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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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habe dich angefahren und
    dann so getan, als würde ich dich erpressen. Ich habe dich
    gegen deinen Willen dazu gebracht, dein Geheimnis zu of-
    fenbaren, wie sollte ich da …“
    „Verstehst du das denn wirklich nicht? Dank dir habe ich
    zum ersten Mal seit einer halben Ewigkeit einen Menschen,
    dem ich mich anvertrauen kann, der mein Geheimnis kennt
    und nicht vor mir davongelaufen ist. Einen Menschen, der
    mir das Gefühl gibt, kein abnormer Freak zu sein, sondern
    ein ganz normaler Mann, der ein Freund sein kann. Das alles
    hast du für mich getan.“
    Jedes seiner Worte traf mich wie ein heißer Blitz, mitten
    in mein Herz. Er brauchte mich und ich wollte eine Vertraute
    für ihn sein. Ich konnte auf seine Enthüllung keine passenden
    Worte finden, ich war viel zu fassungslos dazu. Ich sah in die
    Ferne und versuchte meine Fassung wiederzufinden. Der Wind
    wehte mit einer solchen Wucht in mein Gesicht, dass meine
    Haarsträhnen wie wilde Flammen um meinen Kopf tanzten.
    Plötzlich fasste seine rechte Hand in mein haariges Flammen-
    meer und meine Strähnen verfingen sich in seinen Fingern.
    „Wenn du nur verstehen könntest, was du für mich bist“,
    sagte er dabei. Ich versuchte, meinen rasenden Herzschlag
    zu ignorieren und den Gedanken an seine schönen Hän-
    de, die mein Haar liebkosten, zu verdrängen, um ihn etwas
    Wichtiges wissen zu lassen.
    „Brauchst du einen Freund? Der kann ich sein. Möch-
    test du eine Vertraute? Ich bin immer für dich da. Möchtest
    du jemanden in deinem Leben, der dir zuhört, ohne dich zu
    verurteilen? Ich kann gut zuhören. Du suchst einen wahren
    Freund? Du hast ihn, wenn du es willst. Ich kann all das für
    dich sein, wenn du es zulässt.“
    Mein Angebot wurde von einem leichten Kopfneigen be-
    gleitet, das mir erlaubte, Istvans Finger auf meiner Wange
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    zu fühlen, die immer noch mit meinen Haaren verbunden
    waren.
    Was ich sagte und was ich anbot, meinte ich ehrlich. Auch
    wenn es nur die abgeschwächte Version dessen war, was ich
    ihm eigentlich zögerlich gestehen wollte. Dass ich auf Freund-
    schaft nur hoffte, um in seiner Nähe bleiben zu können. Dass
    ich ihm eigentlich mehr anbieten wollte als das, es aber jenseits
    alles Möglichen lag. Ich erkannte mich selbst nicht mehr.
    Istvan streifte ganz leicht meine Wange und schien über
    mein Angebot angestrengt nachzudenken.
    Er löste sich von mir und ließ sich auf den Holzboden sin-
    ken. Ich tat es ihm nach und rutsche an seine Seite. So sa-
    ßen wir Schulter an Schulter und ich wartete verzweifelt auf
    seine Antwort. Als sie kam, war ich überwältigt von seiner
    rauen, sanften Stimme, die von den Holzdielen widerhallte.
    „Wie könnte ich dieses Angebot nicht annehmen! Das ist
    mehr, als ich mir je erhofft habe. Mehr, als ich verdiene. Wir
    könnten nur heimlich Freunde sein. Wir dürften uns öffent-
    lich nur in der Bibliothek sehen. Wir müssten uns nachts
    treffen und dabei immer aufpassen, dass uns niemand sieht.
    Willst du das wirklich? “, fragte er mich unsicher.
    „Ja. Ich möchte dein Freund sein. Die Heimlichtuerei
    macht mir nichts aus. Wir werden schon einen Weg finden,
    uns zu sehen“, versicherte ich ihm mehrmals und war er-
    staunt darüber, dass das Wort „wir“, das er jetzt ständig ver-
    wendete, mir ein warmes, vertrautes Gefühl gab.
    „Eines muss ich aber noch wissen, dann lasse ich es für
    heute gut sein mit den Fragen, okay?“
    Istvan nickte gespannt.
    „Wieso hast du mir so oft versichert, dass der Unfall nicht
    meine Schuld war? Du hast sogar den Eindruck erweckt, als
    würdest du dir die Schuld geben. Das verstehe ich einfach
    nicht.“
    Er schien sich vor der Antwort drücken zu wollen. Aber
    im Sinne unserer zarten Freundschaft gab er mir doch wider-
    willig eine Erklärung.
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    „Na gut. In dieser Nacht, da war ich auf meinen üblichen
    Streifwegen unterwegs. Einer davon verläuft parallel zur
    Straße, auf der dein Wagen fuhr. Ich konnte hören, dass du
    in dem Auto gesessen hast. Dein Herzschlag war ganz leise,
    aber deutlich. Es war mir gerade erst ein Reh begegnet und
    ich hatte Angst, es könnte über die Straße wechseln, also lief
    ich parallel zu deinem Wagen, um, wenn nötig, eingreifen zu
    können. Da hörte ich schon das Schlingern deines Autos. Ich
    hatte Panik und dachte nicht richtig nach. Der Sprung miss-
    lang mir, und da dein Wagen ausgebrochen war, landete ich
    anstatt neben deinem Wagen direkt davor. Den Rest kennst
    du. Du siehst also, es

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