Sein Atem stockte, sein Mund wurde trocken. Wie aus dem
Nichts traten ihm Schweißperlen auf die Stirn. »Nein!«, entfuhr es ihm. Mit der
Rechten schlug er auf das Lenkrad.
Energisch wehrte er sich gegen den
Gedanken, dass es einen Zusammenhang zwischen den Kratzern und dem toten
Mädchen geben könnte. Er wusste nur zu gut von seiner Neigung, bei übermäßigem
Alkoholgenuss unberechenbar und aggressiv zu werden.
»Ich kenn die doch gar nicht«, murmelte
er, um sich selbst zu beruhigen. »Hab sie doch nur ein paarmal mit den andern
jungen Leuten auf der Straße gesehen.«
Auf der Straße? Heute Nacht …
Vor seinem inneren Auge tauchte
schemenhaft eine Bildsequenz auf; für den Bruchteil einer Sekunde schien sein
Erinnerungsvermögen zurückzukehren: dunkle Nacht, eine regennasse Straße in
Eschede, der Schein einer Straßenlaterne, der Zigarettenautomat. Er war nicht
allein unterwegs gewesen, da war noch jemand …
Ein lautes Hupen holte Karl-Heinz Jagau in
die Gegenwart zurück. Direkt neben ihm war ein Auto aufgetaucht. Ein hellblauer
Kleinwagen – er gehörte nicht zur Jagdgesellschaft, das registrierte Jagau
sofort – kam auf dem engen Waldweg nicht an der geöffneten Pick-up-Tür
vorbei.
Das Seitenfenster des Autos wurde
heruntergelassen.
»Hallo, Herr Jagau«, hörte er eine
weibliche Stimme rufen. »Lassen Sie mich doch bitte durch. Ich hab’s eilig.«
Die Stimme klang flehentlich.
Er beugte sich ein Stück herab, um ins
Innere des Wagens schauen zu können. Dort saß eine dunkelblonde Frau mittleren
Alters in einem dunklen Trenchcoat.
»Frau Hogreve«, rief er. »Sie hier?«
»Ich muss zum Streckenplatz«, erwiderte sie.
»Herr Kreinbrink hat angerufen, unsere Yadira soll hier …« Ihre Stimme
erstarb.
»Alles klar. Ich lass Sie durch.«
Karl-Heinz Jagau zog seinen Fuß ein und schloss die Wagentür.
Die Seitenscheibe blieb offen, als der
blaue Kleinwagen in Richtung Streckenplatz davonfuhr.
* * *
»Wer hat das entdeckt?«, wollte
Mendelski wissen, nachdem er neben Strunz und Kleinschmidt in die Hocke
gegangen war.
»Ich«, antwortete Ellen Vogelsang. »Als
ich diesen Tannenzweig hier hochhob. Er lag etwas außerhalb des sonst so akkurat
ausgerichteten grünen Karrees. Darunter kam dann
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