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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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Rücken hinunter, wenn sie ihre kleinen, empörten Kommentare las, und sie fand im Laufe der Zeit heraus, dass Ironie eine noch effektivere Waffe war als Zynismus.
    In einem Tierschützer-Forum stieß sie auf verzweifelte Berichte darüber, welchen Grausamkeiten unsere kleinen, süßenFreunde ausgesetzt wurden. Elvira, 15 Jahre, konnte berichten, dass man in Japan achthundert Kaninchenjungen erst die Augen ausgestochen hatte, um herauszufinden, ob dabei auch ihr Gehör in Mitleidenschaft gezogen wird, und sie anschließend in Brand gesteckt hatte, um zu sehen, ob die kleinen, blinden, kreischenden Tiere noch aus einem Labyrinth herausfinden konnten. Elvira bekam über vierzig Antworten, die vor Zorn über die Grausamkeit des Menschen bebten.
    Die einzige Ausnahme waren die Wölfe. In einem Forum, in dem die Rechte der Wölfe diskutiert wurden, bewahrte ihr Alias Josefin einen gemäßigten Ton und führte Teresas eigene Meinung ins Feld. Sie brauchte zumindest einen Ort, an dem sie sie selbst sein konnte, oder fast sie selbst.
    Das Trollen vermittelte ihr eine grundlegende Erkenntnis: Man brauchte nur wenig Energie, um eine starke Reaktion hervorzurufen, vorausgesetzt, man wendete die Energie in der richtigen Weise an. Eine so simple Sache wie eine abgebrochene Plastikgabel im Schlüsselloch eines Klassenzimmers konnte für einen halbstündigen Aufstand mit Hausmeister, Schlüsseldienst, Lehrern und verlegten Unterrichtsstunden sorgen. Bei einem Zeitaufwand von fünf Sekunden.
    Wie lange dauerte es, eine Reißzwecke auf einen Stuhl zu legen, und was für ein Durcheinander konnte man damit hervorrufen? Es war genau wie im Internet: Man brauchte nur auf ein paar Knöpfe zu drücken, wenige Worte am richtigen Ort zu platzieren, und schon waren zwanzig Menschen da, die viel mehr Zeit und Energie für eine Antwort opferten, als es gekostet hatte, den Beitrag zu schreiben.
    Teresa sah vielleicht nicht so besonders aus, aber durch ihre vielen Alter Egos und ihre gut vorbereiteten Nadelstichattacken nahm sie, der Troll, mehr Zeit und Gedanken der Menschen in Anspruch, als beispielsweise die hübsche Agnes sie je zu erträumen wagte.
    Alle liebten Agnes, und Teresa wurde nicht schlau aus ihr. Sie war so verdammt nett. Alle hübschen Mädchen, die Teresa bisher kennengelernt hatte, waren eingebildet, verkorkst und sehr um ihr Äußeres besorgt gewesen. Aber nicht Agnes. Sie verhielt sich freundlich zu allen, war gut in der Schule und schien sich nicht im Geringsten darum zu scheren, wie sie aussah.
    Wenn sie ihr Haar zu Zöpfen geflochten hatte, war sie süß, wenn sie es offen trug, war sie hübsch, und wenn sie einen Schal um den Kopf legte, war sie schön wie ein Filmstar, ohne viel Aufhebens darum zu machen. Teresa hätte Agnes hassen müssen, aber sie konnte sich nicht dazu überwinden.
    Eines Nachmittags, als Teresa vor dem Lyrikregal in der Bibliothek stand und in einigen der neu erschienenen Gedichtbände blätterte, vernahm sie plötzlich ein zurückhaltendes »Hallo« hinter sich. Sie drehte sich um und begegnete einer kühlen Brise frischer Luft, vermischt mit einem Hauch von Blumenwiese, die von Agnes ausstrahlte.
    Teresa sagte »Hallo« und spürte, wie ihre Wangen rot anliefen. Als stünde sie in einer mündlichen Prüfung, ohne auch nur eine Zeile des Stoffes gelesen zu haben. Wie ein Schaf stand sie da und bekam kein Wort heraus. Agnes schien sich ebenfalls nicht wohl in ihrer Haut zu fühlen und verlagerte ihr Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Dann deutete sie auf das Regal hinter Teresa. »Ich wollte eigentlich nur …«
    Teresa machte einen Schritt zur Seite und beobachtete heimlich, wie Agnes’ Blick über die meist dünnen Buchrücken flog. Als sie anscheinend nicht fand, was sie suchte, begann sie langsam mit geneigtem Kopf die Bücherreihen entlangzuwandern und jeden Titel einzeln zu lesen.
    »Suchst du was Bestimmtes?«, fragte Teresa.
    »Ja«, sagte Agnes. »Im Computer stand, dass sie mehrere Bücher von Kristian Lundberg haben, aber ich kann sie nicht finden.«
    » Du liest Kristian Lundberg?«
    »Warum fragst du?«
    »Nur so, ich wollte nur … ach, ist nicht so wichtig.«
    »Liest du ihn?«
    »Das eine oder andere habe ich wohl schon gelesen.«
    Agnes konzentrierte ihre Suche auf die Gegend, wo die Bücher eigentlich stehen sollten, und zog stattdessen einen Band mit Kristian Lundbergs gesammelten Gedichten heraus. Sie blätterte planlos darin herum und sagte: »Mama hat gesagt, dass ich mir

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