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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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Sofort als er sie, mich, berührte, sah ich die Veränderung in seinem Gesicht. Er sah, was ich damals sah und dachte. Dass ich unsere schönsten Momente noch einmal sah. Dass ich meinte zu sterben, als ich dachte, ich hätte seinen toten Wolfskörper im Schnee gefunden. Dass ich sogar im Angesicht des Todes, des Todes durch seine Hand, nicht aufhörte, ihn zu lieben, ihm nicht die Schuld an allem gab und dass ich nicht bereit war, ihn aufzugeben. Dass dieser Gedanke mich wieder zum Leben erweckte. Aber mehr noch. Er sah auch die schlimmen Eindrücke dieses Tages. Istvan musste sehen, wie verzweifelt mein Todeskampf war. Wie furchterregend und eiskalt er aussah, als er von seiner dunklen Seite verwirrt, dabei war mich zu töten. Er fühlte die Aufrichtigkeit meiner Worte, als ich ihn bat, als mein Orion, zurückzukommen. Die unglaubliche Freude, als er es schaffte, den Dämon in sich zu überwinden und somit uns beide zu retten.
    Als Istvan aus dieser Vision auftauchte, war er ein anderer Mann. Noch nicht ganz der Mann, der vollkommen mit seinem Wolf im Einklang war, aber ein Mann, der endlich verstanden hatte, dass ich, auch wenn ich es ihm schon zigmal gesagt hatte, ihn tatsächlich genauso heftig und bedingungslos liebte wie er mich. Ich hätte nie gedacht, dass es hier, in dieser merkwürdigen Traumrealität möglich wäre, jemanden zu küssen, aber das war es. Es war eigentlich kein realer Kuss. Vielmehr fühlte es sich an, als würden zwei Seelen ineinanderfließen und sich gegenseitig erwärmen, als würde eine Flamme in eine andere greifen. Am schwersten war es, aufzuhören, weil man fast vergaß, dass man einen eigenen Körper und Geist hatte, in den es einen zurückzog. Ein kleiner Teil von uns blieb weiterhin verbunden, wie es schon immer gewesen war. Nur waren wir uns dessen jetzt viel sicherer. Aber Istvan wusste zwar, dass ich ihn liebte und er nicht an allem Schuld hatte, was in seinem Leben geschehen war. Doch was seinen Wolf betraf, war die Traumreise noch nicht zu Ende. Der Traum selbst zeigte mir jetzt den Weg, so wie es meine eigenen Träume manchmal taten.
    So führte ich Istvan in die Traumversion des Wolfstanz-lagers. Istvans Wolf wartete bereits auf ihn, auf uns. Der sandfarbene Wolf richtete sich auf und Istvan sah sich nun selbst zum ersten Mal selbst in seiner Wolfsform. Sein Blick war unmöglich in Worte zu fassen. Erstaunen, Unglauben, Unbehagen, Überwältigung waren nur ein kleiner Teil der Eindrücke, die ich zu erkennen glaubte. Doch dann erkannten wir, dass der Wolf nicht alleine war. Und jetzt war ich diejenige, die erstaunt und überwältigt war. Denn an der Seite des Wolfs Istvan stand ich selbst als kleines Mädchen. Ich hatte nicht die geringste Berührungsangst vor dem Raubtier. Mehr noch. Mit liebevoller Dringlichkeit steckte sie, ich, mein Köpfchen in das Fell des Wolfes, der daraufhin wohlig winselte. Istvan und ich starrten uns beide aufgebracht an. Was sollte diese Vision uns sagen? Wieso musste ich ein kleines Mädchen sein? Ausgerechnet Istvan beantworte meine Frage. „Du warst etwa in diesem Alter, als ich dich aus dem Wasser gezogen habe.“ Da verstand es auch ich. „Wenn du nicht schon damals ein Wolf gewesen wärst, dann wäre ich an diesem Tag gestorben. Grund genug für sie, dir zu vertrauen. Grund genug für uns, dich zu lieben!“ Er sah mich liebevoll an, sodass ich glaubte, selbst im Traum zu schweben. Ich wollte ihn wieder küssen, doch das kleine rotblonde Mädchen, das ich war, kam auf mich zu und nahm meine Hand. Das war … total … Wow. Sich selbst bei der Hand zu führen und geführt zu werden, war einfach überwältigend. Ich blickte hilflos, fassungslos zu Istvan, der nicht minder wehrlos dastand. Das Mädchen verschwand, sobald ich das Fell des Wolfs berührte. Und ganz von selbst waren die Worte in mir: „Weißt du Istvan, es hat mir nie etwas ausgemacht, dass wir verschieden sind. Es hat nie eine Rolle gespielt, dass du anders bist. Nicht für mich. Ich liebe dich, egal, in welcher Form du bist. Selbst in deinem Wolf kann ich dich sehen. Es sind die Augen. Ich sehe immer dich darin. Immer. Und was ich sehe, ist ein unglaublich gutes Herz. Dein Wolf ändert nichts da-ran. Ich kann euch beide lieben. Und du?“, fragte ich herausfordernd. Er seufzte nachdenklich. Sein Wolf fixierte ihn mit den Augen. „Ja, ich kann es. Für uns. Für uns kann ich es zulassen“, -sagte er und machte einen Schritt zurück. Mit einer entschlossenen Geste winkte

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