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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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begegnet war, und wusste nun, dass sie ihn selbst, Adisla und Feileg umschrieb. Sie waren unauflöslich miteinander verbunden. Dann wurde ihm klar, was er vorher übersehen hatte – er hatte nicht den Standort beachtet, von dem aus er beobachtet hatte. Auf einmal spürte er einen nadelspitzen Schmerz im Mund, den Druck viel zu enger Fesseln, den Geruch von Blut und Feuer, und in ihm kochte eine große Wut über die Ungerechtigkeit.
    Er versuchte, seinen Namen zu sagen, bekam aber nicht mehr als ein gequältes Heulen heraus, das auch wieder nur von erlittenem Unrecht sprach. Er war der Wolf.
    »Steh auf. Dies ist unsere Gelegenheit. Im Namen von Thors prallem Gemächt, was ist nur los mit dir? Was stimmt nicht mit dir?«, rief Bragi aufgeregt. Vali hörte Schreie – Männer stießen Flüche und Drohungen aus.
    Er stand auf. Etwas Bizarres spielte sich ab. Der Händler Veles eilte mit rudernden Armen an ihm vorbei, als wollte er durch die Luft schwimmen. Mit einer unerwarteten Gewandtheit zog er sich an einem der Seile hoch, mit denen die mächtigen Fässer gesichert waren, und sprang so schnell, wie ein Kaninchen im Bau verschwindet, in eines hinein.
    Vali sah sich um. Ein riesiger Vollmond verwandelte das Meer in verknittertes Metall, und kaum einen Bogenschuss entfernt lag eine breite Nebelbank vor ihnen, die im Mondlicht fast zu glühen schien. Es prasselte, als würde es regnen, und die Männer gingen sofort in Deckung, kauerten sich unter Schilde oder duckten sich hinter die Reling des Langschiffs.
    Er blickte zur Seite. Zwei Drakkare, starke Schiffe mit geschnitzten Drachenköpfen, griffen sie an und deckten ihr Boot mit Schwärmen von Pfeilen ein. Woher waren sie gekommen?
    »Haarik, Haarik!«, sangen die Männer.
    Es waren Räuber aus Aggersborg. Falls Haarik an Bord war, dann wollte Vali sein Blut sehen.
    Nicht weit entfernt war Land zu erkennen. Sie hatten sich zu nahe an Haariks Gebiet gewagt und zahlten nun den Preis dafür. In diesem Fall hätte Vali es sogar bevorzugt, von Haarik gefangen zu werden. Damit wäre er näher bei Adisla. Logisches Denken war im Moment nicht unbedingt seine Stärke. Noch etwas anderes beschäftigte ihn. Was hatte der Mann mit dem Federmantel zu ihm gesagt? Er konnte nicht mehr klar denken. Sein Kopf dröhnte noch von den Trommeln. Dann verließ ihn auch der letzte Rest von Vernunft. Die Angreifer waren die Landsleute der Männer, die Adisla entführt, den kleinen Manni getötet und ihn aus der Heimat und von den Menschen vertrieben hatten, die er als seine Familie betrachtet hatte. Vali hustete. Es war der gleiche Husten, der ihn auch im Sumpf geplagt hatte. Sein Hals war trocken und eng, ihm war schwindlig, und in den Ohren hörte er den beharrlichen Rhythmus. Er wusste nicht wohin und fand kein Ziel.
    »Dänen, Dänen, es sind Haariks Männer. Diebe und Mörder, die man vernichten und niedermachen muss. Wir müssen sie töten, sie alle. Keiner darf überleben, kein Einziger. Ich habe geschworen, sie zu töten. Ich zerfetze sie und beiße, ich beiße und zerfetze sie.«
    Was war nur in ihn gefahren? Er zitterte und hustete. Ihm war eiskalt, als hätte Bragi ihn gerade erst aus dem Totenteich gezogen.
    »Piraten! Prinz, jetzt oder nie. Wir sollten mit ihnen verhandeln. Da winkt unsere Freiheit!« Es war Bragi, doch Vali konnte sich nicht auf die Worte konzentrieren. Alles drehte sich in seinem Kopf. Es war, als hätte die Realität seines Traums, die Realität des dunklen Wassers, jene des Angriffs verdrängt.
    Einige Bogenschützen in Valis Boot schossen zurück, doch die meisten Männer waren noch dabei, ihre Waffen aus den Fässern zu holen. Vali hatte das Gefühl, sich durch eine dicke Suppe aus Wut und Zorn zu bewegen, die sich aus den Ausdünstungen der schwitzenden Männer zu bilden schien.
    Ein Drakkar glitt mit eingezogenen Rudern vorbei und brach die Ruder ihres Schiffs ab. Viele Männer stürzten, am Ende standen nur noch drei aufrecht: Vali selbst, Feileg und Bodvar Bjarki, der hinter seinem riesigen Schild grinste und lachte und ein gutes Schwert bereithielt.
    Dann warfen die Angreifer Enterhaken aus. Sie hatten die Kriegsgesänge angestimmt, und rings um Vali stieg der Gestank der Angst auf. Er fühlte sich, als hätte sich ihm die Rune in die Kehle gehakt und zöge ihn einem schrecklichen Schicksal entgegen. Das Blut pochte im Kopf, als könnte es gleich herausspritzen. Und dann brach es wirklich heraus – ein Wort, das mehr zu sein schien als nur ein Wort.

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