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Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska

Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska

Titel: Wolfsherzen - Eine Liebe in Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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hast du gesagt.“
    „Hm.“
    „Mit acht Jahren allein im Busch?“
    „Kinder werden hier draußen schneller erwachsen, Lucy. Ich wusste ja, wie man im Wald überlebt. Und nachts bin ich oft zurückgekommen, um zu schlafen oder was Essbares aufzutreiben. Doch selbst das ging dann nicht mehr.“ Er streicht sich über die Stirn. „Es war im Winter. Er hatte mich grün und blau geschlagen und ich irrte bei jämmerlicher Kälte draußen umher. Irgendwann fiel ich vor Erschöpfung einfach um. Es war in der Nähe von der Gwich‘in-Siedlung. Ein älterer Junge fand mich und brachte mich irgendwie zu ihnen. Tja, und ich blieb dort. Anouks Eltern hatten keinen Sohn und nahmen mich auf.“
    Er spricht ihren Namen ganz anders als sie aus. Mit fremdem Akzent und irgendwie vertraut, wie schon tausendmal ausgesprochen. „Und weiter?“
    „Was weiter?“
    „Wann entdecktet ihr eure Liebe?“
    Lucius lacht. „Eigentlich war ich von Anfang an in sie verknallt. Dann später hat’s wirklich gefunkt. Sie war fünfzehn und ich zwei Jahre älter.“
    „Was haben ihre Eltern gesagt?“
    „Denen hat das gar nicht gefallen. Sie hätten sie gern mit jemand anderem gesehen.“
    „Jemandem aus dem Stamm?“
    „Ja. … Ich hab‘ uns dann diese Hütte hier gebaut und sie einfach hergeholt.“
    „DU hast die Hütte gebaut?“ Sie ist überrascht.
    „Ja.“ Er beugt sich über sie, streicht ihr das Haar aus der Stirn und küsst sie. „Und jetzt Schluss, Lucy“, raunt er.
    „Was ist geschehen“, beharrt sie. Sie muss es wissen. Der Traum lässt sie nicht los.
    „Etwas, das mich noch bis heute in meinen Träumen verfolgt und worüber ich jetzt nicht sprechen will.“ Er blickt sie eindringlich an.
    „Warum verfolgt es mich dann auch in MEINEN Träumen, Lucius?“ Sie nimmt sein nachdenkliches Gesicht zwischen die Hände. „Warum? Wie kann das nur sein?“ Doch er schüttelt nur ratlos den Kopf. „Etwas Schlimmeres habe ich noch nie geträumt. Erst glaubte ich, es wäre mein Spiegelbild. Doch sie hatte dunkle Augen. Und dann rann Blut daraus hervor, Lucius. Und aus ihrem Mund, aus ihrer Nase. Es rann auf ein Kind, das sie im Arm hielt.“
    Er atmet heftig, starrt sie an. Mit einem Ruck fährt er hoch, kniet sich neben sie und versucht, sich zu fassen. „Lucy“, haucht er zutiefst bestürzt. Dann blickt er sie an. Seine Augen lassen sie eine tiefe Trauer spüren. So tief, dass es ihr den Atem raubt. Er setzt plötzlich über sie hinweg und springt den Ofen hinunter. Sie vernimmt, wie er barfuß auf dem Dielenboden aufkommt und dann schnellen Schrittes aus der Tür hinaus ins Freie geht. Als sie sich aufrichtet, sieht sie ihn draußen im Mondlicht vorm Eingang stehen. Er atmet hörbar durch, bevor er weiter geht und sich von der Hütte entfernt.
    Lucius. Was trägst du da nur mit dir herum? Du hast es noch nie einer Menschenseele anvertraut. Aber warum? Trägst du Schuld an ihrem Tod? Sie fährt sich aufgelöst mit beiden Händen übers Gesicht und streicht sich die Haarflut eng nach hinten an den Kopf, stützt die Ellenbogen auf die angewinkelten Knie. „Es hat dich das zweite Mal zum Krüppel gemacht. Du bist ein Krüppel, so wie ich“, murmelt sie. Du bist überhaupt in vielem, wie ich. Wir träumen sogar dieselben Träume.
    Sie erhebt sich aufgewühlt und steigt über die Leiter vom Ofen herab. Als sie dann langsam auf das Fenster neben der Tür zugeht, sieht sie Lucius draußen mit dem Rücken zu ihr im Schnee stehen und auf den zugefrorenen See blicken. Sie schließt die Tür, trinkt etwas von dem warmen Wasser auf der Ofenplatte und klettert wieder ins Bett. Es dauert nicht lange, und sie hört ihn wieder herein kommen. Er geht zum Ofen und legt Holz nach, bevor er die Leiter zu ihr hochsteigt.
    Er legt sich durchatmend neben sie. „Sag‘ nichts mehr, Lucy!“
    Nein. Das hat sie auch nicht vor. Er ist viel zu aufgewühlt. Irgendwann wird er soweit sein, und es ihr von selbst erzählen. Sie schmiegt sich an ihn, legt den Kopf auf seine Brust.
    Er nimmt den Arm um sie herum und zieht sie an sich, den Blick gedankenversunken gegen die Decke gerichtet. Dann küsst er ihr die Stirn und schließt die Augen.
    Sie hebt den Kopf und lässt ihren Mund auf seine Lippen wandern. „Lucius“, haucht sie.
    „Mir ist nicht mehr danach“, raunt er und blinzelt sie müde an. Lucys Augen leuchten herausgefordert auf.
    Sie beißt ihm auffordernd in die Unterlippe, lässt ihn nicht aus den Augen. Ganz langsam lässt sie ihre Hand

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