Wolfsfieber - Band 2
einen vorwurfsvollen Blick zu, der mich an die letzte Nacht erinnerte.
Umgehend kochte der unterdrückte Zorn in mir hoch und ich fuhr ihn mit aufgerissenen Augen an. „Das alles wäre gar nicht nötig … jedenfalls nicht so, wenn du nicht ständig etwas vor mir verbergen würdest, Mr. Ich-erwog-mich-zum-Krieger-ausbliden-zu-lassen!“, knallte ich ihm vor dem Latz. Er riss ertappt die Augen auf und zog sich von mir zurück. Ich konnte die Hitze meines rot gewordenen Gesichtes brennen fühlen. Ich hasste diesen Zorn, aber er war da.
„Ja, ich meine dich, Liebling“, setzte ich noch einen drauf, bevor Valentin mir besänftigend den Arm auf die Schulter legte und beschwichtigend den Kopf schüttelte, als wollte er sagen: „ Genug “.
„Seit wann weißt du das schon?“, verlangte Istvan von mir zu wissen.
„Jetzt dreh den Spieß nicht um!“, warnte ich ihn, vor allem deswegen, weil seine Reue darüber so schnell verflogen schien.
„Aber wenn du es unbedingt wissen musst, seit dem letzten Angriff durch ‚Die Drei‘“, antworte ich ruhiger. Mein Blut kochte etwas weniger, jetzt wo ich es endlich losgeworden war, das verdammte Geheimnis.
„Wieso hast du denn nichts gesagt?“, stöhnte er verständnislos. Verwirrt.
„Ich denke, das sollte ich erklären“, mischte sich Valentin vorsichtig ein. „Um ehrlich zu sein, ich habe Joe darum gebeten, dir nichts zu sagen. Sie wollte es natürlich gleich, aber ihr letzter Traum hat etwas aufgeworfen, dass dieses etwas umständliche Vorgehen notwendig machte“, deutete er Istvan gegenüber an, der noch mehr verwirrt schien, als er es ohnehin schon war. Das Einzige, was er zustande brachte, war ein betroffenes „Was?“
„Joe hat dich als Krieger geträumt, Istvan. Verstehst du nicht? Joe sieht deine Zukunft als Krieger und für mich bedeutet das … für mich ist es nur dann vorstellbar, wenn …“, begann Valentin und wurde von Istvan rüde unterbrochen.
„… wenn ich in der Lage bin dieses Ding in mir zu überwinden und meinen Wolf vollständig anzunehmen“, -vollendete er geistesabwesend. Er sah für den Bruchteil einer Sekunde fast blutleer aus. Istvan war sich dessen also bewusst. Tief in seinem Innern musste er es ebenso geahnt haben wie ich, wie Valentin.
„Nur so werden wir in der Lage sein, wieder zusammen zu sein, Istvan. Sag mir jetzt nicht, dass es das nicht wert ist“, flehte ich unsicher. Ich hatte den Furienton abgelegt und war sofort zum sanften Ton einer verliebten Frau übergegangen. Er sah mich lange, nachdenklich an, sodass ich schon Angst hatte, er könnte darüber anders empfinden als ich. Doch das blitzende Grün in seinen Augen ließ mich hoffen.
„Natürlich will ich das, Joe!“, versicherte er mir und nahm meine Hand, die kraftlos an meiner Seite hing, aber dadurch wieder zum Leben erwachte.
„Dann willigst du ein?“ Ich hielt den Atem an.
„Sag ja“, forderte ich sehnsüchtig.
Er schien mir jetzt genauso ungeduldig wie ich, das wollte ich ausnutzen.
„Aber wie, Valentin? Wie ist das möglich? … Worin soll ich einwilligen?“, fragte er aufgebracht nach und nahm mich in den Arm. Demnach war ich jetzt seine Stütze, das gab mir ein gutes Gefühl.
„Ich werde dir alles noch erklären, euch beiden. Jetzt ist nur wichtig, dass du bereit bist. Wirklich bereit. Und einwilligst, alles zu tun, um endlich mit dir selbst ins Reine zu kommen“, murmelte Valentin.
„Ja, ich werde alles tun, was du für nötig hältst. Alles. Versprochen. Ich will nur, dass es endlich weg ist. Damit wir“, jetzt presste er mich fest an sich, „wieder zueinander gehören können !“
„Gut!“, kommentierte Valentin fast trocken.
„Aber was tun wir jetzt genau?“, fragte ich in Istvans Armen.
Valentin durchbohrte uns beide mit seinem dunklen Blick und ließ die Augen erst zu mir und dann zu Istvan wandern, bevor er unheilvoll sagte:
„Wir erwecken das Schlafende!“
15. Das Ritual
„Was soll das bedeuten: ‚Wir erwecken das Schlafende‘?“
„Das heißt … ihr unternehmt eine Reise . Eine gefährliche Reise …, genauer gesagt, eine Traumreise“, versuchte Valentin zu erklären, während Istvan und ich uns nur verdattert ansahen. Aber er fuhr unbeeindruckt fort. „Nur so kannst du das, was tief in dir schläft, wecken, um dich dir selbst zu stellen.“ Wir verstanden immer noch nicht.
„Ja. Aber wie? Wie soll ich das anstellen?“, flehte Istvan ihn an.
„Du?“, begann Valentin fast belustigt.
Weitere Kostenlose Bücher