Wolfsfieber - Band 2
kaum noch verbergen.
„Ich habe gelogen und sie hat sich damit zufriedengegeben. Ich habe etwas von einer Art Zeugenschutzprogramm gefaselt. Von dringender, zwingender Geheimhaltung und Gefahr für uns beide, falls jemand über uns Bescheid wüsste. Sie hat mir hoch und heilig versprochen, dass sie zu niemandem ein Wort sagt, auch zu Christian nicht.“
„Und das hat sie dir geglaubt?“, fragte er nach, wenig überzeugt.
„Sie weiß, dass es mir damit ernst ist. Und sie würde nie etwas tun, was mich in Gefahr bringt. Da bin ich mir sicher!“, setzte ich noch hinzu.
„Ich glaube dir. Ich komme damit schon klar“, meinte er neutral. „Aber ob Valentin das so sieht, wage ich zu bezweifeln!“
„Valentin?“, stieß ich hervor, meine Stimme überschlug sich fast.
„Ist er etwa hier?“ Ich war völlig vor den Kopf gestoßen.
„Ja. Woltan, Marius und er sind eine Woche nach Serafina gekommen. Sie haben sich ein Haus gemietet und wollen so lange bleiben, bis die Situation geklärt ist.“
„Wahnsinn! Das sind ja unglaubliche Neuigkeiten. Da bin ich nicht mal ganze zwei Wochen weg und komme in eine völlig neue Welt zurück. Eine Welt, in der vier weitere Werwölfe leben. Wie sollen vier rumänische Fremde es bloß fertigbringen, ausgerechnet hier nicht aufzufallen?“, fragte ich. Mein Tonfall war schon beinahe sarkastisch.
„Keine Sorge, Joe. Valentin hat einen Plan. Er hat immer einen Plan … Ich wüsste nur zu gerne, wie Serafina ihn letzten Endes doch noch überzeugen konnte, zu kommen“, murmelte er vor sich hin.
„Ich werde sie fragen, Istvan. Ich habe ohnehin noch etwas mit ihr zu klären“, sagte ich unbestimmt und war um einen möglichst gleichgültigen Ton bemüht. Meine Andeutung hatte ihn hellhörig gemacht.
„Worum geht es?“, verlangte er zu wissen.
„Das ist eine Sache unter Frauen“, war alles, was ich dazu sagte.
Er kniff die Augen zusammen.
Meine geheimnisvolle Andeutung gefiel Istvan ganz und gar nicht. Aber diese Sache ging ihn wirklich nichts an. Und das war auch besser so. Wenn er geahnt hätte, dass Serafina mich vor langer Zeit, schon vor dem Vorfall, gebeten hatte zu gehen, wenn etwas Schlimmes sich ankündigen würde, wäre er vielleicht verletzt oder er könnte seiner Freundin nicht mehr vertrauen. Das durfte einfach nicht passieren.
„Dann sollten wir jetzt aufbrechen. Ihr Haus ist nicht weit weg. Du kennst es womöglich? Die alte Jagdvilla mit dem eigenen Zugangweg?“, fragte er mit hochgezogener Augenbraue.
„Du machst wohl Witze! Seit Ewigkeiten steht das Anwesen unbewohnt da. Niemand konnte es sich leisten, das Haus zu mieten oder gar zu kaufen. Schließlich sind die Besitzer Nachfahren der früheren Grafen und verlangen Unsummen für das Anwesen“, stammelte ich ungläubig hervor.
„Ja, ich weiß. Schon vergessen, dass ich das Haus schon viel länger kenne als du. Ich erinnere mich sogar noch daran, als es im Sommer noch bewohnt war. Der ehemalige Adel kam in den Sommermonaten manchmal, um Wild zu jagen oder sich um ihre Angelegenheiten hier in der Gegend zu kümmern“, erzählte er in einem gleichgültigen Ton und erinnerte mich damit wieder an die unumstößliche Tatsache, dass er, genau genommen, fünfundsechzig Jahre älter war als ich.
Ich versuchte, nicht allzu auffällig darauf zu reagieren.
„Ach ja!“, nuschelte ich mit einem gekünstelt lässigen Ton.
„Wieso hat Valentin ausgerechnet die Jagdvilla gemietet?“, fragte ich nach. Ich war neugierig.
„Es bot sich an. Schließlich ist es das einzige Haus außerhalb von Rohnitz und St. Hodas, das sowohl groß genug ist, um das gesamte Rudel unterzubringen, als auch versteckt genug liegt, damit keine neugierigen Blicke die Valentins stören könnten“.
Ich dachte über seine Worte nach und fand, dass er damit recht hatte. Die kleine Villa hatte, soweit ich wusste, eine eigene Zufahrt, und obwohl sie nahe an der Straße lag, wurde sie von hohen Bäumen und einer kleinen Anhöhe verdeckt. Sie waren dort weit weg genug von Rohnitz, damit sie nicht allzu viel Kontakt mit den Bewohnern haben mussten. Ich wusste ja schließlich nicht, wie sehr die Valentins zwischen normalen Menschen auffallen würden. Denn ich kannte bis jetzt nur Serafina und sie fiel nicht dadurch auf, dass sie sich ab und an in eine Wölfin verwandelte, sondern eher dadurch, dass sie viel zu schön war.
„Gut, dann lerne ich endlich Valentin und seine Familie kennen. Ich habe irgendwie das Gefühl, als würde ich
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