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Wolfsinstinkt

Wolfsinstinkt

Titel: Wolfsinstinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Seidel
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bedrohlichem Grollen auf ihn zu. Noch immer zögerte er. Er hatte einmal die Kraft gehabt, sich vom Alkohol zu lösen. Würde er sie wieder haben? Über die Trommeln hinweg hörte er einen Wolf heulen, doch als er sich umsah, bemerkte er, dass er wohl der Einzige war, der das warnende Geräusch vernommen hatte. Allerdings bemerkte er auch, dass Matoskah ihn auffordernd ansah. Ricky kniff die Augen zu und trank.
    Kaum hatte er die Flüssigkeit geschluckt, hustete er überrascht. Er hatte ja mit vielem gerechnet, mit dem indianischen Äquivalent zu Tequila, doch mit etwas, das wie starker Met schmeckte, ganz sicher nicht. Der Alkohol hinterließ einen verwirrend süßen Geschmack in seinem Mund und brannte in seinem Magen. Das musste reichen, er musste sich beherrschen! Allein dieser eine Schluck war schon zu viel gewesen! Die schwarze Wolke fegte rasch näher, bereit, ihn zu verschlingen. Er wollte dieser Versuchung, sich den Verstand zu vernebeln, nicht nachgeben. Er durfte ihm nicht nachgeben! Sein Wille war doch stärker als der des Dämons in dem Tonkrug …
    Ricky hob den Krug erneut an und stürzte den Schnaps gierig hinunter. In seinem Kopf begann es, angenehm zu summen und die Stimme der Vernunft wurde leiser und leiser, bis er sie nicht mehr hörte. Wie hatte er das vermisst! Gerade wollte er neu ansetzen, da spürte er eine Hand, die seinen Arm hart nach unten drückte. Matoskah musterte ihn stirnrunzelnd.
    „Du musst den Germ weitergeben“, klärte Tala ihn auf und nahm ihm den Krug ab.
    Mit einem Anflug von Wehmut schaute Ricky dem Gefäß hinterher. Wie es schien, machte das Getränk die Runde. So sehr Ricky sich auch bemühte, sich statt auf den Schnaps auf die Menschen um sich herum oder den Klang der Musik zu konzentrieren, konnte er nicht verhindern, dass er ungeduldig darauf wartete, bis er wieder bei ihm ankam.
    War es zuvor ein relativ kleiner Schluck gewesen, den er genommen hatte, setzte er den Krug nun nicht mehr ab, bis ihm die Luft ausging. Die Realität um ihn herum begann zu verschwimmen, die Wärme des Feuers, die verwirrenden Gerüchte, die wilden Trommeln und der dumpfe Singsang der Indianer, der inzwischen eingesetzt hatte, taten ihr Übriges, um seinen Verstand zu vernebeln. Ein neuer Krug wurde geöffnet. Matoskah holte mit einem kleinen Messer geschickt einen Wachspfropfen aus dem Hals des Krugs und reichte das Gefäß für eine neue Runde weiter. Ricky hatte für nichts anderes mehr Platz in seinem Denken. Die Gier nach dem Alkohol schlug über ihm zusammen wie eine Flutwelle und riss ihn mit der gleichen Macht mit sich. Er konnte ihr nichts mehr entgegensetzen. Egal, welche Vorsätze er gehabt hatte, sie waren verschwunden. Der Alkohol tat seine Wirkung in seinem Blut, bis er seinem Nebenmann den Krug beinahe aus den Händen riss, nur um noch schneller an die berauschende Flüssigkeit zu kommen. Die Hitze in seinem Inneren überlagerte die des Feuers vor ihm, in seinem Kopf waberte roter Nebel und reduzierte ihn einzig auf die Sucht nach dem süßen Schnaps. Ricky wusste bald nicht mehr, wo oder wer er war, und gnädige Schwärze umfing ihn.
    Als er wieder zu sich kam, befand er sich in der Hütte auf dem Fellstapel, der als Bett diente. Matoskah widmete sich der kleinen Feuerstelle in der Mitte. Stöhnend setzte er sich auf und holte zittrig Luft. Gott, war ihm übel! Der Boden, auf dem er lag, schwankte, und Ricky schlug sich die Hand vor den Mund. Was war passiert? Warum fühlte er sich wie zerkaut und ausgekotzt, und warum dröhnte sein Schädel, als würde er mit einem Vorschlaghammer bearbeitet?
    „Was war denn mit dir los?“, hörte er Talas Stimme direkt neben seinem Ohr und wandte sich ächzend zu ihm um.
    „Es tut mir leid“, sagte er weinerlich und merkte dabei, wie schwer seine Zunge noch immer war. „Ich wollte das nicht. Ich ...“
    „Lass ihn in Ruhe“, flüsterte Matoskah. „Seine Dämonen haben ihn noch immer in ihren Klauen.“
    Ricky war zum Kotzen und Heulen gleichzeitig zumute, und zu allem Überfluss merkte er, dass tatsächlich heiße Tränen über seine Wangen rollten. Talas Frage war berechtigt. Was zum Geier war denn nur in ihn gefahren?
    „Ich hatte mich so gut im Griff!“ Ricky wusste, dass jammern ihn jetzt nicht weiterbrachte, aber er konnte nicht anders. „Ich hab auf alles verzichtet, in dem auch nur annähernd Alkohol sein könnte. Und jetzt ... Ich schäme mich so sehr!“
    „Leg dich hin und schlaf dich aus“, murmelte Matoskah,

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