Wolfsfeder
steckten
die Köpfe zusammen.
»Zunächst zum Labor«, begann der
Kommissar. »Dort haben sie im Fichtengrün vom Streckenplatz jede Menge Spuren
entdeckt. Eine Unzahl von Fasern, die verschiedenen Kleidungsstücken,
Arbeitshandschuhen und wahrscheinlich auch einer Wolldecke zuzuordnen sind.
Dann Kopfhaare von mindestens zwei verschiedenen Personen – die Tote
ausgenommen. Das klingt sehr vielversprechend.«
Mendelski unterbrach seinen Bericht, da
die Bedienung an den Tisch getreten war.
»Alles in Ordnung?«, fragte die adrett
gekleidete junge Frau mit dem wippenden Pferdeschwanz unsicher. »Haben Sie
vielleicht noch einen Wunsch?«
Nachdem alle verneint hatten, zog sie
wieder von dannen.
»Die Auswertung der Gipsabdrücke von den
Reifenspuren und der Wolfsangel ist noch nicht abgeschlossen. Aber es hat sich
jemand mit der Analyse der Drohbriefe befasst. Die drei Schreiben scheinen von
ein und derselben Person erstellt worden zu sein. Die einzelnen Buchstaben
wurden sehr sorgfältig ausgeschnitten und aufgeklebt, es gibt keinerlei
orthographische Fehler, der Verfasser kennt sich mit der Escheder Geschichte
aus. Es dürfte sich darum um einen peniblen, ordnungsliebenden Erwachsenen aus
dem Raum Eschede handeln. Einen Dummejungenstreich schließen die Kollegen
jedenfalls aus.«
»Was die alles aus ein bisschen Papier
heraussaugen«, wunderte sich Maike. »Fehlen nur noch Geschlecht, Konfession und
Familienstand.«
»Und die Adresse natürlich«, witzelte
Kleinschmidt.
»Was ist mit dem Wasser?«, fragte Strunz.
»Ich meine das Wasser, das wir aus der Leiche geborgen haben.«
»Der Reihe nach.« Mendelski setzte seine
geheimnisvolle Miene auf. »Zunächst zur Gerichtsmedizin.«
Nach einem Kontrollblick durch die
Gaststätte fuhr er fort: »Frau Dr. Grote hat im Magen der Toten unverdaute
Überreste von Chili con Carne gefunden, was der Aussage von Yadiras Freunden
entspricht. Wichtiger aber ist: Sie hatte null Komma neun Promille Alkohol im
Blut. Das ist wahrscheinlich den hochprozentigen Cocktails zuzuschreiben, die
die Clique am Abend zuvor konsumiert hat.«
»Null Komma neun geht aber noch«, bemerkte
Kleinschmidt. »Wenn man bedenkt, was die Kids heute so schlucken.«
»Jedenfalls ist es ein Mosaiksteinchen
mehr«, meinte Mendelski. »Erst recht, wenn man bedenkt, dass sie ertrunken ist.
Nun zu den Hämatomen an Kopf, Armen und Schultern: Sie sind dem Mädchen kurz
vor dem Ertrinken zugefügt worden. Dr. Grote sagte sogar unmittelbar
davor. Sie haben eine nahezu identische Beschaffenheit, was Größe und Form
entspricht, sodass man davon ausgehen kann, dass sie von einem oder mehreren
gleichartigen Gegenständen mit einem Durchmesser von circa fünf Zentimetern
herrühren. Es dürfte sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen stumpfen,
jedoch nicht besonders glatten Gegenstand handeln, da leichte Hautverletzungen –
sprich: kleine Risse in der Epidermis – aufgetreten sind. Leider hat der
Leichnam zu lange im Wasser gelegen, sodass keine Materialspuren in den
betroffenen Hautpartien gefunden werden konnten.«
»Und die Intensität der Hämatome?«, wollte
Strunz wissen. »Haben die Stöße, Hiebe, Würfe oder was auch immer dazu geführt,
dass das Opfer zum Beispiel bewusstlos wurde?«
»Du meinst die Hämatome am Kopf?«
Mendelski zog die Augenbrauen hoch. »Ich ahne, worauf du hinauswillst: Erst
bewusstlos, dann ins Wasser … Aber dazu hat Dr. Grote wohl noch
nichts Abschließendes gesagt.«
»Gibt es weitere Anzeichen von Gewalt?
Kampfspuren? Was hat die Fingernägelanalyse ergeben?«
»Fehlanzeige. Die Fingernägel sind
unversehrt. Und alles, was sich unter ihren Nägeln einmal verborgen haben mag,
wurde durch den stundenlangen Aufenthalt im Wasser herausgewaschen.«
Mendelski schaute schweigend in die Runde.
»Aber ein Bonbon hast du doch noch für
uns«, erriet Maike, die ihren Vorgesetzten doch etwas besser kannte als Strunz
und Kleinschmidt.
»Stimmt.« Der Kommissar blieb ernst. »Frau
Dr. Grote hat bei der Autopsie des Mädchens ein Lungenödem festgestellt.
Lungenödeme werden bei Wasserleichen festgestellt, die aus Salzwasser geborgen
werden …«
»Salzwasser?«, unterbrach ihn
Kleinschmidt. »Also Meerwasser? Hier, mitten in der tiefsten Heide?«
»Langsam, ich war noch nicht fertig«,
knurrte Mendelski. »Ich wiederhole: Lungenödeme werden bei Wasserleichen
festgestellt, die aus Salz- oder Meerwasser geborgen werden, aber auch bei
denen, die in gechlortem Wasser
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