Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Schluss ist allerdings ein bisschen eklig.«
Teresa verbarg ihr Gesicht in den Händen. Sie hörte das Geräusch laufender Beine, Schreie und Gelächter. Als sie lange Zeit danach wieder aufschaute, war sie allein. Sie kam auf die Füße und schaute sich um. Ihre rötliche Kotze war bis an die Wände gespritzt, die Pfütze zu ihren Füßen ließ die Garage wie ein Schlachthaus aussehen. Ein Schlachtplatz.
Sie nahm ihr Handy, rief Göran an und bat ihn, zu kommen und sie abzuholen. Dann setzte sie sich auf den Bürgersteig und wartete, während sie in einen Gully hineinschaute. Hinter ihr ging das Fest weiter.
3
Irgendwo musste es einen Boden geben, einen Endpunkt, der den Fall begrenzte. Vielleicht hatte Teresa ihn erreicht, als sie am Samstagmorgen um halb neun erwachte. Sie begann den Tag damit, auf die Toilette zu gehen und das zu erbrechen, wassie bislang noch nicht erbrochen hatte. Dann lag sie mit den Armen um ihren Bauch im Bett und wollte nur noch sterben. Richtig sterben. Ausgelöscht werden und nicht mehr existieren, keinen einzigen Schritt mehr in dieser Welt tun.
Sie hatte es unnötig gefunden, alle spitzen Gegenstände aus ihrem Zimmer zu entfernen, ihr Problem hatte nie etwas damit zu tun gehabt, sich das Leben zu nehmen. Jetzt kreisten ihre Gedanken um nichts anderes mehr. Vor allen Dingen dachte sie darüber nach, ob ihr Mut und ihre Kraft reichen würden, einen Bleistift anzuspitzen und mit der Faust gegen den Schreibtisch zu halten, um anschließend den Kopf gegen die Spitze zu schleudern, sodass sie durch das Auge hindurch bis ins Gehirn drang.
Nein. Das war zu schrecklich, und sie war sich nicht einmal sicher, dass man davon sterben würde. Aber sterben wollte sie. Die Erinnerungsbilder vom vorherigen Abend waren verschwommen und unzusammenhängend, aber sie erinnerte sich an die wichtigsten Momente und wollte ihren Mund mit Erde vollstopfen, ihren Körper mit Erde bedecken.
Die Dose mit den Fontex-Tabletten stand auf ihrem Nachttisch. Sie wusste, dass sie keine Alternative waren, dass es so nicht funktionieren würde. Sonst hätte sie sie nicht hier aufbewahren dürfen. Aus Gewohnheit streckte sie die Hand nach der Dose aus, um ihre morgendliche Dosis zu nehmen. Aber sie ließ die Hand wieder sinken.
Wenn sie aufhörte, ihre Tabletten zu nehmen, wurde sie vielleicht richtig geisteskrank. Wurde abgeholt. Eingesperrt. Da war eine Alternative zum Tod und fast dasselbe. Es fehlte nur die Erde im Mund, aber die konnte man dann ja trotzdem essen.
So gingen ihre Gedanken am Samstagmorgen.
Als sie aufstand, um zur Toilette zu gehen, sah sie, dass Maria in dem Sessel auf dem Treppenabsatz saß und strickte. Normalerweise würde sie niemals dort sitzen. Sie hielt Wache.
»Hallo«, sagte Teresa.
»Hallo. Hast du deine Medizin genommen?«
»Mhm.«
Auf der Toilette sitzend, fasste sie einen Beschluss. Sie würde wirklich aufhören, die Tabletten zu nehmen, und sehen, ob sie dann wirklich geisteskrank wurde. Sie gab sich einen Monat. Wenn es nicht funktionierte, würde sie überlegen, wie man sich das Leben nehmen konnte, ohne dass es sich zu schrecklich anfühlte. Ihre Hoffnung war, dass sie verrückt wurde, ohne es zu merken.
Kurz nach zwölf ging sie ins Erdgeschoss, um den Schein zu wahren. Sie aß ein Käsebrötchen, das nach Asche schmeckte. In Olofs Zimmer war das Radio eingeschaltet, weil Tracks lief. Als der Neueinsteiger der Woche präsentiert wurde, hielt Teresa mitten in einem Bissen inne und lauschte Kaj Kindwalls Stimme.
»Ein Song, der auf Myspace und YouTube bereits großen Erfolg gehabt hat, kommt jetzt als Studioversion heraus. Die Künstlerin nennt sich Tesla, und außer dass sie vor ihrem frühen Ausscheiden ein paar Mal in Idol aufgetreten ist, wissen wir nicht viel von ihr. Vielleicht ändert sich das jetzt. Hier ist ›Flieg‹.«
Das Lied begann, und Teresa kaute weiter. Sie hatten Streicher dazugenommen und den Song ziemlich aufgeblasen. Das hatte nichts mehr mit ihr zu tun. Sie aß ihr Brötchen auf und trank ein Glas Milch. Danach wurde ihr schlecht, und sie musste sich erneut erbrechen.
Um drei Uhr signalisierte ihr Handy, dass sie eine Mitteilung bekommen hatte. Sie lautete: »Der Höhepunkt des Jahres! Alle müssen gucken!« Ein Film war angehängt. Sie lag bereits mit dem Gesicht im Dreck, also schaute sie es sich an. Die Bildqualität war erstaunlich gut, Karl-Axels Vater hatte einen guten Job. Er machte seinem Sohn schöne Geschenke. Zum Beispiel ein schönes
Weitere Kostenlose Bücher