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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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auf?
    Vielleicht nicht. Aber man verändert sich. Wenn Jerry auf seine Jugendzeit zurückblickte, konnte er kaum begreifen, was das für ein Mensch war, der in Wochenendhäuser eingebrochen war und wie ein Räuber gelebt hatte. Es war ein unsympathischer Charakter in einem schlechten, fast vergessenen Film.
    Als er auf der Kellertreppe seines Elternhauses gesessen und gesehen hatte, wie die Überreste seiner Eltern auf dem Boden zerstreut herumlagen, hatte er die Schwelle überschritten. Nein. Es war kurz danach gewesen. Als er sich entschieden hatte, ihre Mörderin zu schützen und sich um sie zu kümmern. Er hätte sich anders entscheiden können. Aber in jenem gedrängten Augenblick hatte er einen Schritt in eine unerwartete Richtung getan und einen neuen Weg eingeschlagen. Seitdem war er diesem Weg gefolgt, und er hatte ihn immer weiter von seinem früheren Ich weggeführt. Es war nur noch eine unscharfe, weit entfernte Gestalt, die bald schon Ansichtskarten schicken musste, um ihm noch etwas mitteilen zu können.
    3
    Zwei Monate bevor Max Hansen sich hinsetzte und sein Schreiben an Theres verfasste, hatte sie einen Brief von TV4 bekommen, in dem man zur Qualifikation gratulierte und die Kandidaten bat, sich fünf Stunden vor Beginn der Aufnahme zwecks Tonprobe und Maske im Studio 2 in Hammarbyhamnen einzustellen. Darüber hinaus lag ein neuer Vertrag bei, in dem sie zustimmte, sämtliche Rechte auf alles abzugeben.
    Jerry konnte nicht begreifen, welcher idiotische Impuls ihn dazu gebracht hatte, diesen Stein ins Rollen zu bringen. Der Brief und der Vertrag sagten ihm, dass er keine Kontrolle mehr hatte, dass er und Theres in der Maschinerie von TV4 gefangen waren. Sie brachten keine Steine mehr ins Rollen, der Stein rollte jetzt mit ihnen.
    Vielleicht hätte er die Papiere vergessen und alles ignorieren können, wenn Theres nicht gewusst hätte, dass sie kommen würden. In der Endausscheidung war ihr alles von einem Mädchen erklärt worden, die es im Vorjahr geschafft hatte und erst kurz vor dem Ziel gescheitert war. Theres wusste, was Sache war, und kannte das Datum schon, bevor die Papiere sie erreichten. Da war nichts zu machen.
    Und außerdem war es ja dasselbe wie bei den Ausscheidungen. Ganz gleich, wie viel Angst Jerry vor der ganzen Geschichte hatte, so war er doch auch neugierig, wie es wohl weitergehen würde. Der Stein. Etwas war in Bewegung gesetzt worden und musste seine Bewegung vollenden.
    Sie studierten »Life on Mars?« ein, und als der Tag für die Aufnahmen gekommen war, gab Jerry Theres genaueste Instruktionen. Der Zwischenfall im Supermarkt spukte in seinem Kopf herum, und Jerry bemühte sich bis an die Grenzen seiner Geduld, Theres immer und immer wieder zu erklären, dass sie niemals, was immer auch passieren mochte, die Großen verletzen dürfe.
    »Wenn sie mich tot machen wollen?«
    »Das werden sie nicht tun. Das kann ich dir versprechen.«
    »Aber wenn sie es wollen?«
    »Das werden sie nicht. Sie werden dir überhaupt nicht wehtun.«
    »Aber sie wollen. Sie wollen immer.«
    Und so weiter, und so weiter. Es näherte sich der Zeitpunkt, an dem sie aufbrechen mussten, und Jerry war sich nicht sicher, ob er weitergekommen war. Er griff zu dem letzten Argument, das ihm einfiel: »Okay. Vergiss das alles. Aber eines sage ich dir. Ich werde sehr, sehr wütend sein, wenn du etwas anstellst. Wütend und traurig.«
    »Warum?«
    »Weil … weil man nichts als einen verdammten Haufen Probleme davon bekommt.«
    Theres schwieg für eine Weile. Dann sagte sie: »Du willst die Großen beschützen.«
    »Wenn du so denken möchtest, dann bitteschön. Aber eigentlich möchte ich nur dich beschützen. Und mich.«
    Jerry musste eine Weile jammern, bis auch er eine Zugangskarte für die TV4-Studios bekam, aber es war ja schließlich kein unbekanntes Phänomen, dass die Idol -Kandidaten jemanden zur Unterstützung dabeihaben wollten. Er versprach, dass er sich im Hintergrund halten und die Vorbereitungen für die Aufnahmen nicht stören würde.
    Er saß direkt an der Bühnenkante, als Theres das Mikrofon testete und zu dem Playbackband sang, das für sie produziert worden war. Wie immer bekam er von ihrer Stimme eine Gänsehaut, und jegliche Aktivität im Studio schien während der gut drei Minuten, die das Lied dauerte, zum Erliegen zu kommen.
    Anschließend bekam Theres Anweisungen, wie sie sich in Bezug auf die Kameras zu bewegen hatte, und Jerry kaute an den Fingernägeln, als er beobachtete, wie

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