Wolfsfieber - Band 2
links und rechts von dem Gebäude, das lichterloh brannte. Die Feuerwehrmänner liefen leicht panisch, aber nicht unorganisiert umher und taten alles, um den Brand einzudämmen. Die Sache sah zwar schlimm aus, aber als ich erkannte, dass es eines der uralten Bauernhäuser erwischt hatte, die schon seit ewigen Zeiten nicht mehr bewohnt waren, war ich erleichtert. Schließlich gab es keine betroffenen Menschen und das alte Gebäude gehörte auch niemandem. Es war nur wichtig, das Feuer zu löschen, damit es nicht auf die angrenzenden Häuser übergreifen konnte. Ich konzentrierte mich darauf einigermaßen gute Fotos hinzubekommen, da ich, solange hier noch Chaos herrschte, mit niemandem darüber sprechen konnte, was passiert war. Als ich ein paar Mal mit der Kamera zu nah an die Sache herankam, brannte mir das Gesicht, als wäre der Sommernachmittag nicht schon heiß genug. Ich versuchte neben der Feuersbrunst einige Schaulustige auf die Bilder zu bekommen, damit es etwas lebendiger wirkte. Zu sehr in meine Arbeit vertieft, hatte ich gar nicht gemerkt, dass Istvan neben mir stand. Kurz zuckte mein Blick vom Sucher zu ihm. Er stand wie angewurzelt da, kerzengerade und starrte ungläubig und mit völlig ausdrucksloser Miene auf das brennende Bauernhaus. Er blinzelte nicht einmal. Wieso war er so weggetreten?
Ich nahm die Kamera von meinem Gesicht und starrte ihn lange an. Er schien mich gar nicht zu bemerken, hatte nur Augen für das Feuer vor ihm, das sich in seinen aufgerissenen Augen spiegelte. So gerne ich ihn auch ansprechen wollte, ich wagte es nicht. Nicht, wenn er so aussah, als wäre er völlig gelähmt. Was war bloß los mit ihm? Zu viele Leute standen um uns herum. Jeder war neugierig und wollte wissen, was los war. Hier konnte ich nicht einfach an seinem Ärmel ziehen und vertraut rufen: „Komm zu dir!“ Aber ich war dennoch kurz davor. Dann endlich! Er blinzelte, schweifte mit seinen Augen wildsuchend über die Menge und fand schließlich mein Gesicht. Er sah aus, als hätte ihn jemand in den Magen geschlagen.
„Das ist mein Elternhaus, das da brennt“, sagte er emotionslos. „Da drinnen wurde ich geboren“, fügte er ebenso teilnahmslos hinzu. Nur seine Augen waren kurz davor zu zerspringen. Was bedeutete das? Wieso war sein Geburtshaus in Flammen aufgegangen? Ich sah auf der Suche nach Antworten zurück in die Flammen, die gierig an der halb verfallenen -Steinmauer entlang züngelten, als würden sie uns ihre Macht demonstrieren wollen. Obwohl um uns herum der Teufel los war, hatte ich ein merkwürdiges Gefühl, als ob zwischen uns Totenstille herrschen würde, ehe er erneut sprach. Doch dieses Mal waren seine Worte weder beherrscht, noch emotionslos.
„Er“, knurrte Istvan zornig. „ Er “, wiederholte er erbost.
„Du denkst, dass er dein altes Zuhause abgefackelt hat. Wozu?“
„Das ist eine verdammte Kriegserklärung. Und eine ziemlich persönliche noch dazu … gut, kann er haben“, zischte er und war dabei, voller Zorn zu verschwinden. Doch jetzt zögerte ich nicht mehr und zerrte an seinem T-Shirt.
„Warte!“, schrie ich und blickte mich besorgt um. Alle hatten aber nur Augen für die Brandkatastrophe. „Was hast du vor?“, fragte ich panisch. Er hörte mich gar nicht an, befreite sein Shirt aus meinen Fingern und gab mir keine Antwort. „Istvan, bitte! Mach nichts Dummes!“, flüsterte ich zu ihm hoch. Er presste die Zähne aufeinander.
„Tu einfach deine Arbeit, Joe. Schreib deine kleine Story über den verfluchten Brand. Du tust, was du tun musst, und ich auch.“
„Nein, verdammt! Was hast du vor?“, schrie ich beinahe vor allen.
„Was denkst du denn?“, fragte er anmaßend.
„Ich denke, dass du vor lauter Wut rot siehst und dabei bist, einen schrecklichen Fehler zu machen, aber das werde ich nicht zulassen … und wenn ich hier vor allen Leuten mit dir einen Streit anfangen muss, damit du Farkas nicht ins offene Messer läufst, dann werd ich es tun. Ich warne dich!“, drohte ich ihm mit zitterndem Zeigefinger.
Er maß mich mit den Augen, ehe er unzufrieden zischte:
„Fein. Dann warte ich bei mir, bist du fertig bist.“
„Und du gehst auch nicht in den Wald?“, fragte ich mit flatterndem Magen. „Ich werde zu Hause bleiben, bist du kommst. Mehr kann ich nicht versprechen, Joe“, murmelte er, bevor er mit hängendem Kopf davonging, die Hände tief in die Jeanstaschen vergraben. Ihn auf diese Weise von mir weggehen zu sehen, war auf eine unheilvolle
Weitere Kostenlose Bücher