Wolfsfeuer (German Edition)
hatte.
»Einer Liebe wie der euren begegnet man nicht jeden Tag.«
»Es ist keine Liebe«, beharrte Alex, ohne genau sagen zu können, was Liebe war.
»Bist du ganz sicher? Findest du es nicht merkwürdig, dass du jedes Mal krank wirst, wenn er sich zu weit von dir entfernt? Vor allem nachdem wir niemals krank werden?«
»Das war ich sonst auch nie«, grummelte Alex. »Bis heute.«
»Nicht einmal, als er dich allein zurückließ, nachdem er dich erschaffen hatte?«
Wie es schien, kannte Ella nicht nur die Wahrheit über Alex, sie wusste auch alles andere.
»Er hat dich im Stich gelassen, als du praktisch ein Baby warst, dabei sollte er so etwas niemals tun.« Ellas Miene zufolge wünschte sie sich, Julian wäre in diesem Moment hier, damit sie ihm in den Hintern treten konnte. Alex wünschte sich, er wäre hier, damit sie dabei zusehen konnte.
»Ich war komplett auf meine Verwandlung konzentriert«, sagte Alex. »Es fühlte sich an, als würde meine Haut explodieren.«
»Komm.« Ella winkte sie zu sich. »Du musst dich hinlegen.«
Da Alex das tatsächlich musste, folgte sie der Französin ins Schlafzimmer, wo sie sich auszog und unter die Decke kroch.
»Du solltest jetzt schlafen.« Ella setzte sich auf die Bettkante und strich ihr mit einer kühlen, sanften Hand das Haar aus dem Gesicht, als Alex eine Erinnerung durchzuckte. Jemand, der an ihrem Bett saß und ihr Gesicht berührte – eine kühle Hand an ihrer fiebrigen Stirn.
Mama?
Die kindliche Stimme – ihre – ließ Alex blinzeln. Sie hatte wenige Erinnerungen an ihre Mutter. Sie war bei Janets Tod noch so jung gewesen; gleich danach hatte Charlie Alex ins Auto gepackt und sie weggebracht. Gelegentlich regte sich die Erinnerung – so wie jetzt – , doch geschah das immer seltener, je mehr Zeit verstrich. Alex fragte sich, ob ihre Erinnerung an Charlie ebenso verblassen würde. Gott, sie hoffte nicht. Wenn das passierte, wäre sie komplett allein.
»Fühlst du dich ein wenig besser?«, wollte Ella wissen.
Alex nickte. Vielleicht war Barlow zurück.
Die Hitzewelle, die sie bei dem Gedanken überlief, bewirkte neuen Schwindel. Sie schloss die Augen, als Ella aus dem Zimmer schlüpfte.
Sie hasste es, in dieser Verfassung zu sein. Sie war in ihrem Leben kaum jemals krank gewesen, und als Werwolf sollte sie eigentlich überhaupt nicht krank werden.
»Betrachte es als Sonderzulage«, murmelte sie.
Was sollte sie im Hinblick auf diese bizarre Entwicklung unternehmen? Wie wollte sie je aus Barlowsville verschwinden, wenn sie dadurch so krank wurde, dass sie sich kaum mehr rühren konnte?
Andererseits … Falls sie es bis zu Edward schaffte und das Heilmittel einnähme, würde dieser Fluch dann nicht von ihr abfallen?
Alternativ könnte sie ihren Mann stehen, an ihrem ursprünglichen Plan festhalten und Barlow töten, wenngleich diese Aussicht zunehmend an Reiz verlor.
Wie schoss man jemandem, mit dem man geschlafen hatte, eine Kugel in den Kopf? Das konnte nicht einfach sein.
Verdammt, es sollte auch nicht einfach sein.
24
Ungeachtet des Tumults in ihrem Kopf und ihrem Magen sank Alex in einen tiefen, traumlosen Schlaf. Das letzte Mal, als sie so fest geschlafen hatte, hatte sie in Julians Armen gelegen.
Irgendwann durchdrang der quälende Gedanke ihr Bewusstsein, dass da etwas war, das sie dringend tun musste, ein Ort, den sie aufsuchen, eine Person, die sie treffen musste, und Alex kämpfte sich zurück an die Oberfläche. Sie hatte nie zuvor eine derart bleierne Müdigkeit verspürt.
Samtschwarze Dunkelheit hüllte sie ein. Sie hatte keine Ahnung, wie spät oder auch nur welcher Tag es war. Sie fühlte sich benebelt, hatte einen fiesen Geschmack im Mund, und ihr Magen fühlte sich schrecklich leer an. Sie hob den Kopf, und alles drehte sich.
»Schlechte Idee«, sagte sie und streckte die Hand nach der Nachttischlampe aus.
Licht durchflutete das Zimmer und zeigte ihr einen schmalen grauen Streifen zwischen den Vorhängen, der ihr hier, im Land der ewigen Dämmerung, auch nicht verraten konnte, wie lange sie geschlafen hatte.
Der Duft von Salz und Mehl stieg ihr in die Nase, und ihr Magen begann zu knurren. Als sie den Kopf zur Seite drehte, entdeckte sie, dass jemand – Ella – ihr ein Päckchen Salzcracker und eine Notiz hinterlassen hatte.
Iss sie, BEVOR du aufstehst .
In Anbetracht des Zustands ihres Magens gab es dagegen nichts einzuwenden. Alex verdrückte das gesamte Päckchen, ohne einen einzelnen Krümel fallen zu lassen.
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