Wolfsflüstern (German Edition)
wir gerade im Zelt sein könnten und ein bisschen fi…?«
»Möchte jemand Kaffee?«, rief Tim, woraufhin die letzten in der näheren Umgebung verbliebenen Vögel ihren Kollegen nach Kanada folgten. »Ich geb einen aus.«
Niemand nahm sein Angebot an. Weil alle wussten, dass es kilometerweit kein Starbucks gab, oder weil es ihnen egal war, dass es sie nichts anging, da die Szene, die sich gerade vor ihren Augen abspielte, die aufregendste war, die sie seit Jahren erlebt hatten?
Man konnte ein Kind vom Spielplatz holen, aber niemals den Spielplatz aus dem Kind. Selbst Matt, der noch nie auf einem Spielplatz gewesen war, wusste das so sicher, wie er seinen eigenen Namen wusste.
Jeden einzelnen.
Sollte es zu einer Prügelei kommen, wollte niemand sie verpassen.
»Was wolltest du damit erreichen?«, fragte Gina. »Was hattest du davon, mir die Wahrheit zu verschweigen?«
»Ich … nun ja.« Matt holte tief Luft. Wieso nur hatte er es für eine brillante Idee gehalten, sich als jemand anderer auszugeben? Nun, da er entlarvt war, entpuppte sie sich exakt als die Dämlichkeit, die sie war. Lief das nicht immer so? Matt stieß hörbar den Atem aus. »Ich hatte nichts davon.«
»Nichts?« Ginas Stimme war trügerisch ruhig, unerträglich sanft. »Fast hättest du mich gehabt.«
»Nein, Gina, es ist nicht so, wie du denkst.«
»Du hast also nicht versucht, dich bei der Chefin einzuschmeicheln? Wolltest mich nicht ins Bett locken, mir das Gefühl geben, etwas Besonderes zu sein, und mich anschließend um einen klitzekleinen Gefallen bitten?«
»Nein.« Als sie die Stirn runzelte, preschte er hastig weiter, allerdings schnürte ihm die Beschämung so sehr die Kehle zu, dass es ihn verwunderte, wie er überhaupt einen Ton herausbrachte. »Ich wollte mich auf der Ranch umsehen. Herausfinden, ob sie … Herausfinden, ob du …« Ihr Gesichtsausdruck ließ ihn stocken.
»Du hast uns ausspioniert?«
»Nein. Na ja, doch. Aber nicht dich. Nur das Gelände.«
»Und was war das gerade?« Sie wedelte mit der Hand, um auf das hinzuweisen, was sich zwischen ihnen abgespielt hatte.
»Das war eine Sache zwischen dir und mir. Sie hatte nicht das Geringste mit meiner Arbeit zu tun.«
Eines der Pferde wieherte; mehrere andere stimmten ein, sodass es schien, als glaubte auch keines von ihnen Matt ein einziges Wort.
»Du hast weder meine Anrufe noch meine E-Mails oder Briefe beantwortet«, sagte er hastig. »Als ich hier ankam, hast du vor meinen Augen mein letztes Schreiben zerrissen. Was hätte ich denn tun sollen?«
»Eine andere Ranch zum Buddeln finden?«, schlug McCord liebenswürdig vor.
Matt beachtete ihn nicht, sondern fokussierte sich auf Gina. »Hör mir einfach nur zu, Gina. Lass mich dir erklären, warum diese Sache so wichtig ist.«
»Wichtig genug, um vorzutäuschen, dass du mich magst«, flüsterte sie. »Da muss es ja wirklich um Leben und Tod gehen.«
Matt runzelte verwirrt die Stirn. »Vorzutäuschen?«
»Ja«, fauchte sie. »Lügen, betrügen, so tun, als bedeutete ich dir etwas. Schon vergessen?«
»Ich sagte bereits, dass es so nicht war. So nicht ist.«
»Schon kapiert. Als ob ein Mann wie du …« Sie gestikulierte mit der Hand … in Richtung seines Kopfes? Seines Gesichtes? Matt war sich nicht sicher. »Sich je für ein Mädchen wie mich interessieren würde.«
»Wieso denn nicht?«
Sie lachte, doch es klang erstickt. Irgendwo warteten Tränen darauf, überlaufen zu dürfen, und Matt hasste sich selbst dafür. »Schwamm drüber«, sagte sie. »Erzähl einfach weiter. Sag mir, warum du das tun musstest. Was ist an meinem Land so verdammt wichtig für dich, dass du einfach nicht lockerlassen konntest?«
Irgendetwas passierte gerade, etwas, das Matt nicht verstand. Aber wenn er sie jetzt nicht überzeugen konnte, würde es ihm nicht nur niemals gelingen, die Arbeit seiner Mutter und auch seine eigene ins rechte Licht zu rücken, er würde auch niemals herausfinden, wovon zur Hölle Gina redete.
»Du hast doch nicht ernsthaft vor, diesen Kerl anzuhören, oder?« McCord wirkte ein wenig besorgt, und Matts Panik flaute ab.
Dies war der Weg zu seinem Ziel. Er wollte Gina alles erzählen. Zumindest fast alles. Den Zauberer sollte er besser weglassen. Dieses Detail brachte die Leute in der Regel ziemlich schnell dazu, nicht länger zuzuhören. Aber er konnte sie mit den Teilen der Theorie überzeugen, die nicht verrückt klangen. Er musste. Matt wünschte nur, er könnte es ohne Publikum tun.
Wenn er
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