Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska
Schwerfällig befreit er sich von seinem Rucksack und stemmt sich hoch auf die Beine. Er legt ihr eine Hand in den Nacken und zieht sie an sich.
„Wir haben’s geschafft, Baby.“ Er bemerkt, dass sie vor Kälte schlottert und ergreift ihre Hand. „Komm.“
Sie gehen zur Hütte und bleiben vor der Tür stehen. Sie ist schwer verriegelt.
„Wie bekommen wir das Schloss auf“, fragt Lucy beinahe weinerlich.
„Hiermit.“ Lucius hat seine Jacke leicht geöffnet und zieht sich das Lederband mit dem Schlüssel über den Kopf.
Das Schloss ist verrostet und lässt sich schwer öffnen. Doch schließlich gelingt es ihm. Er entriegelt die Tür und drückt sie auf, woraufhin diese eine gähnende Schwärze freigibt.
Lucius wirft Lucy einen aufgewühlten Blick zu. Sie spürt förmlich seine Abneigung, die Hütte zu betreten. Aber er überwindet sich und tut es doch. Zögerlich leuchtet er das Innere mit der Stirnlampe aus und blickt sich um. Lucy folgt ihm. Sie stehen in einem großen Raum. Lucy kann kaum etwas erkennen. Staubteilchen tanzen im Lichtschein der Lampe. Die Luft ist abgestanden und riecht nach aufgewirbeltem Staub. Lucy entdeckt einen Stuhl und lässt sich einfach auf diesem nieder. Ihr ist die dicke Staubschicht völlig gleich, die ihn überzieht. Es weht kein schneidender Wind mehr, es schneit ihr nicht mehr ins Gesicht. Es fühlt sich gut an. Kraftlos beugt sie sich über die Stuhllehne und schläft sofort ein.
Die einsame Hütte
Lucy erwacht nur langsam. Zuerst nimmt sie einen staubigen Geruch wahr. Er kommt ihr bekannt vor. Dann spürt sie die Kälte auf ihrem Gesicht und öffnet die Augen. Die Umgebung ist in Halbdunkel getaucht und ihr völlig fremd. Sie stützt sich irritiert auf den Ellenbogen hoch. Daraufhin erblickt sie Lucius an ihrer Seite liegen. Er atmet ganz ruhig und scheint noch tief zu schlafen. Seine dunklen Haare sind zerwühlt und ihr kommt sein Gesicht schmaler vor. Sie streicht ihm mit einem versonnenen Lächeln zaghaft übers Haar und dann über die dunklen Stoppeln seines Dreitagebartes. Ihr Blick gleitet wieder über den schwach erhellten Raum. Sie liegen erhöht.
Lucy schält sich aus ihrem Daunenschlafsack heraus. Bis auf ihre Schuhe und Jacke ist sie noch komplett bekleidet. Ihr Atem hinterlässt weiße Nebelwölkchen vor Mund und Nase. Sie steigt vorsichtig über Lucius hinweg und gelangt über eine senkrechte Leiter nach unten. Als sie in ihre Schuhe schlüpft, bemerkt sie schmerzhafte große Blasen an ihren Füßen.
Die Hütte scheint aus einem einzigen großen Raum mit rechteckigem Grundriss zu bestehen. Ihr Schlafplatz befindet sich gegenüber der Tür, direkt am Schornstein im hinteren Teil des Raumes. Sie realisiert, dass sie auf einem hohen Lehmofen geschlafen haben, der nach vorne hin abgestuft ist und dort eine große verrostete gusseiserne Platte als Kochstelle trägt. Darüber hängen Eisenpfannen und Töpfe von einer groben Holzbohle herab. Links neben dem Ofen befindet sich der Schornstein, welcher unten in einem Kamin endet. Vor diesem steht an einer Längsseite der Hütte ein langer Tisch mit drei Stühlen. An der Wand darüber sind zwei große übereinander hängende Bretter mit Geschirr, Schüsseln und anderen Gegenständen befestigt. Die Wände unmittelbar um ihren Schlafplatz herum sind fensterlos und mit einer Holztruhe voller Leder- und Stoffresten sowie zwei großen Holzregalen verstellt. Letztere beinhalten unter anderem alte getrocknete Kräuter, diverse Werkzeuge, Äxte, Fallen, Stricke, Schneeschuhe, einen Eisbohrer. Es ist, als hätte man die Hütte überstürzt verlassen und nichts von diesen wertvollen Gebrauchsgegenständen mitgenommen. Lucy wendet sich um. In die Wände der beiden Längsseiten sind insgesamt drei Fenster eingelassen, durch Holzläden verschlossen. Die Wand mit der Tür besitzt ebenfalls ein Fenster, vor welchem Lucius noch die Holzläden zurückgeschlagen hatte. Momentan ist dieses die einzige spärliche Lichtquelle und verrät dennoch die dicke Staubschicht, welche alles mit Grau überzieht. Auch müssen kleinere Tiere von Zeit zu Zeit Unterschlupf gefunden haben, nach ihren verstreuten Kotperzeln zu urteilen. Außer ihnen scheint seit langem kein Bewohner mehr hier gewesen zu sein.
Lucy geht zum reifüberzogenen Fenster und haucht ein Guckloch in die Eissterne. Die Landschaft draußen ist tief verschneit. Vereinzelt fallen noch feine Flocken von einem grau verhangenen Himmel herab. Etwas unterhalb der Hütte erblickt sie
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