Wolfskrieger: Roman (German Edition)
und Adisla wurde klar, dass sie dies längst wusste und sich bereits bemühte, Vali zu befreien. Dem Verhalten der Frau glaubte Adisla sogar entnehmen zu können, dass Vali schon auf dem Weg zu ihr war, und dass bald alles wieder gut sein würde. Diese Herrin besaß große Kräfte und konnte jeden Zauber brechen, unter dem Vali zu leiden hatte.
Ja, bald würde alles wieder gut sein. Die Herrin hatte ihre Gedanken gelesen und schickte ihr eine Vision, um ihr den Frieden zu bringen. Adisla sah sich auf einem Gehöft in der Sonne, umringt von Kindern, die vor dem alten Bragi wegliefen, als er so tat, als sei er ein Bär. Neben ihr war noch jemand, ob Feileg oder Vali konnte sie nicht genau sagen. Jedenfalls fühlte sie sich sicher und geborgen, daheim unter Menschen, die sie liebte und die ihr das Wichtigste auf der Welt waren. Die Herrin zeigte ihr die Zukunft, dafür war sie dankbar.
Adisla nahm die Hand der Hexe, und Gullveig führte sie in die unteren Höhlen.
51
Belohnung
H och im Norden fror Veles Libor nicht, obwohl der Wind schneidend kalt und der Himmel voller schwarzer Wolken war. Vielmehr schwitzte er sogar. Unter der Erde konnte ihn der Wind nicht erreichen, und der Schnee störte ihn nicht. Im schwankenden Fackelschein schleppte er die Steine weg. Er strengte sich genauso an wie die Nordmänner, denn er kannte sie gut. Wenn er nicht die gleiche Arbeit wie sie verrichtete, würde er keinen Anteil an der Beute bekommen.
Falls sie tatsächlich einen Schatz fanden, stand ihnen der schwierigste Teil noch bevor. Bodvar Bjarki war ihm so wenig etwas schuldig wie die Mannschaft, und sie waren keine Untertanen seines Königs. Deshalb musste er sich auf zweierlei verlassen – auf seinen scharfen Verstand und die Dummheit seiner Begleiter. Daher redete er dauernd über die räuberischen Händler im Süden, und wie sie einen braven Krieger verleitet hatten, einen halben Drachenschatz für einen wertlosen Gürtel herzugeben, von dem der Händler behauptet hatte, er habe einmal dem Gott Thor gehört und könne dem Besitzer große Kräfte verleihen. Er hatte nicht damit gerechnet, tatsächlich auf einen Schatz zu stoßen, und keine Ahnung gehabt, wie er Hemming das Lösegeld für den Prinzen bezahlen sollte. Dies hier war immerhin einen Versuch wert, und das gezackte Symbol, das den vermeintlichen Schatz markierte, sowie der große Steinhaufen schienen einiges zu verheißen. Nun musste er seinen Begleitern nur noch vor Augen führen, wie nützlich er für sie sein konnte.
»Wenn ihr für die Beute den besten Preis erzielen wollt, braucht ihr einen erfahrenen Händler, der euch unterstützt«, erklärte er. »Mir bricht das Herz, wenn ich an all die stolzen Krieger denke, die große Schätze verkauft haben, ohne je zu erfahren, was sie wirklich besaßen. Ich sage euch, hätte ich diesen Drachenschatz verkauft, dann hätte ich das Doppelte seines wahren Werts herausgeschlagen. Aber ich weiß ja auch, wo man die richtigen Käufer findet.«
Einige Männer waren dumme Bauerntölpel, die wenig Erfahrung in solchen Dingen besaßen und begierig aufnahmen, was Veles ihnen erzählte.
Bjarki dagegen war aus einem anderen Holz geschnitzt. Der Berserker begriff, dass er nicht einmal eine Schale Hafer als Belohnung sehen würde, falls Veles mit ihrer Beute nach Haithabu zurückkehrte. Veles wollte ihn jedoch überzeugen, sein Verhandlungsgeschick sei auch in einem neutralen Hafen nützlich, wo er keine Beziehungen hatte, die dem Berserker gefährlich werden konnten. Bodvar Bjarki musste schließlich eine Entschädigung bezahlen. Wenn er Gabelbart irgendetwas anderes als bare Münze anbot, würde dieser willkürlich einen viel zu geringen Wert festsetzen, und der Berserker musste immer noch eine Menge drauflegen. Der Händler war der Ansicht, diese Überlegungen würden im richtigen Augenblick den Ausschlag geben.
Endlich hatten sie die aufgetürmten Steine weggeräumt und standen vor der großen flachen Steinplatte. Sie trug die gleiche Rune wie der erste Stein, den sie entfernt hatten, eine gezackte Linie mit einem Querstrich.
»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Bjarki.
»Es ist ein Fluch«, erklärte Veles. »Mit diesem Schatz muss man sehr vorsichtig umgehen, wenn man nicht Gefahr laufen will, dass die Männer, die ihn bergen, sofort niedergestreckt werden. In Byzanz wurde dieses Zeichen benutzt, um den Kaiser zu töten.«
»Wo ist Byzanz?«, fragte ein Bauerntölpel.
»Er meint Miklagard«, erklärte
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