Wolfsfieber - Band 2
Weg zeigen soll. Es ist eine Mischung aus Traum und Vision … Ähnlich deinen Traumvisionen, Joe. Indem ich euch helfe in den Traumzustand zu gelangen, werde ich versuchen, eure Reise durch Gesänge zu lenken. Was jedoch tatsächlich auf euch wartet, wo ihr sein oder was genau ihr sehen werdet, weiß ich nicht. Niemand weiß es. Du wirst sehen, was du sehen musst, Istvan. Die Umgebung wird euch seltsam vertraut vorkommen. Mein Freund hat mich gewarnt. Ihr dürft euch nicht zu tief in den Traum fallen lassen. Das könnte gefährlich werden. Man kann verloren gehen oder für eine Weile könnte sogar der Geist vom Körper getrennt werden. Deswegen ist es so wichtig, dass Joe die Reise an deiner Seite macht“, warnte er eindringlich. Seine dunklen Augen durchbohrten mich.
„Wieso?“, fragte Istvan leise.
„Normalerweise würde dich ein Schamane auf die Reise schicken und dir als Begleiter dienen. Sie sind hochsensible und seherisch begabte Menschen, genau wie Joe“, führte er weiter aus, ohne Zweifel.
Ich fühlte einen merkwürdigen Schauer in mich fahren, war mir aber nicht sicher, ob es deshalb war, weil ich ihm nicht glaubte oder weil ich es doch tat.
„Aber selbst wenn ich … Valentin, ich versteh doch gar nicht, was ich da tue. Wie soll ich Istvan begleiten oder ihm dabei helfen?“
„Zum einen hilfst du ihm schon dadurch, dass du sein Anker sein wirst. Solange du an seiner Seite bleibst, kann er nicht verloren gehen. Istvan könnte die Reise von sich aus nicht machen, aber durch dich gelingt es ihm. Du wirst ihn sozusagen in deinen Traum mitziehen. Nur dass es nicht dein, sondern sein Traumgeschehen sein wird. Es könnte auch gut sein, dass dir dein Totem, vermutlich ein Wolf, erscheint. Das gilt es zu finden. Und wenn du einen deiner Ahnen triffst, dann hör dir gut an, welchen Rat er für dich hat. Der Traum wird eine Art Eigenleben haben. Deshalb könnt ihr erst zurückkommen, also aufwachen, wenn ihr alles gesehen habt, was der Traum euch wissen lassen will. Ob du seine Botschaft annimmst oder nicht, liegt allerdings ganz bei dir“, bläute Valentin Istvan ein.
„Ich verstehe. Wenn es schief geht, dann nur durch mich“, fasste er trocken zusammen.
„Ich fürchte, so ist es, mein Freund!“, redete ihm Valentin gut zu.
„Worauf soll ich nun achten? Ich meine, was genau soll ich tun?“, fragte ich, unsicher über meine Rolle dabei.
„Du, Joe, musst immer an seiner Seite blieben. Du musst dafür sorgen, wie schlimm es auch ist, dass er nicht davonläuft. Wenn die geistige Verbindung zwischen euch abbricht, könnte der Traum vorzeitig enden und alles wäre verloren. Du hast eine entscheidende Aufgabe. Aber wie ich euch zwei kenne, dürfte es euch nicht schwerfallen, nicht von der Seite des anderen zu weichen“, wandte er breit grinsend ein. Istvan und ich mussten sofort rot werden und sahen einander ertappt an.
„Es würde zu lange dauern, euch die Einzelheiten des ganzen Rituals zu erzählen. In dem Punkt müsst ihr darauf -vertrauen, dass ich meinen Teil erfülle“, sagte Valentin. Dann stand er auf und kam zu uns. Er benutzte die Sandschalen und holte den Sand heraus, der in unterschiedlichen Farben schimmerte. Langsam und bedächtig begann er, einen Sandkreis um Istvan und mich zu ziehen. Um uns in dem Kreis zu binden , wie er sagte. Wir ließen alles über uns ergehen, ohne wirklich zu verstehen, was er warum tat. Als er sich wieder setzte, kramte er weiter in seinen Utensilien. Dann füllte er eine der Tonschalen mit einer wässrigen Flüssigkeit aus einem Krug, die er mir reichte. Widerwillig zögerte ich.
„Du sollst es trinken, Joe“, ermunterte er mich lächelnd.
„Ich bin eigentlich mehr der Keine-Macht-den-Drogen -Typ!“, konterte ich mit gezwungenem Lächeln.
Er schmunzelte halb belustigt und halb genervt. Natürlich wollte er sofort meine Bedenken zerstreuen und versicherte mir: „Es ist nur eine leichte Art von Schlafmittel mit Wasser. Es hilft, dass ihr leichter in den Traumzustand versetzt werdet, und dass ihr aus derselben Schale trinkt, schafft ein zusätz-liches Band.“ Ich überlegte kurz.
„Ach, zur Hölle damit“, sagte ich scharf und nahm einen großen Schluck von dem scheußlich schmeckenden Wasser. Ich sah, dass Istvan es mir am liebsten von den Lippen gerissen hätte. Aber er konnte sich zusammenreißen und trank selbst einen zögerlichen Schluck, der ihn die Mundwinkel verziehen ließ. Umgehend und noch bevor das Wasser am Grund meines Magens
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