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Wolfsfieber

Wolfsfieber

Titel: Wolfsfieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Adelmann
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einschüchternder. Zarte Gesichtszüge
    gesellten sich zu dunklen, großen Augen und einem vollen
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    Mund. Am auffälligsten waren ihre schmalen, geschwun-
    genen Augenbrauen. Im Ganzen erinnerte sie mich an eine
    türkische oder arabische Prinzessin. Der vertraute Eindruck,
    den sie Istvan gegenüber erweckte, beunruhigte mich über
    alle Maßen. Doch sie lächelte mich freundlich an. Ich wuss-
    te nicht, wie ich die Situation einzuschätzen hatte. Wie soll-
    te ich mich verhalten? Was würde Istvan von mir erwarten?
    Die junge Unbekannte ging auf mich zu und streckte mir
    ihre Hand zum Gruß aus.
    „Hallo. Du musst Joe sein. Ich bin Serafina“, sagte sie mir
    und strahlte mich weiterhin an.
    Ich erkannte den Namen sofort. Serafina, die Tochter
    von Valentin, die alte Freundin von Istvan, von der ich nicht
    wusste, ob sie nur eine Freundin sein wollte.
    Ich erwiderte ihren Händedruck und versuchte, den er-
    schrockenen Ausdruck aus meinem Gesicht zu verbannen.
    Istvan bemerkte meine Irritation und trat an meine Seite. Er
    erklärte mir ihre Anwesenheit. Er versuchte es.
    „Serafina besucht mich auf der Durchreise. Sie war in
    Budapest und möchte zurück zu ihrer Familie, die zurzeit ein
    Domizil in der Nähe von Wien bewohnt.“
    „Ich verstehe“, stammelte ich und setzte mich auf die
    Couch.
    Serafina setzte sich zu mir, während Istvan sich wieder in
    den Sessel zurücklehnte.
    „Du scheinst offenbar über mich Bescheid zu wissen“,
    merkte ich Serafina gegenüber an.
    „Dasselbe könnte ich über dich sagen“, erwiderte sie mir
    und ich konnte noch immer nicht sagen, ob ihre unverbind-
    liche Freundlichkeit aufrichtig war. Ich versuchte, mir meine
    Bedenken nicht anmerken zu lassen.
    „Istvan, du solltest etwas Wichtiges wissen. Deshalb
    habe ich mich dazu entschlossen, den kleinen Abstecher zu
    dir zu machen. Ich habe auf dem Weg hierher eine Fähr-
    te aufgenommen. Ich bin nicht sicher, aber sie könnte von
    einem der Farkas-Wölfe stammen. Du musst dir aber keine
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    Sorgen machen. Soweit wir wissen, ist das derzeitige Jagd-
    revier des Farkas-Rudels in Polen. Du solltest es nur wissen.
    Immerhin bist du damals extra seinetwegen aus Rumänien
    abgehauen.“
    „Ja, danke. Ich bin dankbar für deinen Besuch. Ich hoffe,
    du behältst recht mit deiner Annahme. Das Letzte, was ich
    möchte, ist, einen Jakov in ihrer Nähe zu wissen“, sagte er
    zu Serafina und deutete dabei auf mich. Ich verstand nicht,
    worüber sie diskutierten. Jetzt, da ich aber mit einbezogen
    wurde, wollte ich auch wissen, was los war.
    „Wovon sprecht ihr? Wer steckt hinter dem Farkas-Ru-
    del?“, fragte ich sie beide.
    „Als ich damals öfter nach Rumänien kam, um mich mit
    Serafinas Familie zu treffen, trieben gerade die Wölfe des
    Farkas-Rudels ihr Unwesen. Sie überfielen Bauern, rissen
    deren Vieh und bissen sogar jemanden. Um die Situation zu
    entschärfen, schlug Valentin ein Treffen vor, um die Fronten
    zu klären. Ich sollte dabei als Vermittler fungieren, denn ob-
    wohl ich Valentin nahe stand, gehörte ich nicht offiziell zu
    ihm und war damit neutral genug. Doch bei diesem Tref-
    fen interessierte sich der Anführer, Farkas, etwas zu sehr für
    mich, das gefiel mir nicht und ich reiste vorzeitig ab. Ehrlich
    gesagt machten mir Farkas und sein ganzes Rudel Angst. Sie
    verkörperten alles, was ich hasste. Ich kann mir bis heute
    nicht erklären, wieso sie damals eingewilligt hatten, woan-
    ders hinzuziehen. Das passte nicht zu ihrem sonstigen, rück-
    sichtlosen Verhalten.“
    Die letzte Feststellung war an Serafina gerichtet, die Ist-
    van mit einem Schulterzucken antwortete.
    „Wie lange wirst du bei uns bleiben?“, fragte ich Sera-
    fina.
    „Ich muss morgen schon aufbrechen. Ich kann doch die
    Nacht hier verbringen, oder?“, fragte sie Istvan.
    „Natürlich. Die Couch ist schon für dich reserviert.“
    Sein Tonfall änderte sich ein wenig, als er mit ihr sprach.
    Ich hatte es hier mit alten Freunden zu tun, das hörte man
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    sofort heraus. Es war merkwürdig, Istvan so mit einer ande-
    ren Frau sprechen zu hören. Aber nachdem ich ihren Um-
    gang miteinander etwas länger beobachtet hatte, fiel mir auf,
    dass es dabei weder verstohlene Blicke noch versehentliche
    Berührungen gab. Das beruhigte meine angespannten Ner-
    ven etwas.
    Istvan besorgte Laken und Decken, damit es sich Sera fina
    auf der Couch bequemer machen konnte. Als er das Bett-
    zeug holte, ging ich ihm hinterher, um ihn etwas

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