Wolfsherz
und streckte die Hand aus. Sie ergriff sie, schüttelte sie flüchtig und bestätigte seine Frage mit einem Nicken, blickte dabei aber nervös in Rebeccas Richtung.
»Und Sie sind... ?«
»Riedberg«, antwortete Robert. »Robert Riedberg.« Er deutete flüchtig auf Stefan, stellte ihn noch flüchtiger vor und fuhr dann fort: »Frau Mewes ist meine Schwester.«
»Ich weiß«, antwortete Frau Halberstein. »Mein Amtsleiter hat mich bereits informiert.« Sie zog sich einen Stuhl heran, setzte sich und wartete, bis auch Robert und Stefan wieder Platz genommen hatten. »Darf ich fragen, was der Sinn dieses Treffens ist? Ich habe wirklich nicht viel Zeit.«
»Ich will auch nicht mehr davon in Anspruch nehmen, als unbedingt nötig ist«, versicherte Robert. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«
Sie machte eine ablehnende Geste, und Robert fuhr mit einem bedauernden Achselzucken fort;
»Meine Schwester hat mir von Ihrem ... Gespräch heute morgen berichtet, Frau Halberstein. Ich fürchte, es ist dabei vielleicht zu ein paar kleinen Mißverständnissen gekommen.«
»Ja«, bestätigte sie. Sie warf Becci einen raschen Blick zu, der aber eher verwirrt als verärgert wirkte und drehte sich dann wieder zu Robert um. »Aber wenn Sie fürchten, daß das irgendeinen Einfluß auf meine Entscheidung hat, kann ich Sie beruhigen. Ich bin es gewohnt, mit Menschen zu reden, die unter emotionalem Streß stehen.«
»Das freut mich zu hören«, antwortete Robert. »Trotzdem ist es mir wichtig, ein paar Punkte zu klären, Frau Halberstein. Ich habe das ganze zwar bereits mit ihrem Amtsleiter besprochen, aber ich würde Ihnen die Situation gerne auch selbst noch einmal erläutern. Sie wissen, daß meine Schwester und mein Schwager Journalisten sind?«
Die Frau vom Jugendamt nickte. Sie sagte nichts, aber plötzlich wirkte sie sehr aufmerksam und ein wenig angespannt. Stefan fragte sich, worauf Robert hinauswollte. Auch er war überrascht - und ein wenig beunruhigt, und er konnte sich gut vorstellen, was in den Sekundenbruchteilen, bevor sein Schwager weitersprach, hinter der Stirn der jungen Beamtin vor sich ging. Vermutlich das gleiche wie hinter seiner eigenen. Robert konnte unmöglich so naiv sein, zu versuchen, sie zu erpressen. Wenigstens hoffte er, daß er das nicht war. Stefan hatte genug Erfahrung im Umgang mit Behörden, um zu wissen, daß solche Schüsse meistens nach hinten losgingen; wenn auch manchmal erst mit einiger Verspätung.
»Das ist mir bekannt«, sagte sie nach einigen Sekunden. »Aber was -«
»Was Ihnen aber wahrscheinlich nicht bekannt ist«, unterbrach sie Robert mit einem um Verzeihung bittenden, aber vermutlich ganz bewußt unechten Lächeln, »ist die Tatsache, daß meine Schwester und ihr Mann in einer...« er bewegte scheinbar unsicher die Hände, »sagen wir, etwas delikaten Mission in Bosnien waren.«
Frau Halberstein wirkte noch gespannter, aber immer noch kein bißchen beunruhigt. Stefan war es dafür um so mehr. Er fragte sich, worauf um alles in der Welt sein Schwager eigentlich hinauswollte.
»Was genau meinen Sie damit?« fragte Halberstein.
»Genau das ist der Punkt«, sagte Robert. »Ich kann es Ihnen nicht erklären. Nur so viel: Ihr Vorgesetzter wird meine Worte bestätigen, sobald Sie wieder zurück im Amt sind. Wenn bekannt würde, daß meine Schwester und ihr Mann sich in diesem Gebiet aufgehalten haben, könnte das unter Umständen zu diplomatischen Verwicklungen zwischen der bosnischen Regierung und unserer führen.«
Stefan mußte sich mit aller Macht beherrschen, damit man ihm seine Überraschung nicht zu deutlich anmerkte. Was er nicht unterdrücken konnte, das war ein erschrockener und zugleich vorwurfsvoller Blick in Rebeccas Richtung. Sie tat so, als ob sie ihn nicht bemerkt hätte, aber allein diese Reaktion machte ihm klar, daß er mit seiner Vermutung ins Schwarze getroffen hatte: Sie hatte ihm alles erzählt.
»Ich verstehe nicht genau, was das mit -«, begann Frau Halberstein, wurde aber schon wieder von Robert unterbrochen:
»Darauf komme ich jetzt«, sagte er. »Soweit ich weiß, liegt bisher noch keine offizielle Reaktion der bosnischen Regierung vor, ist das richtig? Ich meine, niemand hat das Kind als vermißt gemeldet, oder es gar zurückverlangt?«
»Das stimmt«, antwortete die Frau. »Aber was...«
»Sehen Sie«, fiel ihr Robert ins Wort.
Stefan war jetzt sicher, daß dies weder Unhöflichkeit noch Gedankenlosigkeit war. Er kannte seinen Schwager gut
Weitere Kostenlose Bücher