Wolfsfieber
Drei“. Wieso gehst du
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unnötig dieses Risiko ein?“, fragte ich ihn und meine Stimme
war ein verzweifeltes Flehen. Meine Augen mussten noch
schlimmer betteln.
„Ich kann nicht anders. Nur wenn ich weiß, dass Serafina
dich beschützt, kann ich von hier fortgehen, um zu tun, was
getan werden muss. Ich bin jetzt auf „Die Drei“ vorbereitet
und kann ihnen, wenn es sein muss, die ganze Nacht aus-
weichen oder sie trennen und dann ebenso hetzen, wie sie es
letzte Nacht bei Serafina und mir versucht haben“, versuchte
er mich zu beruhigen. Mit einiger Mühe gab er seiner Stim-
me einen selbstsicheren Klang.
„Ich glaube ohnehin, dass sie nicht zurückkommen wer-
den. Nicht nach der blamablen Niederlage. Sie werden zu-
erst zu Farkas zurückkehren und dann beim nächsten Voll-
mond zurückkommen. Mit Verstärkung, leider!“, bemühte
er sich, mich zu beruhigen, und brachte gleichzeitig meine
schlimmsten Befürchtungen zum Vorschein. Als mir das klar
wurde, vergrub ich mein Gesicht an seiner Schulter und ver-
suchte, seinen Honig-Wald-Geruch in mich aufzunehmen,
als eine Art Beruhigungsmittel. Es half etwas.
„Das klingt, als hätten wir einen guten Plan für die nächs-
ten Tage. Aber Istvan, eines ist dir doch klar. Beim nächsten
Vollmond brauchen wir etwas Besseres. Ich schaffe es. Mit
Woltan habe ich bereits darüber gesprochen und er ist bereit,
sich Farkas entgegenzustellen. Ich kriege meine ganze Fami-
lie schon dazu, dass sie bis zum nächsten Vollmondzyklus
hier auftaucht. Und wenn ich eigenhändig jeden Einzelnen
hierher schleppen muss. Nächsten Vollmond greifen wir an.
Versprochen.“ Serafina wirkte wild entschlossen und ich ver-
traute ihr, trotz ihrer kürzlich begangenen Fehleinschätzung.
Aber sie hatte Istvan für mich beschützt. Dafür schuldete
ich ihr mehr als mein jetziges Vertrauen.
„Da ist noch etwas, etwas, das Joe auch wissen sollte.
Farkas wird jetzt den Druck erhöhen. Er wird schon beim
nächsten Vollmond angreifen und uns während der gesam-
ten Dauer des Vollmondzyklus hetzen, ohne Gnade. Darüber
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sollte sie sich klar sein, Istvan. Ich weiß, dass du sie beschüt-
zen willst, aber sie sollte wissen, was sie erwartet“, sagte
Sera fina und ich bekam wieder dieses flaue Gefühl im Ma-
gen, das ich sofort erkannte. Angst vor dem Unbekannten,
unverkennbar. Mein Herzschlag ging etwas schneller und
Istvan bemerkte es natürlich.
„Ja, ich weiß. Ist nur vorübergehend“, deutete ich ihm
gegenüber an und versuchte, es herunterzuspielen.
„Ich lasse euch jetzt allein. Ihr wollt sicher etwas für euch
sein. Wo kann ich etwas schlafen?“
Istvan stand ebenfalls auf und führte sie in die Englische
Bibliothek, in der ein langes Sofa stand. Nachdem er Sera fina
mit dem Nötigsten versorgt hatte, kam er zu mir zurück.
Ich lag mittlerweile ebenfalls auf der Couch. Der Mangel
an Schlaf verlangte jetzt seinen Tribut und ich sah, dass auch
Istvan leichte Ringe unter den Augen hatte. Normalerweise
versuchte er in den Tagen der Vollmondnächte so viel Schlaf
wie möglich nachzuholen, aber ich kannte ihn gut genug, um
zu wissen, dass er sich heute keine Minute Schlaf gönnen
würde. Das machte mir Sorgen. Aber gegen diese Sturheit
war ich machtlos. Er legte sich an meine Seite und während
ich versuchte, wenigstens etwas zu dösen, blickte er nur starr
an die Decke, vertieft in seine Gedanken und Sorgen. Ich
lag auf ihm und hätte nicht die Angst verhindert, dass ich
keinen Schlaf fand, so wäre die sengende Hitze seiner Brust
der Auslöser für meine anhaltende Schlaflosigkeit.
„Bitte schlaf doch etwas“, flehte er mich an.
„Ich kann einfach nicht. Ich mache mir Sorgen. Wieso
musst du nur so stur sein? Du brauchst Serafina da drau-
ßen viel dringender als ich hier. Ich könnte mich in meinen
Keller einsperren. Keiner der Wölfe könnte je da durchkom-
men“, erklärte ich ihm.
„Sei dir da nicht so sicher. Sie sind viel stärker und schlau-
er als gewöhnliche Wölfe und außerdem wird Serafina bei dir
bleiben. Darüber gibt es keine Diskussion“, zischte er mich
beinahe an.
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„Keine Chance, dass du es dir doch anders überlegst?“,
bohrte ich weiter nach.
„Nicht die geringste“, war seine endgültige Antwort.
„Dann versprich mir wenigstens, dass du gut auf dich auf-
passt. Nein, schwöre es mir!“, forderte ich und blickte ihm
jetzt unnachgiebig in die grünen Augen.
„Ich kann
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