Wolfskrieger: Roman (German Edition)
Herr, und muss ihn erfüllen. Gabelbart war nicht bereit, mir dabei zu helfen, die Tochter einer freien Frau von niedrigem Stand zu suchen. Deshalb bin ich allein gekommen und habe das einzige Boot genommen, das für mich greifbar war. Ich suche ein Mädchen.«
»Dann geh nach Hause. Ein Eid, den du vor Götzen und falschen Göttern schwörst, hat keine Bedeutung«, sagte der Priester. Er sprach mit einem starken, fremden Akzent.
Hemming hob die Hand. »Für uns, Vater, ist auch ein Eid, den man vor einer Ziege oder Ente schwört, etwas wert. Ein Mann ist nur dann ein Mann, wenn er seine Schwüre auch erfüllen kann.«
Der Priester verharrte reglos. Hemming schürzte die Lippen und dachte nach.
»Das ist aber noch nicht die ganze Geschichte, nicht wahr?«
»Herr?«
»Bist du diesem Mädchen hinterher oder vor Gabelbart weggelaufen?«
Vali lächelte leicht dümmlich. »Ein wenig von beidem, Herr.«
»Gott der Weisheit, steh mir bei!«, flehte Hemming die Deckenbalken an.
Der Priester lächelte unsicher.
Hemming schüttelte den Kopf und beäugte Vali ausgiebig. »Was soll ich nun mit dir tun?«
Vali schwieg.
»Ich meine es ernst, ich brauche deinen Rat. Nun komm schon. Du hast mit diesem Unfug begonnen, jetzt wollen wir sehen, wie wir da herauskommen. Was soll ich mit dir tun?«
»Hilf mir, das Mädchen zu finden.«
Hemming lachte und wedelte mit der Hand in Valis Richtung, als wollte er eine Fliege verscheuchen. »Haarik hat sie im Krieg genommen. Außerdem glaube ich nicht, dass er sie dir überhaupt noch zurückgeben könnte.«
»Wurde sie denn weiterverkauft?«
Der König antwortete nicht auf die Frage, sondern lehnte sich zurück und musterte Vali abermals. »Was weißt du über Hexerei, Prinz?«
»Sehr wenig.«
»Du bist zu bescheiden. Der große Odin hat seine Späher, und ich habe die meinen. Willst du wissen, was meine Raben mir zuflüstern?«
Wieder regte sich der Priester unbehaglich.
»Es ist mir eine Ehre, alles anzuhören, was der König mir anvertrauen will.«
»Du bekämpfst deine Feinde weder mit dem Speer noch mit dem Schwert. Mächtige Kriegertruppen scheitern an dir, wenn du ihnen mit einer Meute aus Knaben und alten Männern entgegentrittst. Du gehst in den Sumpf und bittest die Götter um Rat. Du entkommst auf wundersame Weise der strengsten Gefangenschaft und tust dich mit wilden Männern und Gestaltwandlern zusammen. Seher und Magier aus allen vier Winkeln der Welt blicken in die Teiche oder gehen zu ihren Hängebäumen und empfangen Visionen vom Sohn des Wolfs, der die Welt frisst. Ein Junge, der im Norden deines Landes einigen alten Hexen entkommt, erzählt vor seinem Tod eine Geschichte über einen großen Zauber, der für den Sohn des Wolfs ausgeheckt wurde. Nennt man dich nicht so, Prinz? Den Sohn des Wolfs?«
»Das ist zu viel der Ehre. Ich bin eine schlimme Enttäuschung für meinen Vater, so viel kann dich dir versichern.«
»Das habe ich auch schon gehört«, erwiderte Hemming. »Wenn ich dem Geschwätz der Seher nur zur Hälfte glauben würde, dann würde ich dich sofort aufhängen und die Folgen auf mich nehmen.« Er hielt inne und dachte nach, schließlich blickte er wieder Vali an. »Du musst mein Problem verstehen. Dein Vater ist hinfällig.«
Vali bemühte sich sehr, sich den Schreck nicht anmerken zu lassen. Es gelang ihm nicht.
»Ja, ich weiß Bescheid. Deine Mutter herrscht an seiner Stelle. Dadurch bist du im Augenblick sehr wichtig. Wenn einer deiner Vettern oder Onkel den Thron besteigt, bist du auf die eine Art weniger wichtig, auf die andere aber sogar noch wichtiger. Dein Wert als Verhandlungsmasse sinkt, doch ich glaube, der neue König wäre sicher bereit, gut dafür zu bezahlen, dass du ihm übergeben wirst, ob du noch atmest oder nicht. Andererseits könnte ich dir auch einige Schiffe geben, um deine Heimat zurückzuerobern. Viele deiner Landsleute würden sich hinter dich stellen, und ich hätte mit etwas Glück einen weiteren König, der mir Tribut zahlt, nachdem die entsprechenden Schwüre gesprochen sind. Aber ich bin jederzeit auch an kurzfristigen Vorteilen interessiert. Gabelbart brennt wohl darauf, dich wiederzusehen. Auch dort hast du einen gewissen Wert.«
Vali öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, doch Hemming brachte ihn mit erhobener Hand zum Schweigen.
»Was soll ich nun tun? Ich habe auch ohne dich schon genug Ärger am Hals.« Er schüttelte den Kopf. »Ich suche einen Grund, dich gehen zu lassen, kann aber beim besten
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