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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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Händler. Ich traue dir nicht. Du würdest mit meinen Männern eine Abmachung treffen, mich hier sitzenlassen, das Boot verkaufen und sie am Ende auch noch um den Gewinn prellen, wenn ich so dumm wäre, dir eine Gelegenheit zu bieten.«
    »Auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen«, gab Veles zu. Das entsprach der Wahrheit, aber es war erfreulich, dass Bjarki Angst vor einer Meuterei hatte und ihm sogar einen Vorschlag unterbreitete, wie man sie am besten in Gang brachte.
    Der Gang endete vor einem großen Steinhaufen. Da es keinerlei Anzeichen für einen Einbruch der Decke gab, nahm Veles an, dass die Steine absichtlich hier aufgetürmt worden waren. Auf einen großen Felsblock hatte jemand eine Rune gemalt, eine gezackte Linie mit einem Querstrich.
    »Was bedeutet das?«
    »Dieses Symbol habe ich noch nie gesehen«, antwortete Veles.
    Inzwischen waren einige weitere Männer in der Höhle eingetroffen und sahen sich im unsteten Licht um.
    »Das ist ein heiliges Zeichen ihres Volks«, erklärte einer.
    »Wahrscheinlich ist es so«, stimmte Veles zu, »und wer auch immer dieses Gemetzel veranstaltet hat, wollte dafür sorgen, dass da unten etwas verborgen bleibt.«
    »Was denn?«
    Veles zuckte mit den Achseln und lächelte. »Das werden wir wohl erst erfahren, wenn wir die Grube öffnen, nicht wahr? Ich schlage vor, ihr macht euch an die Arbeit.«
    Bjarki grunzte. Dann begann er, den Steinhaufen abzutragen.

46
     

Aus der Dunkelheit
    S aitada saß in dem Lichtstrahl, der durch einen fingerbreiten Spalt in der Wand der oberen Höhle hereinfiel, und betrachtete ihr Spiegelbild in einer Schwertklinge.
    Sie war älter geworden. Wie viel? Sie wusste es nicht. Die unverletzte Seite ihres Gesichts war nicht mehr hübsch. Die Haut spannte sich über den Knochen und war bleich vom Mangel an Licht, schmutzig und zerschunden.
    Saitada lebte schon lange im Dunkeln. Die Hexenhöhlen waren endlos und unergründlich tief. Zuerst hatte sie nicht gewusst, wo ihre Jungen abgeblieben waren. Sie hatte die Hände ausgestreckt, sich an den Wänden entlanggetastet und die Schwärze durchforscht, immer auf der Suche nach einer Hand, nach einem Haarschopf. Sie hatte vom Wasser der unterirdischen Bäche und von dem Essen gelebt, das sie von den Dienern der Hexen erbettelt hatte. Jahrelang hatte Saitada nicht erfahren, warum man ihr die Kinder weggenommen hatte. Unermüdlich war sie durch die blinden Kamine gekrochen oder aus überfluteten Löchern aufgetaucht, wo es zwischen Felsdecke und Wasserspiegel kaum eine Handbreit Atemluft gab, hatte im Schein von Kerzen, die junge Diener ihr geschenkt hatten, beobachtet, wie das Licht gegen die tiefe Dunkelheit angekämpft hatte. Sie hatte gelauscht und gelernt. Die Hexen, die in den tiefsten Höhlen einen Hasen auf dem Berg atmen hören konnten, die den Fels und das Eis der Trollwand als dünnen Vorhang ansahen, durch den sie von einem Meer bis zum anderen blicken konnten, hatten sie nicht bemerkt, und Saitada selbst war nie der Gedanke gekommen, wie seltsam dies war.
    Die älteren Hexen redeten nicht, und die Knaben wussten nur, dass sie die Alten fürchten und bedienen mussten. Keiner konnte berichten, was mit Saitadas Kindern geschehen war. Die Mädchen jedoch, die neu in die Finsternis gekommen waren, schauderten, zitterten und klammerten sich an das, was sie gewesen waren. Saitada suchte sie, setzte sich zu ihnen, umarmte und beruhigte sie, auch wenn sie nie ein Wort sagte. Die Mädchen aber mussten reden, mussten ihre Ängste eingestehen, wie sie es ihren Müttern gegenüber getan hätten. So erzählten sie Saitada unter anderem von der Bedrohung, die sich näherte, von den Todesfällen und der Todesangst. Sie erwähnten auch zwei Jungen, von denen einer ein Wolf werden und den mordlüsternen Gott töten sollte. Der Körper eines Knaben sollte den Geist des Wolfs beherbergen, und der andere würde ihm als Nahrung dienen und seinem Bruder die nötige Kraft geben. Die Hexenkönigin hatte die Jungen verschleppt, und nur einer sollte überleben. Saitada wunderte sich nicht einmal darüber, dass sie die Sprache des Mädchens verstehen konnte. Wichtig war nur, dass ihre Kinder verschwunden waren.
    Ständig dachte sie an die Kinder. Die Erinnerungen waren wie ein Geschwür, das alles andere auffraß, was sie je gewesen war oder erlebt hatte. Nach Jahren in der Einsamkeit war sie keine Person mehr, sondern nur noch Liebe und Hass, in Fleisch gegossen. Inbrünstig dachte sie an die Kinder und

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