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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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war es schon sehr dunkel.
    Es konnte nicht mehr lange dauern. Er saß im Wohnzim-
    mer auf einer braunen Ledercouch und ich saß ihm gegen-
    über in einem Ledersessel. Wir beide waren verkrampft und
    wussten nicht so recht, wie wir uns verhalten sollten. Es
    wirkte, als würden wir in einem Wartezimmer sitzen und
    darauf warten, dass endlich jemand kommen würde, um
    uns zu erlösen. Doch niemand kam. Niemand außer dem
    118

    Schmerz. Sobald es sechs geworden war, fing es an. Zuerst
    hatte ich nur den Eindruck, er hätte Migräne. Er rieb sich
    öfter die Stirn oder fuhr sich gepeinigt durch die Haare.
    Bald hielt er das Licht in dem großen Raum nicht mehr
    aus und schaltete die Leuchter ab. Von da an saßen wir im
    Dunkeln. Ich fühlte mich unnütz, da ich nichts tun konn-
    te, ihm nicht helfen konnte. Eine halbe Stunde später ging
    es dann richtig los. Er fing an zu schwitzen und zu zittern,
    wie ich es noch bei keinem Menschen gesehen hatte. Sei-
    ne Adern traten in einem unvorhersagbaren Rhythmus vor
    und zurück. Die blauen Linien schienen fast seine leicht
    gebräunte Haut zu durchbrechen, wenn es ganz schlimm
    wurde. Er hielt es mittlerweile nicht mehr im Sitzen aus.
    Ich wollte ihm helfen, erinnerte mich aber immer an seine
    Anweisungen. Auch gab er mir jedes Mal, wenn ich mich in
    seine Richtung neigte, ein eindeutiges, hektisches Zeichen,
    mein Vorhaben zu unterlassen. Ich gehorchte. Er sprach fast
    kein Wort, abgesehen von dem Wimmern und den Geräu-
    schen seiner heftigen Atemzüge.
    „Wir sollten – ah – ah – in mein Schlafzimmer gehen. Ich
    will. Ich muss mich hinlegen“, sagte er mir und stand so un-
    geschickt auf, dass er beinahe hingefallen wäre. Ich war ganz
    automatisch, ohne nachzudenken, an seine Seite gekommen
    und hatte seinen Sturz gerade noch abgefangen. Er lehnte
    sich nun an mich.
    „Ich sagte doch – nicht anfassen!“, stieß er panisch und
    atemlos hervor.
    „Es war ein Reflex. Aber jetzt kann ich dir wenigstens ins
    Bett helfen. Wo ist das Schlafzimmer?“, fragte ich und ver-
    suchte, ihn so gut wie es ging zu stützen. Er strömte eine
    unglaubliche Hitze aus und war schweißgebadet.
    Ich fasste an seinen feuchten Rücken und versuchte, mit
    ihm mehr schlecht als recht den Korridor entlangzukom-
    men.
    Er deutete dabei nach rechts. Das Zimmer lag gegenüber
    der englischen Bibliothek, die ich bereits kannte.
    119

    Ich stieß die Tür mit meinem Fuß auf, da ich meine
    Arme brauchte, um seinen Körper aufrecht zu halten. Ihm
    sackten immer wieder die Beine weg. Der Raum hatte ein
    großes Bett an der hinteren Seitenwand, ein paar Kommo-
    den, zwei Regale, einen Plattenspieler und einen übervollen
    Schreibtisch. Alles war, im Gegensatz zum übrigen Haus,
    sehr spärlich eingerichtet, fast spartanisch. Das Erste, was
    mir sofort auffiel, war die Balkontür, die direkt in den Garten
    führte und die wohl der Grund war, wieso er diesen Raum
    als Schlafzimmer ausgesucht hatte. Besonders praktisch in
    Nächten wie diesen.
    Ich brachte ihn bis zur Bettkante, wo er meinen Arm wie-
    der wegzog und dabei ins Bett fiel. Istvan hatte gar keine
    Möglichkeit, sich irgendwie hinzulegen. Sobald sein Körper
    auf dem Bett gelandet war, krampfte er so sehr, dass er sich
    von einer zur anderen Seite wälzte. Er konnte kaum noch die
    Schreie unterdrücken. Es war unvorstellbar. Derselbe Mann,
    den ich angefahren hatte und der dabei nicht die kleinste
    Spur von Schmerzen erkennen ließ, litt nun Höllenqualen.
    Sein sandfarbenes Haar war von dem Fieber ganz feucht ge-
    worden und stand nun in alle Richtungen ab. Er fuhr jetzt
    immer öfter mit der Hand in sein Haar und ballte sie dabei
    zur Faust, ein paar Haarsträhnen fest mit eingeschlossen.
    Jetzt wusste ich auch, warum er mich nach dem Waden-
    krampf gefragt hatte, denn eine Stunde nachdem die An-
    zeichen seiner Verwandlung eingesetzt hatten, begannen die
    Muskeln in seinem Körper zu verkrampfen. Sie härteten sich
    derart, dass sie fast wie Steinbrocken aussahen. Einmal tra-
    ten die Adern seines Arms hervor und gleichzeitig spannten
    sich sein Unterarmmuskel und sein Bizeps derart an, dass
    es aussah, als wäre er eine übertrieben gestaltete Marmor-
    statue eines Athleten. Neben seinem nicht enden wollenden
    Stöhnen schrie er jetzt immer öfter dumpf. Es brach mir das
    Herz. Ich wünschte mir verzweifelt, seinen Schmerz von ihm
    zu nehmen oder ihn zumindest zu teilen. Wieso konnte ich
    nicht die Hälfte seiner Bürde für ihn

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