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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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sahen uns von der Seite an. Es war
    etwas kühler hier oben und der Wind wehte ständig, weshalb
    meine Haare im Wind tanzten.
    „Was wolltest du mir dann zeigen?“, fragte ich ihn und ver-
    suchte dabei, meine Haarsträhnen unter Kontrolle zu halten.
    „Du hast die Hügel der ungarischen Seite gesehen. Nun
    sieh dir die andere Seite noch an“, schlug er mir als Antwort
    vor.
    Wir gingen zur gegenüberliegenden Seite. Von da aus konn-
    te man Lockenburg sehen und dahinter bereits die Hügel der
    Buckligen Welt. Ganz weit entfernt am Horizont meinte man
    bereits die Rax und den Schneeberg zu erahnen.
    „Man kann sehr weit sehen. Hätte ich nicht gedacht.
    Aber ich verstehe immer noch nicht, was du …“ Er unter-
    brach meinen leicht frustrierten Einwand.
    „Was ich dir damit zeigen will, ist, dass das alles, alles was
    du siehst und alles, was du auf der anderen Seite des Gebir-
    ges kennst, zu meinem Stammrevier gehört. Als Wolf ist das
    hier mein Territorium.“
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    Er untermauerte seine Ausführung, indem sein Arm über
    den ganzen Horizont fuhr.
    „Aber zusammen mit der Südseite müsste das ja, keine
    Ahnung, einen Radius von 10 oder 12 Kilometern abdecken“,
    stellte ich erstaunt fest.
    „Und das ist nur das Territorium, das ich markiere. Es
    ist, selbst für einen einzelnen Wolf, ein kleines Revier. Ich
    habe die Größe danach gewählt, wie viel ich in einer Nacht
    zurücklegen kann und dabei noch rechtzeitig zu meinem Ba-
    sislager zurückkomme, ehe der Morgen anbricht.“
    Er hatte recht damit, dass ich beginnen würde, die Dinge
    anders wahrzunehmen. Schien es mir eine schier unüber-
    windliche Distanz zu sein, war es für ihn eher ein Katzen-
    sprung. Die Dinge bekamen langsam deutlichere Konturen.
    „Das ist unglaublich. Du musst sehr schnell sein. Wie
    groß wäre dann erst das Revier eines ganzen Rudels?“
    „Das kann bis zu 300 Kilometern ausmachen. Je nach
    Rudelgröße“, erklärte er ganz sachlich, als wäre es gar nichts
    Ungewöhnliches.
    „Das machst du also in den Vollmondnächten. Du durch-
    streifst als Wolf die Wälder des Günser Gebirges?“
    „Ja, im Grunde schon. Ich versuche, nicht zu jagen und mei-
    ne animalischen Instinkte so gut ich kann im Zaum zu halten.“
    „Jagen, oh. Du erlegst also Beute, wenn du ein Werwolf
    bist?“, fragte ich und bereute es sofort. Die Vorstellung jagte
    mir Schauer über den Rücken.
    „Ich versuche, es nicht zu tun. Aber es ist schwer, sei-
    nen Trieben nicht nachzugehen, wenn man in der Wolfshaut
    steckt. Es ist allerdings ein Vorteil, dass die Tiere spüren,
    dass ich kein gewöhnlicher Wolf bin, und sich meistens von
    mir fernhalten. Ein angeborener Schutzmechanismus, der
    mir sehr gelegen kommt. Doch ab und an begegne ich einem
    Hasen oder etwas anderem und jage ihn. Gegen diesen Im-
    puls komme ich nicht an. Ich habe es versucht!“
    Der angestrengte, traurige Ausdruck auf seinem Gesicht
    verriet mir, dass er die Wahrheit sagte und dass er es hasste,
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    dass ihn seine animalische Seite zwang, diese Dinge zu tun.
    Ich wollte ihn sofort in den Arm nehmen, ließ es aber doch.
    „Das alles tut mir so leid für dich.“
    „Du bist gar nicht angeekelt oder böse deswegen?“, fragte
    er verdutzt.
    „Du hast er mir doch erklärt. Es ist reiner Instinkt. Dafür
    kann ich dir nicht böse sein. Du kannst nicht mehr tun, als
    dagegen anzugehen, und ich kann dir ansehen, wie sehr du
    es versuchst“, erklärte ich ihm und legte ihm meine Hand
    auf den Unterarm. Als Zeichen meines Verständnisses für
    seine Zwangslage. Ich wollte ihn von seiner Selbstzermür-
    bung abbringen und stellte schnell noch weitere Fragen.
    „Wie stellst du es eigentlich an, nach einer Vollmond-
    nacht unbemerkt nach Hause zu kommen? Ich meine, wie
    machst du das mit deiner Kleidung?“
    „Ach das. Ich habe zwei verschiedene Basislager einge-
    richtet. Eines für die Nordseite, nahe dem Geschrieben-
    stein. Es liegt in einem Waldstück, das sich ‚Wolftanz‘ nennt.
    Das andere Lager ist näher an St. Hodas, für den Südhang
    gedacht. Es ist im Wald beim St. Hodas’er Steinbruch. Etwa
    einen Kilometer von deinem Haus entfernt.“
    „Ja, ich weiß, wo das ist“, wandte ich erschrocken ein.
    „Dachte ich mir. Ich deponiere Kleidung, Wasser und
    Zelte bei jedem Lager, versteckt in einer Kiste, die ich in den
    Boden eingegraben habe.“
    Er sprach nun, mit dem Blick weit in die Ferne schweifend,
    als wäre er kilometerweit weg und nicht dicht neben

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