Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder
Zimmer um. Ihre armselige kleine Welt. Der CD-Spieler, das Bett, die Babygläschen.
Sollte das wirklich alles sein?
Er wurde von einem Schmerz in der rechten Hand aus seinen Gedanken gerissen. Theres hatte erneut nach ihm gehackt.
»Talle deden!«
Jerry massierte sich den Handrücken. »Verdammt, glaubst du, ich bin eine Maschine?« Er klopfte auf den Resonanzkasten. »Die Talle dedet, wenn ich will, dass sie dedet, okay?«
Theres beugte sich vor und streichelte vorsichtig den Gitarrenhals, während sie flüsterte: »Talle? Talle?« Sie legte ihr Ohr an die Saiten, und Jerry glaubte für einen Moment, dass das Instrument antworten würde. Auch er senkte seinen Kopf gegen den Gitarrenhals.
Aus dem Augenwinkel sah er gerade noch die Hand mit der CD auf seine Wange zufahren und zuckte mit dem Kopf zurück. Die CD schlug mit der Kante in das Holz der Gitarre und hinterließ eine kleine Kerbe. Theres riss die Augen auf und schrie: »Talle! Talle aua!« Sie griff nach der Gitarre, als ob sie sie trösten wollte, und während ihr die Tränen in die Augen stiegen, stand Jerry auf.
»Also wirklich, Schwesterherz, nimms mir nicht übel, aber du hast echt einen an der Waffel. Ehrlich.«
22
Was war denn da bloß passiert? Was war das nur für eine Sekte, in die Lennart und Laila da geraten waren?
War es einfach nur diese alte, bekannte, die nur zwei Mitglieder hat und für die strebsame Ehepaare im besten Fall auf eine Einladung hoffen können. Die Sekte, deren Motto lautet: Wir haben nur uns . Lennart konnte nicht sagen, wann genau sie diesen Punkt erreicht hatten, aber eines Tages, als er Hefeklöße in der Mikrowelle aufwärmte und darauf wartete, dass Laila aus Norrtälje zurückkehrte, ertappte er sich dabei, dass er Laila vermisste, während er den Hefeklößen zuschaute, die sich langsam auf dem Teller drehten. Er freute sich darauf, dass Laila nach Hause kommen und sie zusammen Kaffee trinken und die warmen Klöße dazu essen würden. Dass sie es sich gemütlich machen würden.
Das hörte sich vielleicht an wie ein schlichtes Klischee, aber wenn man etwas schlicht ausdrücken kann, warum sollte man es dann nicht tun?
Lennart begann das Leben zu schätzen, das er hatte.
Es ging nicht darum, sich neu in Laila zu verlieben, alles zu vergessen, was früher geschehen war, und noch einmal von vorn zu beginnen. So etwas gab es nur in der Klatschpresse. Aber er begann sein Leben mit neuen Augen zu betrachten. Statt weiter den Ärger über das, was er in seinem Leben alles verpasst hatte, in sich hineinzufressen, betrachtete er jetzt das, was ihm tatsächlich gegeben worden war.
Er war gesund, besaß ein ordentliches Haus, hatte eine Arbeit, die er gerne machte und für die er eine gewisse Anerkennung erntete. Eine Frau, die ihn durch all die Jahre begleitet hatte und die, trotz allem, nur das Beste für ihn wollte. Einen Sohn, der zumindest nicht drogenabhängig war.
Darüber hinaus war er zum Wächter einer Gabe auserkoren worden, die sich in seinem Keller befand. Das Mädchen passte nicht in dieses Muster, sie war nur eine Laune des Schicksals und eine große Verantwortung. Aber auch die Verantwortung, die einem auf den Schultern lastete, konnte dem Leben einen Sinn verleihen.
Alles in allem kein schlechtes Leben. Vielleicht nicht unbedingt der Stoff, aus dem Festschriften oder Todesanzeigen mit Goldkante gemacht werden, aber absolut passabel . Es war passabel. Vollkommen okay.
Er konnte immer noch nicht behaupten, dass er Laila direkt gut aussehend fand, aber manchmal, wenn das Licht aus einem bestimmten Winkel fiel … Sie hatte in den vergangenen Monaten mindestens zehn Kilo abgenommen und gelegentlich, wenn sie im Bett lagen und schlafen wollten, wurde er von ihrer Körperwärme angemacht, von ihrem Fleisch, und sie taten, was Mann und Frau zu tun pflegen. Dies führte zu einer ungezwungeneren Zweisamkeit, was wiederum dazu führte, dass sich sein Blick auf sie weiter veränderte und so weiter und so weiter.
Als das Mädchen gut fünf Jahre alt war, feierten Lennart und Laila ihren Hochzeitstag. Ja, sie feierten. Es gab Wein zum Abendessen und noch mehr Wein, als sie anschließend zusammensaßen, alte Fotoalben anguckten und ABBA hörten. Plötzlich stand das Mädchen mitten im Wohnzimmer. Zum ersten Mal war sie allein die Kellertreppe hinaufgegangen. Ihr Blick wanderte durch den Raum, ohne bei Lennart und Laila innezuhalten. Sie setzte sich neben dem offenen Kamin auf den Fußboden und streichelte den
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