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Wolfsfieber - Band 2

Wolfsfieber - Band 2

Titel: Wolfsfieber - Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Adelmann
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unerwartetes, aber erfreuliches Ergebnis. Es kam ein verändertes Wolfsvirus dabei heraus. Wenn man es jemandem verabreicht, führt es dazu, dass derjenige genauso langsam altert wie ein Werwolf, doch besitzt er weder dessen Übersinne noch dessen Stärke. Im Grunde also bleibt er menschlich, mit dem Unterschied, dass bei Vollmond das Virus zu einer unvollständigen Verwandlung führt. Das heißt, dass in den drei Nächten des Vollmondes der Körper dieser Person am Wolfsfieber und den anderen Verwandlungssymptomen zu leiden hat, ohne jemals eine Wolfsgestalt annehmen zu müssen. Wie genau die Symptome aussehen, kann ich natürlich nicht sagen, da ich keine Versuchspersonen hatte“, scherzte der Doktor. Woraufhin ihm Istvan einen tödlichen Blick zuwarf, der mich vor Kälte erstarren ließ.
    Dann machte der Doktor einen fatalen Fehler, er sprach mich direkt an. Istvan sprang sofort auf. Jetzt war nicht nur sein Blick tödlich. Seine ganze Körperhaltung entsprach einer Angriffstellung. Ich verstand seine heftige Reaktion nicht. Was könnte der Doktor zu mir gesagt haben, das ihn derart aus der Haut fahren ließ?
    „Was hat er gesagt?“, fragte ich erschrocken. Istvan zögerte.
    „Er hat gesagt, das müsste doch genau das Richtige für Ihre Freundin sein“, schnaubte Istvan und konnte den vernichtenden Blick nicht vom Doktor nehmen, dessen angsterfülltes Gesicht immer kleiner wurde.
    „Schon in Ordnung“, versucht ich ihn zu beruhigen, „er hat es bestimmt nicht so gemeint, wie es geklungen hat.“
    „Doch, hat er“, widersprach Istvan meinem Beruhigungsversuch.
    „Aber Istvan, wir sind doch deswegen hier. Ich meine, es hört sich doch gar nicht so schlimm an. Sein Vorschlag ist zumindest eine reelle Möglichkeit, über die ich nachdenken muss“, gab ich kleinlaut zu bedenken. Dann korrigierte ich mich schnell: „Über die wir nachdenken müssen.“ Doch egal, was ich dazu gesagt oder wie ich es gesagt hätte, Istvan war strikt dagegen. Mein angedeutetes Vorhaben, das Angebot des Doktors tatsächlich in Betracht zu ziehen, reichte aus, um ihn völlig durchdrehen zu lassen.
    „Das ist nicht dein Ernst! Deswegen sind wir bestimmt nicht hier. Nur das Heilmittel, sonst keine Kompromisse“, presste er hervor. Vor lauter Wut konnte er nicht einmal mehr in ganzen Sätzen sprechen.
    Und obwohl ich genau wusste, dass es das mit Abstand Dümmste war, was man in diesem Moment machen konnte, wanderten meine Augen wie von selbst zu den Spritzen. Ich sah sie erwartungsvoll an. Als Istvan meinen Blick folgte, riss er die grünen Augen fassungslos auf. Dann konnte er es nicht mehr mit mir und den Spritzen im selben Raum aushalten. Er stürzte durch die Türen. Ich versuchte ihm zu folgen, obwohl ich wusste, dass es sinnlos war. Bis ich die Außentür erreicht hatte, war er längst um die Ecke gebogen und in ein paar Sekunden würde er sich schon auf der anderen Seite der Insel befinden. Woltan war mir gefolgt und stand dich hinter mir. Ehe ich noch etwas sagen oder fragen konnte, meinte er:
    „Versuch es auf der anderen Seite von Murano. Du findest ihn bestimmt bei der Basilika di Santa Maria e Donato. Die kannst du gar nicht verfehlen.“
     
    Woltan hatte recht, diese Kirche konnte man nicht übersehen. Sie stand frei, direkt am Meer, und war ein wunderschöner, rötlich brauner Backsteinbau. Sie wirkte fast schon zu perfekt und stimmig. Als wäre sie ein Modell und kein von Menschenhand errichtetes Bauwerk. Die weißen Säule und zahlreichen Rundbögen wirkten sehr alt und machten den selbst für Venedig ungewöhnlichen Eindruck, zeitlos zu sein. Doch kein Istvan war hier zu finden. Ich ging auf die andere Seite der -Kirche, die direkt vor dem Wasser lag. Dort sah ich ihn sofort. Er saß zusammengekauert auf einer Bank und umklammerte mit den Händen die Bankkante. Ich seufzte einmal ganz tief und nahm all meinen Mut zusammen, bevor ich es wagte, mich in seine Nähe zu begeben. Obwohl er natürlich genau wusste, dass ich jetzt vor ihm stand, sah er nicht zu mir hoch.
    „Ist hier noch frei?“, fragte ich unschuldig, als wäre ich eine fremde Touristin, die höflich darum bat, neben ihm sitzen zu dürfen.
    „Gib dir keine Mühe. Das funktioniert nicht“, wisperte er gekränkt vor sich hin.
    „Was funktioniert dann?“, wollte ich ruhig und versöhnlich wissen.
    „Wenn du genauso entsetzt wärst über diese ganze Sache wie ich.“
    „Aber das wäre gelogen. Ich möchte ehrlich zu dir sein. Natürlich habe ich

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