Wolfsgesang - Handeland, L: Wolfsgesang
mich ermattet, atemlos und feuch t – überall.
Er hob den Kopf. Durch eine seltsame Täuschung des Mondlichts glitzerten seine Augen silbern statt golden. Sein Mund war nass und geschwollen. Ich fasste nach oben, um sein Gesicht zu berühren, und er zuckte zurück.
Langsam ließ ich die Hand sinken, während ich mich fragte, wie sein Leben gewesen sein musste, wenn eine kleine Geste wie diese ihn schon argwöhnisch machte. Aber obwohl wir gerade etwas geteilt hatten, das ich bisher nur mit zwei anderen erlebt hatte, konnte ich ihn nicht nach dem Grund fragen.
In der Nähe wurde eine Tür geöffnet und geschlossen. Stimmen, Musik, Lachen. Jemand verließ die Bar. Damien veränderte seine Position, um mich mit seinem Körper abzuschirmen, und das, obwohl uns aus diesem Blickwinkel und in diesem Licht niemand hätte sehen können.
Eine Autotür wurde zugeschlagen. Ein Motor ging an. Sekunden später war der Wagen verschwunden.
Wir beide atmeten schwer und harsc h – das Geräusch klang überlaut in der plötzlich stillen Nacht. Damien zog mir das Tanktop wieder auf die Schulter, und die Geste brachte mich zurück in die Realität.
„Lass mich runter.“
Er zögerte, und ich spannte mich an, bereit, ihn dazu zu zwingen. Doch er ließ meine Beine los, und meine Oberschenkel glitten an seinen nach unten, bis meine Füße auf den Boden trafen. Warum diese letzte Berührung intimer zu sein schien als all die anderen, wusste ich nicht. Aber ich spürte, dass ich errötete, während mir gleichzeitig übel wurde. Was hatte ich getan?
Der Wildheit nachgegeben, die ich in meinem Inneren verbarg. Eine Wildheit, die mir beim einzigen anderen Mal, als ich ihr nachgegeben hatte, nichts als Schmerz eingebracht hatte.
Das Aufflammen eines Streichholzes, flackerndes Licht, das seine Züge erhellte. Ich wollte ihn wieder küssen, ihn schmecken, die Vertiefungen unter seinen Wangenknochen mit den Fingerspitzen nachzeichnen.
Er schaute mich an, während er sich seine nächste Zigarette ansteckte. Der Rauch entwich aus seinem Mund, als er sprach. „Ich habe den ganzen Tag nur an dich gedacht. Du bist eigentlich gar nicht mein Typ, aber vielleicht finde ich dich gerade deshalb so anziehend.“
Ich sah weg. Gott, er erinnerte mich a n –
Plötzlich stand Damien direkt neben mir, ohne dass ich auch nur mitbekommen hätte, wie er sich bewegte. „Wenn ich dich berühre, hinterlasse ich dann einen Abdruck, einen Fleck, irgendeinen Makel auf dir?“
Sein langer, geschmeidiger Finger strich meinen Arm hinunter. Ich hob meinen Blick zu seinem.
„Ich kann nichts sehen“, flüsterte er. „Außer dir.“
Einen Moment lang war ich verzaubert von seinen Worten, gefesselt von seinem Duft, seiner Hitze und Stärke. Dann hörte ich alles, was er gesagt hatte, und ich begann mich zu frage n …
„Was hast du getan?“
Etwas flackerte in seinen Augen auf, aber es war zu schnell, als dass ich erkennen konnte, ob es eine Lüge oder die Wahrheit war.
„Nichts, was ich nicht wieder tun werde.“ Damit ließ er mich stehen.
Das Einzige, was zurückblieb, war der Geruch von Tabak und das Echo seiner Berührung. Trotz meines Verdachts, dass er mehr sein könnte, als er zu sein schien, verlockte mich beide s – mehr als mich irgendetwas je zuvor verlockt hatte.
13
Jessie erwartete von mir, dass ich in die Bar marschierte und mich mit den Einheimischen unterhielt. Aber das ging nicht.
Ich konnte nicht auf einem Barhocker sitzen und so tun, als ob ich Damien nicht mit in mein Zimmer nehmen und zu Ende bringen wollte, was wir begonnen hatten.
Was stimmte bloß nicht mit mir? Ich hatte geglaubt, von meinem Drang, das Verbotene zu vögeln, geheilt zu sein.
„War wohl ein Trugschluss“, murmelte ich.
Aber wie sollte es mir auch besser gehen, nachdem die Wahnvorstellung, die mich meinen Verstand gekostet hatte, überhaupt keine Wahnvorstellung, sondern die Wahrheit war?
Das Einzige, das mir das Gefühl gab, geistig gesund zu sein, war, die Bestien zu töten, die mein Leben ruiniert hatten. Edward war derjenige, der mir diesen Weg aufgezeigt hatte, und nicht irgendein Seelenklempner.
Vielleicht würde es mir auch jetzt helfen, das zu tun, was ich am besten konnte. Vielleicht würde es mich den Geschmack von Damiens Mund und die Berührung seiner Haut an meiner vergessen lassen, wenn ich ein paar in Wolfskörpern steckende böse Seelen zur Strecke brächte. Vielleich t – aber ich bezweifelte es.
Ich hatte schon genügend
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