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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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war nicht deine Schuld.“
    Ich hätte nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen,
    dass er einen Anteil an dem Unfall gehabt haben könnte.
    „Aber wie konntest du meinen Herzschlag erkennen, du
    hast ihn doch erst einmal gehört?“
    „Ein Herzschlag ist wie eine Signatur. Keiner gleicht dem
    anderen. Und deinen Rhythmus würde ich unter Tausenden
    wiedererkennen. Ich konnte einfach nicht zulassen, dass
    ausgerechnet dir etwas passiert.“
    Diese Erklärung war eine weitere Zerreißprobe für unser
    Freundschaftsabkommen. Denn hätten wir uns nicht vor ein
    paar Minuten versichert, Freunde bleiben zu wollen, hätte
    ich versucht ihn zu küssen. Ich schätzte, gegen diesen Im-
    puls würde ich noch öfter ankämpfen müssen.
    Es war jetzt schon fast dunkel und die Temperatur war deut-
    lich gesunken. Ich fror leicht, trotz Jacke, während Istvan
    keinerlei Notiz von der beginnenden Nachtkälte nahm. Doch
    mein Bibbern bemerkte er sofort. Er rückte noch dichter an
    mich und legte seinen Arm um mich.
    „Ich darf dich doch wärmen? Das ist doch o. k.?“, fragt er
    zögerlich und höflich.
    „Mehr als nur o. k.“, verkündete ich und sah ganz kurz zu
    ihm hoch. Sein sanfter Blick ließ mich noch weiter an seinen
    Körper rücken. So saßen wir lange und lauschten den Ge-
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    räuschen des Waldes. Ich hatte mich noch nie so geborgen
    gefühlt.
    Wir sprachen kein Wort. Auch auf der Heimfahrt blieben
    wir sehr ruhig, und als er mich zu Hause absetzte, bot er mir
    an, bald in der Bibliothek vorbeizuschauen, was ich natürlich
    gern annahm.
    In dieser Nacht schlief ich tief und fest. Es war ein traum-
    loser, erholsamer Schlaf, bei dem ich immer mal wieder das
    Gefühl hatte, noch auf dem Turm zu sein, seine Arme um
    mich gelegt, um friedlich die Stille zwischen uns zu genie-
    ßen.
    Beim Aufwachen bewahrte ich mir dieses Gefühl immer
    noch und es begleitete mich den ganzen Tag.
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6. Zeit der Freundschaft
    In den vergangenen drei Wochen hatte sich mein ganzes Le-
    ben geändert, sogar meine Gewohnheiten hatte ich an die
    neue Freundschaft mit Istvan angepasst. Die Wochenenden
    verbrachte ich größtenteils im Einsatz als Lokalreporterin
    und jeden Sonntag war ich bei meinem Bruder und Paula
    zum Essen eingeladen. Sie hatten es mir wohl nur angebo-
    ten, weil sie nicht wollten, dass ich auch am Sonntag allein
    essen musste.
    Einmal in der Woche traf ich mich mit Martin, um ihm
    bei der Vorbereitung des jährlichen Flohmarkts für Hungern-
    de zu helfen. Die Gemeinden Rohnitz und St. Hodas spen-
    deten dafür Bücher, CDs, Kleidung und andere Sachen, die
    für einen guten Zweck verkauft wurden. Pfarrer Martin hatte
    mich gebeten, ihm bei der Durchsicht der Kirchenspenden
    zu helfen, alles aufzulisten und die Preise festzusetzen. Dabei
    sprachen wir nicht viel. Doch einmal bemerkte er: „Du sollst
    dich ja zurzeit oft in der Bücherei aufhalten.“ Ich verbarg mei-
    nen erschrockenen Gesichtsausdruck mit einer Kiste voller
    Spenden und würgte seine flapsige Bemerkung mit einem
    sarkastischen Kommentar ab: „Sind die Buschtrommeln also
    schon bis Rohnitz vorgedrungen. Ja, ich habe eine Leiden-
    schaft für Bücher. Seit wann ist das strafbar?“ Mein bissiger
    Tonfall wirkte. Martin nahm das Thema nicht wieder auf.
    Die Abende und Nächte der Woche gehörten meiner
    Musikleidenschaft. Ich schrieb so gut wie noch nie. Jeder
    Vergleich und jede Anekdote aus der Musikgeschichte pass-
    ten perfekt und meine Kritiken sprühten vor Geist und Witz,
    wie schon seit Langem nicht mehr. Und meine neueste,
    standhafteste Gewohnheit waren die täglichen Besuche in
    der Bib liothek.
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    Von Montag bis Freitag war ich jeden Tag zwei oder drei
    Stunden in der Bücherei. Die Leute mussten schon denken,
    ich wäre buchstäblich der Lesewut verfallen. Und solange
    sie das wirklich dachten, war ich noch aus dem Schneider.
    Sowohl Istvan als auch ich achteten peinlich genau da-
    rauf, uns niemals außerhalb der Bücherei zu begegnen, um
    nicht den geringsten Verdacht heraufzubeschwören, dass es
    zwischen uns eine Verbindung gäbe, die intimer wäre als die
    Beziehung zwischen Bibliothekar und Leseratte.
    Es schien zu funktionieren. Ich hatte, auch nachdem drei
    Wochen verstrichen waren, keinerlei Gerüchte gehört, die
    mich und ihn betrafen.
    Unser Plan ging also auf.
    Ich hatte in jeder Woche Carlas Angebot essen zu gehen ab-
    gelehnt und mich mit zu viel Arbeit rausgeredet. Carla schien
    zuerst beleidigt. Doch ihre andauernde

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