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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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ranhalten, wenn ich eine Antwort auf meine Fragen haben wollte. Ohne weiter zu zaudern, ging ich in Martins karges Büro und schnappte mir den alten Schlüssel, der auch brav das Zedernschränkchen öffnete, in dem die Taufbücher nach Jahreszahlen sortiert lagen. Ich fuhr mit dem Finger über die Buchrücken, bis sie bei den -20er-Jahren zu stehen kamen. Dann schnappte ich mir das schwere, alte Buch und huschte mit meinen Augen so schnell wie möglich über die handschriftlichen Einträge. Es sollte nicht schwer sein, Istvan zu finden, denn der Name war nicht besonders verbreitet, wenn ich mir die anderen männlichen Vornamen ansah, die vor meinen Augen auf und ab tanzten. Die gezackte alte Schrift war ein kleines Hindernis, aber man gewöhnte sich daran. Endlich!
    „Istvan!“ Es war ganz deutlich zu erkennen. Tag der Taufe. Taufspruch. Da war es …
    Ich war noch nicht einmal wirklich überrascht. Irgendwie wusste ich immer schon, dass mein Sandwolf eine Löwenmähne verbarg. Istvan wurde am 5. August geboren und somit war sein Sternzeichen „Löwe“. Ich hatte beinahe aufgeschrien vor Glück. Ich hätte das hier schon viel früher tun müssen. Das Timing war ideal, unglaublich geradezu, denn gestern war der 5. August gewesen. Also würde ich ihm verspätet zu seinem Geburtstag gratulieren, den er damit verbracht hatte, seine fiebrige Freundin zu umsorgen. Ich dachte darüber nach, was ich ihm schenken könnte, aber mir wollte selbst hier, in dieser wundervoll kühlen Kirche, zuerst nichts einfallen. Denn es war mehr als unwahrscheinlich, dass ich ihm vor Ende der Hitzewelle noch einmal so nahe kommen könnte. Also dachte ich darüber nach, worüber er sich freuen würde. Dabei fiel mir wieder ein, wie überwältigt er damals gewesen war, als ich ihm den Orion-Anhänger geschenkt hatte. Ich hatte ihm immer schon etwas eingravieren lassen wollen, was uns aber nicht verriet, und jetzt kam mir die passende Idee. Also fuhr ich schnurstracks in die Bibliothek, wo er mir die Tür aufhielt, da er das Geräusch meines Wagens erkannt hatte.
    „Du siehst heute schon viel besser aus“, ließ er mich erleichtert wissen. Wir standen zwischen Tür und Angel.
    „Als wäre nichts gewesen“, bekräftigte ich und tippte auf meine Brust.
    „Sag, wenn ich dich um einen ungewöhnlichen Gefallen bitten würde, würdest du es tun, ohne Fragen zu stellen?“, verlangte ich kryptisch von ihm.
    „Wenn es dir wirklich wichtig wäre, dann ja“, sagte er viel umgänglicher, als ich erwartet hatte, und strahlte mich mit seinen Smaragdaugen an.
    „Gut, denn ich möchte dich bitten, mir den Anhänger für ein paar Stunden zu leihen“, murmelte ich und sah auf die leichte Erhebung seines T-Shirts. Das gefiel ihm nicht wirklich. Er legte ihn nie ab. Nie!
    „Es würde mir viel bedeuten, wenn du …“ Ich kam nicht dazu, den Satz zu beenden. Sofort als die Worte „mir viel bedeuten“ ausgesprochen waren, nahm er ihn ab. „Pass aber gut da-rauf auf“, forderte er von mir, als er die Kette über meinen Kopf streifte. Ich wollte gerade meine Haare über die Kette heben, als mir einfiel, dass er das vielleicht auch tun wollte. „Würdest du …“, sagte ich und er wusste sofort, was ich meinte. Seine warmen, weichen Finger kamen um meinen Hals und legten sich in einen Bogen um meine Schulter, ehe sie mit einer einzigen Geste mein Haar über den Kettenrand strichen. Als ich mich umdrehte, um zu gehen, hauchte er mir zum Abschied einen Kuss auf den Scheitel.
    Mit klopfenden Herzen rannte ich zum Wagen.
    Ein paar Stunden später wartete ich nervös und aufgeregt darauf, dass Istvan wieder nach Hause kommen würde. In dem Moment, als ich ihn auf der Veranda hörte, schreckte ich hoch und riss die Tür auf, um ihm in die Arme zu fallen. Er fing mich auf und lachte fast erschrocken, aber nur fast, weil er mich gehört haben musste. Es war so schwer, ihn zu überraschen. Aber heute würde es mir gelingen. Bestimmt.
    „Deine Begrüßungen verbessern sich von Mal zu Mal. Das muss man dir lassen, du hältst dein Wort“, neckte er mich. Ich reagierte nicht auf seinen Seitenhieb, sondern zog ihn an der Hand in die Küche, wo schon ein italienisches Menü auf uns wartete. Es leben die italienischen Restaurants!
    „Hab ich irgendetwas nicht mitgekriegt? Befindest du dich immer noch in einer Art Fieberwahn?“, fragte er mit hochgezogenen Augenbrauen.
    „Na ja. Eigentlich bin ich ja einen Tag zu spät, aber gestern sind die Dinge aus dem Ruder

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