Wolfskrieger: Roman (German Edition)
links. Bragi hatte den Wolfsmann am Arm gepackt und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Feilegs Augen waren so wild wie auf dem Sklavenmarkt, und er schien drauf und dran, jeden Moment anzugreifen. Vali erinnerte sich an das, was er über die Berserker gedacht hatte, als er sie in Aktion beobachtet hatte, und fragte sich, warum er nur diesen Mann bei sich behalten hatte, neben dem die Anhänger des Odinskults Vorbilder an Zurückhaltung zu sein schienen.
»Vergebt meinem Gefolgsmann«, sagte Vali. »Er will mich in diesem fremden Land nur beschützen.«
Skardi schürzte die Lippen. »Sage ihm, dass er mit meinen Männern größere Schwierigkeiten haben wird als mit einem Sklaventreiber. Sie haben die Adler gefüttert, bis diese zu fett waren, um aufzufliegen.«
Anscheinend hatten die Gerüchte über den Tod des Sklavenhändlers inzwischen Hemmings Hof erreicht. Vali blieb nun nichts anderes übrig, als sich an den ursprünglichen Plan zu halten.
Wie lange noch, bis eine Nachricht aus Rogaland eintraf? Höchstens ein Monat, vielleicht sogar erheblich weniger. Wenn Hemming ihn zu lange aufhielt, sah seine Zukunft mehr als bescheiden aus.
»Unser Betragen und unsere Taten sollen die Vögel verhungern lassen«, erklärte Vali. »Wir kommen als Freunde mit freundlichen Worten und voller Achtung für euren berühmten König.«
»Dann seid willkommen, Freunde. Erlaubt uns, euch zur Halle unseres edlen Herrschers zu führen.«
Die Männer umarmten einander, was Feileg zu beruhigen schien.
»In der Flussmündung liegt unser Boot. Wenn ihr uns die Ehre erweisen würdet, uns zu begleiten …«, sagte Skardi.
Das war eine Einladung, die man einfach nicht ausschlagen konnte. Sie liefen durch die dunklen Straßen, und Vali bemerkte nach und nach, dass sie von mindestens vierzig Männern begleitet wurden. Keine Frage, er war ein Gefangener.
»Wie ich weiß, bist du mit einem Fischerboot gekommen, mein Prinz. Das ist eine seltsame Wahl für einen Königssohn. Hatte Gabelbart denn kein Drachenboot, das du nehmen konntest?«
»Guter Mann«, erwiderte Vali, »wir haben zwischen den Inseln Schiffbruch erlitten. Aus dem Nichts kam ein Sturm auf, zweifellos eine Schöpfung des Hexers Haarik. Unsere Geschenke für deinen Herrn sind verloren, doch unser Auftrag ist so wichtig, dass wir dennoch weitergereist sind.«
Vali wusste, dass es gefährlich war, verletzlich zu erscheinen. Ein echter Mann hätte dem Sturm ins Gesicht gespuckt und sein Schiff sicher in den Hafen gesteuert. Das sangen jedenfalls die Skalden. Andererseits hatte Vali von vielen Helden gehört, die auf den Meeresgrund gesunken waren, wenngleich nur wenige in Küstengewässern.
Skardi dachte nach. »Und was ist der Zweck deiner Reise?«
»Natürlich der Frieden, guter Mann, der Frieden. Gabelbart und mein Vater halten achtzig Drakkare bereit, um Haarik ihre zahllosen Schwerter zu schicken. Sobald das Schlachtfeuer entfacht ist, kann man es nicht mehr so leicht auslöschen oder auf ein Land begrenzen. Ich brauche das Wort deines Königs, dass er nicht eingreifen wird, wenn wir rechtmäßig Rache üben und in Haariks Halle die Waffen klirren lassen.«
Vali hatte wegen des angeblichen Schiffsunglücks das Gesicht verloren, jetzt versuchte er, sein Ansehen wiederzugewinnen, indem er über den Krieg redete.
Skardi nickte knapp, ohne zu verraten, was er dachte.
»Unser Drakkar wartet schon«, sagte er.
29
Die Trommel
E rtrinken, ertrinken, nichts als ertrinken. Keine Gegenwehr mehr leisten, nur ertrinken. Adisla wollte es, doch sie konnte sich nicht überwinden, einfach hinunterzusinken. Sie war eine viel zu gute Schwimmerin, und ihr Körper beharrte darauf zu überleben, auch wenn das Wasser noch so kalt war.
Auf dem Schiff ertönten Rufe, sie hoben das Segel hoch, zeigten auf Adisla und verständigten sich schreiend im prasselnden Regen. Der Mann mit dem viereckigen Hut stand auf und hob eine Trommel. Er schlug darauf und sang dazu.
Adisla wollte vom Boot wegschwimmen, doch ihr Überlebenstrieb war zu stark, und so trat sie Wasser und blieb an Ort und Stelle, während sie ihrem Körper vergeblich befahl, unterzugehen und zu ertrinken. Die Röcke sogen sich voll Wasser und waren schwer, schnürten sie ein und raubten ihr die Kräfte.
»Freya, nimm mich. Freya, nimm mich.«
Sie verlor das Schiff aus den Augen, endlich sank sie und sah überhaupt nichts mehr. Immer noch versuchte sie zu atmen, doch nun würgte sie. Dann schlug sie wild um sich, wollte sich
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