Wolfsfieber - Band 2
„Du kannst es nicht, nicht allein … Ihr beide werdet es tun müssen. Das Ritual kann nur dann seinen Zweck erfüllen, wenn ihr beide die Traumreise macht.“
„Ritual“, sagte ich, als gehöre dieses Wort weder in meine noch in Istvans Welt. Es kam mir einfach alles so verdammt abgehoben vor.
Istvan machte ein anderer Teil von Valentins Ansage mehr zu schaffen.
„Was?“, schrie er förmlich. „Joe? Ich dachte … es ist mein Prob-lem. Wieso muss Joe etwas tun?“, stotterte er angegriffen.
„Weil es ohne sie nicht funktionieren würde. Ich weiß, das alles ist schwer zu begreifen, aber ich plane das Ganze nun schon seit Wochen. Auf das Ritual habe ich mich sorgsam vorbereitet. Deshalb musstet ihr solange warten. Ich musste noch einen alten Freundum Hilfe bitten.“ Jetzt waren wir vollends verwirrt. Keiner von uns hatte erwartet, dass Valentin da Fremde miteinbeziehen würde. Ich konnte schon gar nicht glauben, dass er mit unserem Problem hausieren gegangen war.
Istvan war wieder zu seiner ablehnenden Haltung zurückgekehrt und lockerte merklich seine Umarmung.
„Wenn du Ritual sagst, was genau haben wir uns darunter vorzustellen? Du weißt doch, dass ich von diesem Zeug nicht viel halte“, erinnerte er Valentin eindringlich.
„Ich habe es nicht vergessen, Istvan. Das Ritual basiert auf indianischen Wurzeln und wurde durch den Stamm der Wolfs-indianer angepasst. Du erinnerst dich doch noch an Little Wolf?“, fragte er schnell. Istvan nickte mit besorgter Miene.
„Er hat mir geholfen, einen seiner Verwandten zu finden, der sich als unfassbar nützlich entpuppt hat. Wir haben sozusagen zusammen dieses Ritual speziell für dich entwickelt. Für euch. Er hat ihm den Namen Das Schlafende wecken gegeben.“
Als Valentin endlich aufgehört hatte zu sprechen, konnte ich nicht genau sagen, was für einen Gesichtsausdruck ich machte. Aber als ich Istvans Reaktion darauf sah, hatte ich eine ungefähre Vorstellung. Denn er begann sofort, besänftigend meinen Arm zu streichen. Dabei sollte es doch genau umgekehrt sein. Schließlich war er die Person, die sich einem dubiosen Ritual unterziehen sollte.
„Geht es nicht doch ohne Joes Mitwirken?“, fragte er kleinlaut.
„Ich fürchte nein“, war alles, was Valentin knapp antwortete.
Nachdem ich den ersten Schock verdaut und Istvans und Valentins Stimmen nicht mehr verschwommen in meinen Ohren hallten, erwachte meine Stimme, merkwürdig stark, zum Leben.
„Ist schon in Ordnung“, hörte ich mich selbst sagen. „Es ist an der Zeit, dass ich mal zu etwas nütze bin, schätze ich“, murmelte ich.
„Ich bitte dich!“, war alles, was Istvan mit einem Kopfschütteln zustande brachte, bevor seine grünen Augen mich besorgt musterten. Ich sah es. Ich sah, dass er drauf und dran war, es sich anders zu überlegen, weil ich nun involviert war. Weil ich gefährdet war. Es war so klar, ich musste nun schnell handeln, bevor er sich in seinen Widerstand einwickeln konnte.
„Valentin. Lässt du uns mal kurz eine Minute alleine. Bitte“, verlangte ich, so höflich ich konnte. Valentin wandte sich sofort um und ging nach hinten. Istvan sah ihm angegriffen nach, bevor ich sein Gesicht zu mir drehte. Meine Hände waren kalt vor Aufregung und Angst vor dem Unbekannten. Er bemerkte es und umschloss sie mit seinen Händen. Die Wärme und das Blut flossen umgehend zurück.
„Das ist ein ganz schönes Stück, was wir dir zumuten. Nicht wahr?“, fragte ich ihn nur, damit er sich nicht mehr so in die Ecke gedrängt vorkam. Mir wäre es auch so gegangen.
„Ja. Ich kann dir nur recht geben. Aber wenigstens weiß ich jetzt, was dich die letzten Tage so belastet hat. Ich dachte schon …“, begann er und ließ seinen Gedanken unvollendet. Dankbar nahm ich es hin und sagte: „Ich wollte dich vorhin nicht so anschreien. Das tut mir leid. Es ist nur … ich mag keine Geheimnisse – Was für eine Ironie, huh? Und ich hasse es, wenn du welche vor mir hast.“
„Ich weiß“, grummelte er und sah unendlich müde dabei aus. Wir standen ungewöhnlich weit voneinander entfernt. Das gefiel mir nicht.
Irgendwie musste ich diese Situation entschärfen. Also meinte ich: „Können wir vernünftig miteinander reden?“ Er nickte etwas zu vorschnell. „Aber jetzt mal ganz ehrlich: Weißt du irgendetwas über Valentins Ritual, was du mir nicht sagst?“, fragte er tonlos und sah dabei zu Boden. Das war es also! Er misstraute mir. So wie wir hier aufgetaucht waren, war es sein
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