Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Tora, nehme ich an?«
Tora schaute auf seine ausgestreckte Hand, ohne sie zu ergreifen, und der größte Teil seiner Strategie lag damit jetzt schon in Scherben. Er zog die Hand zurück und ließ die Bewegung in eine Geste übergehen, die ins Zimmer hineindeutete, und sagte: »Komm rein.«
Das andere Mädchen machte einen Schritt nach vorn, und Max legte die Hand gegen den Türpfosten und blockierte ihr den Weg.
»Jetzt mal langsam«, sagte er. »Du bist nicht Tora, oder?« Das Mädchen schüttelte den Kopf. »Nein. Was glaubst du dann, was du hier zu suchen hast?«
»Ich komme mit.«
»Tut mir leid, aber hier geht es um Vertragsangelegenheiten. Es handelt sich also um ein Gespräch zwischen zwei Parteien. Keine Außenstehenden. So läuft das.«
Sein autoritärer Ton hinterließ einen gewissen Eindruck. Das Mädchen schaute zu Tora hinüber, als suchte sie Unterstützung, und Tora sagte: »Teresa wird dabei sein.«
Max beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Ohne weitere Umstände verkündete er: »Sorry, dann gibt es nichts, was wir hier besprechen könnten«, und schloss die Tür. Mit klopfendem Herzen blieb er stehen, wo er war. Die Türen waren gründlich schallisoliert, und er konnte nicht hören, was die Mädchen miteinander besprachen. Er hatte nicht vor, das Ohr gegen die Tür zu legen. Er drückte beide Daumen.
Nach vielleicht einer halben Minute klopfte es erneut an der Tür. Max atmete aus, wartete zehn hastige Herzschläge ab und öffnete die Tür, während er sich ein verärgertes »Ja?« abrang.
Jetzt stand Tora vor ihm. Das andere Mädchen saß direkt gegenüber der Tür auf dem Fußboden. »Teresa wartet«, sagte Tora und trat ins Zimmer, während das andere Mädchen Max anglotzte, der seine Brieftasche zog und ihr einen Fünfziger reichte.
»Hier, setz dich in die Rezeption und trink eine Limo oder so was. Tut mir leid, aber so läuft das in dieser Branche.« Das andere Mädchen nahm den Schein entgegen, rührte sich aber nicht von der Stelle. Max zog die dichte, schwere Tür hinter sich zu, als würde er einen Tresorraum schließen. Die erste Etappe war geschafft.
Tora stand mit hängenden Armen mitten im Zimmer. Sie schaute auf die Kamera, aber als Max schon ansetzte, seine frisierte Erklärung zum Besten zu geben, war ihr Blick schon zur Champagnerflasche weitergewandert. Max verstand es als dezenten Hinweis und sagte: »Ein bisschen Blubberwasser müssen wir uns wohl genehmigen. Zur Feier des Tages, eh?«
Tora beobachtete, wie er die zwei Gläser füllte. Als er ihr eines davon überreichte, rutschte es ihm fast aus der schweißfeuchten Hand, die zu allem Überfluss auch noch zu zittern begonnen hatte. Toras Schweigen und ihre Ruhe verwirrten ihn. Er hatte schon alles Mögliche gesehen: hysterisches Plappern, aufgesetzte oder echte knallharte Attitüde, zögerliche Verführungskünste oder Beinahe-Panik. Alles, nur das hier noch nie. Eine Kronprinzessin auf Besuch, die weiß, dass all dies mir gehört , und die Anwesenheit anderer nur noch toleriert. Das machte ihn handlungsunfähig, fast verängstigt und sehr, sehr erregt.
Er ließ sein Glas an Toras erklingen und trank einen ordentlichen Schluck. Als er bemerkte, dass sie nichts trank, sagte er: »Probier mal. Das ist verdammt lecker. Großartige Marke.«
Tora nippte am Crémant und sagte: »Nein, das ist nicht lecker. Das schmeckt schlecht.«
Etwas zerbrach in Max Hansen, und er ließ sich in einen Sessel sinken, wo er den Kopf auf die Hand stützte und sie einfach nur ansah. Dann schaltete er die Kamera ein. Wenn sonst schon nichts dabei herauskommen würde, dann wollte er zumindest einen kurzen Film mit ihr haben. Tora stand mitten im Zimmer, hielt das Glas in der Hand und schaute aus dem Fenster.
»Sing etwas«, sagte Max Hansen.
»Was soll ich singen?«
»Was du willst. Sing ›Tausend und eine Nacht‹.«
Ohne zu zögern, begann Tora zu singen, und schon nach wenigen Sekunden kam es Max Hansen vor, als würde ein kühler, klarer Fluss durch ihn hindurchströmen. Ihre Stimme spülte seine Angst fort, und sein Inneres wurde ganz rein.
»Niemand ist wie du auf der ganzen Welt
ich bin sicher …«
Als das Lied vorbei war, saß Max Hansen mit hängendem Unterkiefer da und musste feststellen, dass er vermutlich geweint hatte, seine Augen fühlten sich so an. Das Mädchen, das vor ihm stand, besaß ein enormes Talent, daran konnte kein Zweifel bestehen. Sie sang nicht nur perfekt, dem Klang ihrer Stimme wohnte etwas
Weitere Kostenlose Bücher