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Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder

Titel: Wolfskinder - Lindqvist, J: Wolfskinder - Lilla stjärna: Wolfskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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kennen schien, dessen Eltern ermordet worden waren. Vielleicht bildete er es sich ein, aber Jerry hatte das Gefühl, dass die Leute ihn überall anstarrten.
    Er wagte es nicht, in den Coop oder zum ICA Flygfyren zu gehen und zwanzig Paletten Babygläschen aufs Kassenband zu laden. Jemand könnte misstrauisch werden und eins und eins zusammenzählen. Er versuchte das Problem zu lösen, indem er zwei Gläschen hier und zwei Gläschen dort einkaufte, aber er brauchte mindestens zehn Gläschen pro Tag, und es war zu zeitraubend, die Einkäufe auf diese Weise aufzuteilen.
    Zunächst hatte er erwogen, seine Großeinkäufe übers Internet zu erledigen, doch er gab den Gedanken wieder auf. Sein Name war an allen möglichen Stellen aufgetaucht, und hundert Gläschen Babynahrung auf seiner Kreditkartenrechnung, ein großes Paket mit seinem Namen auf dem Adressaufkleber konnten auf die gleiche Weise bei irgendjemandem Neugier erwecken.
    Er versuchte Theres andere Nahrung aufzunötigen, er versuchte es ihr zu erklären, aber nichts half. Als Jerry schließlich aufhörte, ihr Babygläschen zu kaufen, hörte sie einfach auf zu essen. Er dachte, dass der Hunger sie schließlich zur Räson bringen würde, aber als vier Tage vergangen waren, ohne dass sie etwas gegessen hatte, und man es ihrem Gesicht langsam ansehen konnte, gab er auf und machte sich auf eine lange Expedition, um Hühnertopf und Fleischklößchen in pürierter Form zusammenzukaufen.
    Irgendwann in dieser Zeit begann Jerry ernsthaft zu verzweifeln. Die abgeschlossenen Türen, die mühsamen Einkaufstouren, die ständige Angst. Wie Theres, ohne etwas Bestimmtes zu tun oder zu sagen, einfach das Kommando über sein Leben übernommen hatte. Warum zum Teufel hatte er sich auf das hier eingelassen?
    Er sah ein, dass er sie früher oder später weggeben musste. Ein verdammt großer anonymer Korb vor der Treppe zur Kinder- und Jugendpsychiatrischen Abteilung. Dann war er frei, sein Leben wieder wie gewohnt zu leben. Ohne Angst und Sorgen.
    Doch bis auf Weiteres musste das Ernährungsproblem gelöst werden. Jerry ging den einzigen Weg, den er sehen konnte, und rief Ingemar an. Sie hatten nichts mehr miteinander zu tun gehabt, seit ihm die Gebrüder Djup erklärt hatten, dass es mit dem Zigarettenhandel vorbei sei. Als Jerry jetzt fragte, ob es sich nach wie vor so verhalte, dass Ingemar alles Mögliche besorgen könne, biss dieser sofort an.
    »Wenn wir nicht über Drogen sprechen, dann … shoot. Was brauchst du?«
    »Babynahrung. Kannst du Babynahrung besorgen?«
    Für Ingemar war es Ehrensache, nicht nach den Gründen für Lieferungen zu fragen, aber die Stille, die auf Jerrys Worte folgte, ließ erahnen, dass seine Prinzipien in diesem Moment einer schweren Prüfung unterworfen wurden. Am Ende sagte er allerdings nur:
    »Du meinst diese kleinen Gläschen? Ragout und so’n Zeugs?«
    »Ja.«
    »Wie viel brauchst du?«
    »Hundert, vielleicht.«
    »Gläschen? Das ist ja nicht direkt das Geschäft meines Lebens, weißt du.«
    »Ich zahl den Ladenpreis. Elf Kronen das Glas.«
    »Zwölf?«
    Damit war es abgemacht. Als Jerry den Hörer auf die Gabel legte, war ihm leichter zumute. Er hatte sich entschieden. Wenn die hundert Gläschen leer waren, würde er Theres weggeben. Es war eine nette, runde Zahl, und es fühlte sich richtig an. Noch vierzehn Tage, ungefähr.
    Ingemar kam mit den Gläschen, und Jerry bezahlte. Als Ingemar fragte, ob Jerry noch mehr brauchen würde, antwortete er Nein. Dann trug er die zwei Kartons selbst hinein. Die Gläschen waren in irgendeiner osteuropäischen Sprache beschriftet, und jedes von ihnen enthielt etwas, bei dem es sich mutmaßlich um Ragout handelte. Theres schien sich nicht darum zu kümmern und schaufelte den Inhalt mit derselben freudlosen Besessenheit in sich hinein, die sie bei jeder Mahlzeit an den Tag legte.
    Weil die Tastatur einer der wenigen Gegenstände war, für die sie ein gewisses Interesse zeigte, hatte Jerry angefangen, ihr den Umgang mit dem Internet beizubringen, und an jenem Abend hatten sie so etwas wie einen gemütlichen Abend miteinander verbracht, als sie nebeneinander vor dem Computer saßen und Jerry ihr demonstrierte, wie man verschiedene Foren und Seiten besuchte, wie man ein Mail-Konto einrichtete und so weiter. Vielleicht lag es daran, dass er einen Schlusspunkt für ihre Beziehung festgesetzt hatte, jedenfalls fühlte es sich sehr viel entspannter an.
    In der Nacht wurde Theres krank. Als Jerry im Bett lag und

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