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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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Blick endete in meinen
    Augen. Wir starrten uns lange an. Sehr lange. Ich wurde zum
    tiefen, blauen Ozean, der in den grünen, tiefen Wald blickt.
    Erneut kämpfte ich mit dem Drang, ihn wieder zu küssen.
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    Ich versuchte es nicht zu tun, aus Angst, im entscheiden-
    den Moment nicht aufhören zu können. Ich wusste nicht,
    ob ich schon soweit war, bereit war, alles an ihm, alles zwi-
    schen uns zu erforschen. Der Gedanke allein versetzte mich
    in schiere Panik.
    Er schien die Spannung zwischen uns genauso wenig zu
    ertragen. Istvan zog mich an sich. Ich lag auf seiner warmen
    Brust, während seine Finger meinen Rücken entlangfuhren.
    Er nannte mich, kaum hörbar, „mein Pfirsich“, was mich er-
    röten ließ. Es erinnerte mich an seine Beschreibungen von
    mir, die er niedergeschrieben hatte.
    „Eigentlich gibt es bei uns mehr Marillen. Du solltest
    mich Marille nennen“, neckte ich ihn flüsternd, auch um die
    Situation etwas zu entschärfen.
    „Ja, ich weiß. Aber mir gefällt der Klang des Namens Pfir-
    sich besser und er erinnert mich eher an dich“, erklärte er
    mir und küsste mich auf die Stirn.
    „Hast du überhaupt eine Ahnung, wie peinlich es ist zu
    wissen, dass du mich damals so gesehen hast, beim Tanzen,
    als ich mich ganz unbeobachtet glaubte?“, stieß ich leise her-
    vor und vergrub mein errötetes Gesicht an seiner Brust.
    „Es gibt nichts, was dir peinlich sein müsste. Jetzt kann
    ich dich endlich fragen, was für eine Art Tanz das war. Das
    beschäftigt mich schon seit Monaten“, ließ seine tiefe Stim-
    me mich wissen und ich fühlte sein Grinsen über mir.
    „Es ist kein Tanz im eigentlichen Sinn. Während meiner Zeit
    auf der Uni wohnte ich im Studentenheim mit einem Mädchen
    zusammen, das sich die Uni mit Tanzstunden finanzierte. Sie
    bequatschte mich so lange, bis ich ein paar Mal mit ihr kam
    und Stunden nahm. Es langweilte mich schnell und ich machte
    verschiedene asiatische Kurse. Irgendwie habe ich nie etwas
    davon ganz zu Ende gebracht, also wurde eine Art Bewegungs-
    mischmasch daraus, den ich mit meiner Musikleidenschaft
    verbunden habe, nicht weiter aufregend“, gestand ich ihm.
    „Also das stimmt ja nun gar nicht. Ich fand deine Bewe-
    gungen sehr aufregend“, scherzte er und legte dabei seine
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    Hand auf meine Hüfte. Sofort begann mein Herz wieder zu
    pochen.
    „Aufregung scheint gerade das Thema zu sein“, merkte
    er an und amüsierte sich nun prächtig über mein schwaches
    Herz. Was auch mir wieder die Schlagfertigkeit zurückgab.
    „Ich gebe ja zu, Istvan, mein Fleisch und Puls mögen
    schwach sein, mein Wille aber ist stark“, verkündete ich ihm
    und löste mich aus seiner Umklammerung. Das schien ihm
    gar nicht zu gefallen, denn wie ein Magnet folgte sein Körper
    meinem und so spürte ich nicht einmal eine Sekunde lang
    die Kälte des Raumes, die er mit seiner Körpertemperatur
    von mir fernhielt.
    „Du gehst schon?“, fragte er unsicher.
    „Eigentlich möchte ich nicht gehen. Ich würde gerne die
    ganze Nacht bleiben, wenn …“, deutete ich an und vollende-
    te den Gedanken nicht.
    „Wenn wir uns im Zaum halten könnten“, vollendete Istvan
    meinen Satz und ich wusste, wir teilten dieselben Bedenken.
    „Können wir das?“, fragte ich ihn, seine Augen fixierend.
    „Ich kann nur für mich sprechen, aber das Privileg deiner
    Gegenwart werde ich nicht aufs Spiel setzten. Wir haben ja
    alle Zeit der Welt. In meinem Fall ist Zeit eine sehr geduldige
    Konstante. Außerdem plane ich, unsere frisch entdeckte Lei-
    denschaft füreinander langsam zu genießen. Es ist für mich
    schließlich eine ganz neue Welt, auf die ich sehr, sehr lange
    verzichten musste. Es hat für mich keinen Reiz, die Dinge
    zu überstürzen. Ich glaube, du denkst in diesem Punkt ähn-
    lich, oder irre ich mich?“, fragte er und hätte meine Antwort
    bereits erahnen können, denn mein Herzschlag blieb im re-
    gelmäßigen Takt.
    „Nein, ich stimme dir zu. Wir genießen, was wir endlich
    haben können.“
    Ich bekräftigte meine Zusicherung mit einem leidenschaft-
    lichen Kuss auf seinen Mund. So verbrachte ich die erste
    Nacht in Istvans Haus und in seinen Armen. Wir sprachen in
    dieser Nacht kaum. Wir genossen die körperliche Gegenwart
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    des anderen, so, wie wir es auf dem Aussichtsturm schon im
    Ansatz getan hatten. Ich schlief so tief und fest, so friedlich
    wie noch nie zuvor. Am Morgen wachte ich, noch immer auf
    seiner Brust, auf, seinen Unterbauch

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