Wolfsglut - Handeland, L: Wolfsglut
Faust lösen können.
„Ich wollte irgendetwas tun“, sprach er nun weiter. „Also habe ich Lydia angerufen, aber sie war nicht da.“
„Offensichtlich.“
Nic stellte die Dusche ab und zog den Vorhang zurück. Jedes weitere Wort, das ich vielleicht noch hatte sagen wollen, erstarb mir beim Anblick seines wasserüberströmten Körpers auf den Lippen.
Seine Muskeln wirkten größer, glatt und wie poliert, die Locken auf seiner Brust, seinen Beinen und Genitalien waren dunkler geworden. Mit seinem glatt nach hinten gestrichenen Haar sah er jünger aus, wieder wie der Junge, an den ich mich erinnerte und den ich so vollständig begehrt hatte. Ich wollte ihn noch mal. Zum Teufel, ich wollte ihn überall spüren.
Nic schnappte sich ein Handtuch und fing an, sich abzutrocknen, was mich nur noch mehr erregte. Ich drehte mich weg, griff nach meiner Zahnbürste, doch wollte mir einfach nicht einfallen, was ich damit tun sollte.
„Wir sollten langsam aufbrechen.“ Nic reichte mir die Zahnpasta. „Die Sonne ist aufgegangen. Wir müssen den Tag nutzen.“
Ichnickte,dannstiegichmitsamtderZahnbürsteindieDusche.DievertrauteAtmosphär e – dasBad,dieDusche,dieZahnpastazuteile n – wargleichermaßenbeunruhigendwietröstlich.Waswürdeichmehrvermissen?DiekörperlicheIntimitätoderdasTeilenvonallemandere?DieTatsache,dassichmichnichtentscheidenkonnte,machtemichnervöseralsdieFrageselbst.
Eine halbe Stunde später schlenderten Nic und ich die Midtown Road entlang. Wir statteten der Polizeiwache einen Besuch a b – kein Basi l – , dann gingen wir zur Arztpraxis.
Die Tür war unverschlossen. Nic trat als Erster ein. Ich folgte ihm auf den Fersen, deshalb roch ich es sofort.
Frisches Blut .
Ich stieß Nic zu Boden, dann sprang ich praktisch über seinen Rücken hinweg.
„Was zur Hölle soll das, Elise?“
„Bleib unten“, rief ich, als im selben Moment die Hintertür aufflog und jemand ins Freie stürzte.
Ich nahm die Verfolgung auf und registrierte im Vorbeilaufen einen toten Dr. Watchry. Einen Schritt nach draußen, und ein Ziegelstein landete auf meinem Kopf.
Oder zumindest fühlte es sich so an. Ich fiel auf die Knie, dann aufs Gesicht. Als ich schließlich hochsah, war der Angreifer weg, und Nic stand neben mir.
„Mensch oder Werwolf?“, fragte er.
„Es ist Tag.“
„Was nichts weiter bedeutet, als dass er zu diesem Zeitpunkt ein Mensch ist.“
Er machte Fortschritte. Um einen Werwolf in Menschengestalt zu enttarnen, musste ich ihn berühren, aber der Flüchtende hatte mir nicht die Chance gegeben, ihn anzufassen. Ich konnte nicht klar denken. Der Ziegelstein musste schuld daran sein.
Nic half mir dabei, mich aufzusetzen, dann berührte er die Beule an meinem Hinterkopf und murmelte: „Entschuldigung“, als ich zusammenzuckte.
„Mann oder Frau?“ Er zog mich auf die Füße, und ich schwankte.
„Keine Ahnung.“ Ich legte die Finger auf den pochenden Schmerz, und als ich sie wieder wegnahm, waren sie voller Blut.
„Wir sollten das vermutlich nähen lassen“, schlug er vor.
„Von wem? Der verdammte Doktor ist tot.“
Was mich wirklich sauer machte. Ich hatte Dr. Watchry gemocht. Er hatte mich „liebes Mädchen“ genannt.
„Falls er keinen Silberziegel nach mir geworfen hat, wird die Wunde ohne Hilfe verheilen.“
Nic hob einen faustgroßen Stein auf, der neben dem Haus lag, dann sagte er achselzuckend: „Du bist in Sicherheit.“
„Na großartig.“
„Komm nach drinnen. Wir sollten im Moment nicht hier draußen rumstehen.“
„Falls er meinen Tod wollte, hätte er mit einer Silberkugel auf mich geschossen.“
Was bedeutete, dass dieser Angreifer und der in Montana nicht ein und derselbe waren. Hurra.
„Er“, wiederholte Nic. „Ich dachte, du hättest niemanden gesehen.“
„Er, sie, es. Was auch immer. Lass uns reingehen.“
„Da versucht man, nett zu jemandem sein, und schon reißt er einem den Kopf ab“, murmelte er.
„Pass auf, sonst tue ich es wirklich.“
Überraschenderweise lachte Nic. Gewöhnte er sich daran, was ich war? Wie könnte er, wenn ich selbst es nicht fertigbrachte?
Er zog mich in die Praxis, knallte die Tür zu und schloss sie ab. Ich ließ mich auf einen Stuhl neben dem Untersuchungstisch sinken.
„Bist du okay?“
Ich nickte, was ich sofort bereute, während mir ein grauenhafter Schmerz in den Kopf schoss.
„Dann werde ich ihn mir mal ansehen.“ Nic kniete sich neben den Arzt, suchte nach einem Puls, dann seufzte er.
„Wie ist er
Weitere Kostenlose Bücher