Wolfsfieber - Band 2
Angst und mache mir Gedanken. Aber sie beherrscht mich nicht … meine Angst. Ich treffe meine Entscheidung nicht wegen meiner Ängste, sondern trotz ihnen. Und ich glaube wirklich, dass dieses Mittel etwas Gutes sein könnte. Vielleicht ist es … die Lösung“, sinnierte ich und setzte mich zaghaft an seine Seite.
Er schüttelte immer wieder den Kopf.
„Du siehst jetzt nur die guten Seiten, aber was ist mit den Nebenwirkungen, dem Wolfsfieber. Denkst du auch daran?“, führte er gewichtig an.
„Aber ich habe es doch bei dir gesehen. Ich weiß, was mich erwartet“, wandte ich ein, biss aber erneut bei Istvan auf Granit.
„Du hast nicht die geringste Ahnung. Es zu sehen, ist etwas vollkommen anderes, als es selbst durchzumachen!“, schrie er mich an. Er tobte im Inneren. So aufgebracht und wütend hatte ich ihn noch nie gesehen. „Und jetzt will ich nichts mehr davon hören, Joe. Genug jetzt!“
Es war ihm todernst. Jedes Wort triefte vor Ablehnung und Verletzbarkeit. Ich ging zu weit. Und würde sogar noch weiter gehen müssen.
„Nein, es muss nicht unbedingt so sein. Du bist eben ein unverbesserlicher Schwarzmaler. So muss es nicht ablaufen. Bei Serafina, bei Woltan scheint es …“, fing ich an, bevor er mir das Wort abschnitt.
„Ja“, schnaubte er. „Es scheint! Aber was, wenn es so wie bei mir ist? Oder noch schlimmer? Was dann? Hm?“, knallte er mir vor den Latz. Istvan verschränkte siegessicher die Arme vor der bebenden Brust. Ich versuchte ruhig zu bleiben, sprach mit besänftigender Stimme, auch wenn ich ihn kaum erreichen konnte hinter seinen hohen Mauern.
„Vielleicht ist es der Preis, den ich zahlen muss“, sinnierte ich gedankenversunken. Ernsthaft und nachdenklich starrten wir uns beide an, jeder von uns wich keinen Zentimeter von dem eingenommenen Standpunkt ab. Auch wenn es nur da-rum ging, einander für immer zu gehören, schien es uns beinahe zu entfremden.
„Als ob du nicht schon genug bezahlt hättest, nur weil du bei mir bist“, flüsterte er mit gesenktem Kopf. Dann, in diesem bedrückten Tonfall, mit seiner herrlichen Stimme, fügte er hinzu: „Du wirst noch genug aufgeben müssen, genug verlieren, wenn wir tatsächlich zusammen weggehen werden.“
Eine beengende Stille entstand, weil ich wusste, dass er damit recht hatte. Aber am meisten störte mich der Mangel an Vertrauen, den Istvan noch immer meinem Entschluss entgegenbrachte.
Ich musste mein Temperament zügeln, so gut ich konnte, jetzt, wo er nicht dazu imstande war. Wir standen auf und gingen auf die Kirche zu. Keiner von uns hielt es mehr auf der Bank aus.
„Ich weiß, du meinst es gut. Aber mit dem Serum könnte ich so vieles. Das würde alles ändern. Endlich könnte ich an deiner Seite kämpfen, mit dir Istvan. Ich würde für mich selbst einstehen und müsste mich nicht weiter hinter den Valentins verstecken, oder …“
„Du denkst, das wäre es wert? Du denkst, dein Eigensinn ist es wert, das Wolfsfieber auszustehen? Ich habe ja viel übrig für deine Unabhängigkeit, aber das geht zu weit. Das ist schon fast … selbstzerstörerisch !“, zischte er und ich konnte sehen, wie sein schönes Gesicht von Wut verzerrt wurde. Seine Augen brannten lichterloh, seine Hände zitterten. Istvan hatte seine Aufregung und seinen Zorn beinahe nicht mehr unter Kon-trolle. Schneller, als es mein Verstand erfassen konnte, drängte er mich wutschäumend an die Wand. Er schnaubte merklich und ich fragte mich, wie lange er den Dämon in seinem Inneren halten könnte, bevor er durchbrechen würde. Aber dazu kam es nicht. Erklären konnte ich es mir nur so, dass Istvans Wut rein war, dass er mit dem Grund seines Zorns, mit seiner Überzeugung, nicht uneins war, weshalb das Wolf-im-Mann-Phänomen keinen Zugang zu Istvans Bewusstsein bekam. Dieser wütende Mann war Istvan.
Seine Arme keilten mich mittlerweile ein und sein Blick nahm mich gefangen, folternd, anklagend.
„Hast du schon mal gebrannt?“
„Du meinst, außer mit dir?“, neckte ich unpassenderweise atemlos, um seiner Einschüchterung wenigstens etwas entgegen zu wirken. Istvan reagierte nicht darauf, ignorierte es vollkommen.
„Hast du schon mal richtig gebrannt, Joe?“, fragte er wieder und seine Augen wanderten derart wild hin und her, dass ich Angst bekam und nicht antworten konnte. Ich wusste ohnehin nicht, was ich sagen sollte. Im Moment würde so gut wie alles falsch sein.
„So wird es sich anfühlen. Und das ist noch das Beste. Später,
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