Wolfskrieger: Roman (German Edition)
nun beinahe einem Bluthund, der eine Fährte aufgenommen hat. Der Gestank aus der Sklavenscheune war schrecklich. Vali musste sich mit einer Hand am niedrigen Dach festhalten.
»Sie sind eher eine Last als eine Hilfe«, erwiderte Veles. »Gib die Eltern dazu, und mein Freund lässt seine Ansprüche fallen. Dein Mann ist kein großer Verlust. Schau dir dein Gesicht an – die blauen Flecken hast du ja wohl kaum von seinen Küssen.«
Wieder dachte die Frau einen Moment nach. Dann ging sie zum Leichnam ihres Mannes und spuckte darauf.
»Nehmt sie«, sagte sie. »Ich danke dem Allmächtigen für meine Freilassung. Nur wenige werden zweimal im Leben befreit.«
»Schicke sie zu mir«, sagte Veles. »Im Augenblick habe ich etwas Wichtigeres zu tun. Und sorge dafür, dass sie etwas zu essen bekommen, bevor sie eintreffen. Ich habe keine Lust, Ausgaben zu tätigen, ehe sie nicht mindestens einen Tag für mich gearbeitet haben.«
Die Frau nickte. »Brot, keine Suppe.«
»Suppe«, sagte Veles. »Sonst bringen wir die Sache vor die Versammlung, und ich kann dir versprechen, dass du dabei mehr als die Sklaven verlieren wirst.«
Die Frau zuckte mit den Achseln. »Also Suppe.«
»Kommt«, sagte Veles. »Wir müssen weiter.«
Feileg hatte sich immer noch nicht gerührt. Veles hielt sich die Maske vor das Gesicht und sah Feileg an.
»Wuff, wuff. Komm schon.« Einige Gaffer lachten, andere beugten sich über die Leiche. Erstaunlicherweise riss der Spott des Händlers Feileg aus seiner Versunkenheit. Er blickte auf und folgte seinen Gefährten. Bragi klopfte ihm auf die Schulter, um ihm zu gratulieren.
»So geht ein Mann mit Leuten um, die ein Messer ziehen, mein Junge. Ach, bei Tyrs heiligem Stumpf, ich hätte dich bei einigen Überfällen gut gebrauchen können. Wenn ich zehn Jahre jünger wäre, dann würden wir ordentlich Beute machen, was? Wenn du nur lernen könntest, ein Schwert zu benutzen, dann wäre zwischen hier und Särkland kein Mann, der dich besiegen könnte.«
Der Wolfsmann schwieg.
Vali folgte Veles durch die Straßen des Orts und fragte sich, ob die Zeit im Sumpf einen gar zu großen Tribut gefordert und seinen Verstand getrübt habe. Es war beunruhigend gewesen, Feileg in die Augen zu blicken, und der Gewaltausbruch hatte seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Irgendwie hatten die Ereignisse aber auch eine berauschende Wirkung entfaltet.
Bragi unterhielt sich jetzt mit dem Händler.
»Ich dachte, das würde uns mindestens einen Helm kosten. Du bist ein wahrer Magier.«
»Ich habe gewisse Fähigkeiten«, erklärte Veles. »Unser Wolfsmann hat die Frau allerdings sowieso schon entlohnt. Sie ist jetzt eine reiche Witwe. Ich glaube, sie wollte dem heulenden Burschen ein Geschenk machen, und ich habe ihr nur gezeigt, wie man das anfängt.«
»Was soll Feileg mit Sklaven anfangen, mal abgesehen davon, sie aufzuessen?«, fragte Bragi.
»Er kann sie mir geben«, meinte Veles.
Veles lebte in einem großen Langhaus mit vorgewölbten Wänden, wie sie in Haithabu üblich waren. Davor war ein Bereich mit einem Zaun abgetrennt, und dort saß ein Däne mit einem gefütterten Mantel und einem großen Sax. Vali tastete unwillkürlich, ob das Schwert noch am Gürtel hing.
»Nicht nötig, nicht nötig.« Veles legte Vali beruhigend eine Hand auf den Arm. »Das ist mein Leibwächter, kein Räuber. Ich bezahle ihn dafür, dass er hier aufpasst.«
Vali erschrak, als er dies hörte. Warum brauchte jemand einen persönlichen Leibwächter? Konnte sich die Gemeinde nicht vor Angreifern schützen, die etwas rauben wollten? Gabelbarts Beute hatte nach den Überfällen oft tagelang im Freien gelegen, damit die Einwohner seinen Erfolg bestaunen und seine Macht bewundern konnten. Seine Brüder hätten niemals etwas gestohlen. Außerdem verdingten sich Leibwächter der Treue und der Ehre wegen, aber nicht gegen Bezahlung, und nur Adlige hatten überhaupt welche. Veles war ein Gemeiner, sogar ein Leibeigener. Das alles kam Vali höchst unmoralisch vor.
Misstrauisch beäugte er den Wächter und trat ein. Das Haus bestand im Grunde nur aus einem einzigen großen Raum. Ringsherum waren Pferche für Ziegen und anderes kleines Vieh abgetrennt. Vali hielt dies für luxuriös, denn in Disas Haus hatte sich das Vieh den Raum mit den Menschen geteilt. Veles schien auf Besuch doch nicht ganz so gut vorbereitet zu sein, wie er es im Hafen behauptet hatte. Es gab keine Speisen für ein Festmahl und nicht viel Bier. Der Händler
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