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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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verzweifelt zur Oberfläche hochkämpfen und Luft holen. Ihr Körper gehorchte nur noch dem Instinkt, nicht mehr ihren Gedanken. Adisla bekam keine Luft. Es war, als hielte sie die Hand eines Riesen unten und drückte sie unerbittlich in die Dunkelheit hinab, während sie mit den Armen ruderte und wieder ans Licht wollte. Ihre Lungen schienen zu platzen, und schließlich konnte sie nicht anders und atmete noch einmal ein.
    Dann war alles ruhig und hell, und ihre Gedanken wanderten ziellos umher. Sie dachte, sie sei mit Vali an einem heißen Sommertag am Fjord, und sie lachten beide. Das Licht wurde schwächer und trüber, und sie erkannte, dass sie gar nicht draußen war, sondern in einer Höhle, auf deren Boden Wasser stand. Außerdem war dort noch etwas anderes, irgendein Wesen, das aus der Dunkelheit zu quellen schien, eine formlose Feindseligkeit, die sie völlig umgab. Als sie genauer hinsah, war es nur Vali, der sagte: »Warte auf mich. Ich werde dich finden. Ich suche dich.«
    Es war jedoch gar nicht Vali, sondern der Wolfsmann. Sie streckte die Hand aus, um ihn zu berühren. Das tat ihr weh, und auf einmal war wieder Licht, sie hörte Schreie und einen seltsamen Gesang zum Schlag einer Trommel. Der Sänger war der fremde Mann, der neben ihr auf dem Schiff gesessen hatte. Sie verstand die Worte nicht und mochte auch nicht ihren Klang – die groben, kehligen Laute kamen ihr so vor, als heulte ein Hund. Zugleich aber regte sich ein Impuls in ihr. Sie streifte die Röcke ab und schwamm zum Schiff. Das Wasser war überwältigend stark, doch die Trommelschläge vom Schiff unterstützten sie, bis sie ruhig und zielstrebig schwimmen konnte. Zugleich weinte sie, weil sie nicht ertrinken konnte. Dann hielt sie sich an einem Seil fest, Arme wurden zu ihr ausgestreckt. Nur noch mit Unterrock und Beinlingen bekleidet, wurde sie an Bord gezogen.
    Sie sah ein Gesicht. Der Mann mit dem blauen Mantel und dem viereckigen Hut hielt eine Trommel in der Hand, auf die seltsame Symbole gemalt waren. Das Rot auf seinem Hutband kam ihr unglaublich lebhaft vor. Er beugte sich über sie, drückte ihren Kopf zurück und hielt das Ohr an ihren Mund. Als er ihren Atem hörte, nahm er den Mantel, den Adisla vor dem Sprung ins Wasser weggeworfen hatte, und legte ihn um sie. Dann umarmte er sie, um sie zu wärmen, hielt sie fest und flüsterte ihr in seiner eigenartigen Sprache etwas ins Ohr. Die Dänen starrten sie lüstern an, doch der Blick des Mannes hielt die anderen auf Abstand. Seine Augen waren hellblau wie der Himmel, ein verblüffender Kontrast zum dunklen Haar. Alle auf dem Boot waren überzeugt, dass er ein Hexer war.
    Adisla hustete und zitterte, und ihr war kalt. Das Frösteln drang tiefer ein als jede natürliche Kälte. Was sie in der Höhle erlebt hatte, war völlig real gewesen, und es verhieß nichts Gutes. Sie hatte allerdings nur Vali und Feileg bemerkt, die sie beschützen würden.
    Der Hexer kroch durch das Schiff und kehrte mit einem Wasserschlauch zurück. Sie setzte ihn an die Lippen und trank.
    Im trüben Licht unter dem Segel konnte sie das Gesicht des Hexers kaum erkennen. Er grinste sie an, und sie fuhr auf. Seine Zähne waren zugefeilt und spitz wie die eines Raubtiers. Er beugte sich zu ihr hinüber und sagte in schlechtem Norwegisch: »Überstürze es nicht, zu jenem Ort zu kommen, junge Dame. Du wirst noch schnell genug dorthin gelangen. «

30
     

Politik
    D ie Sonne schien freundlich auf Vali herab, als er an Hemmings Hof eintraf, doch als der König ihn nicht sofort empfing, begriff er, dass die Dinge eine unschöne Wendung nehmen würden. Eine ganze Woche verging, ehe er in die Haupthalle gerufen wurde. Er verbrachte die Zeit in dem Langhaus, in das man ihn verbannt hatte, damit er den Monarchen nicht unversehens außerhalb der Halle behelligte. Ihm war klar, dass die Begegnung zu Hemmings Bedingungen stattfinden würde – zu einer Zeit und an einem Ort, den der König wählte. Als der Ruf endlich kam, freute Vali sich – es war zumindest die Erlösung von Langeweile und Frustration.
    Vali ging allein. Es tat gut, nach einer Woche im rauchigen Haus wieder an die frische Luft zu kommen, und er ergriff die Gelegenheit, sich umzusehen.
    Hemmings Siedlung war beeindruckend. Sie bestand aus fünf großen Langhäusern, auf drei Seiten des Dorfes gab es sogar Wälle, von denen einer ein Tor besaß. Die vierte Seite war der gewundenen Bucht oder dem Fluss zugewandt. Eine kleinere Version der Seemauer, die

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