Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
Vom Netzwerk:
Rad fah-
    189

    ren, was ist bloß in dich gefahren?‘ Ich musste verschwin-
    den, ehe mich jemand sah. Ich legte das Mädchen vorsichtig
    ins Gras und lief in den Wald zurück, wo ich mich hinter
    einem Baumstamm versteckte. Die Eltern stürzten erschüt-
    tert auf das Mädchen zu. Die roten Haare der Mutter waren
    vollkommen zersaust, als sie immer wieder das Mädchen in
    den Armen wiegte, während sie bitterlich weinte. Ich konnte
    nicht länger in der Nähe bleiben und ging zurück zu mei-
    ner halb fertigen Hütte. Auf dem ganzen Heimweg dachte
    ich an das kleine Mädchen, das keine Ahnung hatte, dass
    es mir durch seine Rettung die Hoffnung selbst zurückge-
    geben hatte. Die Welt hatte mich wieder und das nur, weil
    das Leben dieses Mädchens in Gefahr gewesen war. Gottes
    Wege schienen mir unergründlicher denn je. Doch wenigs-
    tens konnte ich wieder fühlen, dass ich lebte. Ich würde aber
    nicht hier bleiben können. Jemand könnte mich gesehen ha-
    ben und wiedererkennen. Ich musste wieder weggehen und
    erst dann wiederkommen, wenn niemand mehr am Leben
    war, der sich an mich erinnern könnte.“
    Plötzlich ergaben viele seiner Worte einen ganz anderen
    Sinn. Er hatte solche Panik, dass mir etwas geschehen könn-
    te. Besonders in der Nacht, in der ich ihn angefahren hatte.
    Er schien sich für mein Leben verantwortlich zu fühlen, weil
    er es gerettet hatte. Ohne Istvan wäre ich vermutlich seit
    Jahren tot. Ich lebte nur weiter, weil es ihn gab. Ich musste
    sofort zu ihm und ihm sagen, was ich fühlte, wie es in mir
    aussah. Ich konnte nicht länger warten.
    Ich lief aus meinem Haus. Die Tür ließ ich offen hinter
    mir zurück. Ich hatte nur ein weißes T-Shirt und eine Jeans
    an, doch die Kälte fühlte ich gar nicht. Das Einzige, was ich
    in der Hand hatte, war das Notizbuch. Ich lief so schnell ich
    konnte über den Waldrandweg und war in kürzester Zeit auf
    seiner Veranda. Ich klopfte nicht einmal. Ich riss die Tür auf.
    Sie krachte gegen die Wand. Er würde mich schon erwarten,
    das wusste ich. Ich ging, ohne mich umzusehen, sofort ins
    Schlafzimmer. Er war bereits da. Wartend. Auf mich. Ge-
    190

    nau, wie ich es mir vorgestellt hatte, stand er jetzt mitten im
    Raum. Ein unbestimmter, nervöser Blick trat auf sein Ge-
    sicht, als er mich erblickte. Ich atmete schwer und meine
    Lungen brannten von dem Sprint, den ich hinter mir hatte.
    Als ich jetzt, genau in diesem Moment, seine grünen Augen
    auf mir sah, mit all dem, was ich jetzt wusste, konnte ich
    keine Sekunde mehr länger warten. Ich stürzte mich atemlos
    auf ihn. Er fing meinen Ansturm ab und riss mich ebenso
    leidenschaftlich in die Arme. Ich schlang meine Arme um
    seinen Hals und presste meine Lippen, beinahe unsanft, auf
    seinen Mund. Ich konnte kaum atmen. Mein dummes Herz
    pochte so stark, dass es mein Atemproblem verschlimmer-
    te. Ich konnte zuerst keine Reaktion von Istvan fühlen. Ich
    dachte schon, ich hätte einen überstürzten Fehler begangen,
    und versuchte, mich aus der Umarmung zu lösen, und wich
    etwas zurück. Dann, endlich, bekam ich meine Antwort.
    Seine heißen Lippen umschlossen meine und ich versuchte,
    meinen Kopf schräg zu halten, um noch tiefer in seinen Kuss
    zu stürzen. Ich hatte das Gefühl, ins Bodenlose zu fallen.
    Eine wilde, heiße Spirale drehte sich in meinem Inneren.
    Wie lange hatte ich nicht geatmet? Der einzige Atem kam
    von Istvan. Heiße, süße Honigluft, die mich schwindelig
    machte. Doch dann, ohne Vorwarnung, stieß er mich weg
    und ließ mich mitten im Raum stehen. Er presste seinen Rü-
    cken gegen die Wand, als ob er so weit wie möglich von mir
    weg wollte, dann sagte er etwas, was mir die Seele in Stücke
    zerriss. Seine grünen Augen funkelten mich dabei ernst an:
    „Du musst dich nicht bei mir auf diese Art bedanken,
    jetzt, wo du es weißt. Du schuldest mir nichts!“
    Ich schuldete ihm nichts?! Was sollte das heißen? Wofür
    hielt er mich und wofür hielt er meinen leidenschaftlichen
    Kuss? Gar für ein Zeichen meiner Dankbarkeit?
    Ich war außer mir. Die Leidenschaft, die noch kurz zuvor
    in mir getobt hatte, kochte jetzt über und verwandelte sich
    in unbändigen Zorn. Wut, die ich nicht kontrollieren konnte,
    übermannte mich.
    191

    Ich stellte mich dicht vor ihn. Vor lauter Zorn konnte ich
    kaum atmen, so wütend war ich. Ich funkelte ihn finster an.
    Ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden absichtlich
    verletzen wollen. Aber noch nie zuvor hatte mich jemand so
    tief

Weitere Kostenlose Bücher