Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
Vom Netzwerk:
ersticken, wenn die eigenen Arme ihm in einem engen Loch Mund und Nase zudrückten. Einige Durchgänge waren kaum breiter als sein Kopf, und er musste sich mühsam winden und quetschen. Nach einer Weile wurde ihm klar, warum dieser Eingang nicht so gut bewacht war wie die anderen an der Trollwand. Wenn hier Feinde eindrangen, waren sie höchst verletzlich. Ein Krieger kann nicht kämpfen, wenn die Arme über dem Kopf eingeklemmt sind. In gewisser Weise war der Zugang also leicht, doch zugleich auch höchst gefährlich, selbst wenn die Hexen keine Alpträume durch die Tunnel schickten.
    Je tiefer er nach unten vordrang, desto sicherer wurde er, dass die Hexen tot waren. Wie sonst hätte er in diesen Gängen so lange bei Verstand bleiben können? Aber was hatte sie umgebracht? Schließlich fand er sie neben einem unterirdischen Teich. Im Kerzenschein spiegelte sich die Decke der Höhle, das Wasser schimmerte wie flüssiges Gold. Er wandte sich an Saitada. War die Frau jetzt eine Hexe? Oder war sie eine Dienerin und hatte ihn hergeholt, damit er tötete, was in den Gängen so viele umgebracht hatte? Er schob die Gedanken beiseite, die ihm nicht guttaten. Er musste sich auf das konzentrieren, was zu tun war. Wie immer würde er entschlossen handeln und Feinde töten, solange er nicht selbst getötet wurde. Er wollte nicht morden, doch wenn ein Kampf drohte, würde er nicht davor zurückschrecken. Etwas anderes kannte er nicht.
    Nachdem er seiner Schätzung nach einen Tag in den Höhlen verbracht hatte, bemerkte er ein schwaches Glühen, das ihm wie eine Art Antwort auf das Licht ihrer Kerze aus dem Tunnel entgegenzukommen schien. Er blickte die Frau fragend an und legte die Hand auf das Heft seiner Klinge. Sie schüttelte den Kopf, offenbar drohte keine Gefahr.
    Aus der Nähe sah er dann, dass er den Widerschein ihres eigenen Lichts auf einer ungeheuren Menge Gold wahrgenommen hatte. Waffen, Rüstungen, Ringe und Edelsteine waren wie der Traum eines Geizhalses bis zur Decke aufgetürmt. Wie es hieß, horteten die Hexen seit tausend Jahren Tribut und Beutegut. Diese Zeit kam ihm allerdings viel zu kurz vor, um einen solchen Schatz aufzuhäufen.
    »Wie viele sind gestorben, um bis hierher vorzudringen?«, sagte er eher zu sich selbst als zu der Frau. Dann hätte er beinahe gelacht. Früher hätte er sich über einen solchen Fund sehr gefreut, hätte mitgenommen, was er tragen konnte, und wäre ruhmreich zurückgekehrt. Das lag längst hinter ihm. Er wusste kaum noch, welchem Zweck Reichtum überhaupt dienen konnte. Edelsteine nannte man auch die Tränen der Freya, da sie aus den Augen der Göttin regneten, wenn sie weinte. Er hatte dies für eine der Geschichten gehalten, die man sich eben im Winter erzählte. Nun sah er, wie eng die Tränen und die kostbaren Dinge miteinander verknüpft waren.
    Er berührte eine Brünne und einen Schild. Beide waren alt und stumpf, aber von guter Machart und sonst in gutem Zustand. Die Frau schüttelte den Kopf. Wahrscheinlich meinte sie, er würde in dem Kampf, der ihm bevorstand, weder Rüstung noch Waffen brauchen. Irgendetwas – eine Eingebung oder nur der Wunsch, genauso zu sterben, wie er gelebt hatte – überkam ihn. In all den einsamen Meditationen und den Alpträumen voller Bedauern hatte er die einfachen Gewohnheiten des Kriegers nicht abschütteln können. Wenn die Lage unsicher war, musste er jeden Vorteil für sich nutzen, den er nur finden konnte. So legte er die Brünne an, suchte sich einen passenden vergoldeten Eisenhelm heraus und nahm einen schönen Schild, der nicht das Abbild des Wolfs, sondern das des Raben trug. Odins Zeichen.
    Saitada stellte die Kerze auf den Boden, setzte sich auf den bequemsten Stein, den sie finden konnte, und sah ihm zu. Wieder sagte sie leise das Wort: »Tod.«
    Authun bemerkte in der Mündung eines Ganges eine Bewegung und zog mit einer einzigen fließenden Bewegung das Schwert. Dann entdeckte er im Tunnel zu seiner Linken eine zweite Bewegung, und auf einmal stand das Mädchen vor ihm, ausgemergelt und hager, mit einem langen und blutigen weißen Hemd bekleidet. In der Hand hielt sie einen zerbrochenen Speer, dessen Ende zu brennen schien, dann war es aber doch nur eine nadelspitze und scharfe Scherbe.
    Obwohl Authun dieses Gesicht bisher nur zweimal gesehen hatte, und beide Male nur einen kurzen Moment, erkannte er sie sofort. Sie war schmaler geworden, der Wahnsinn hatte weiter um sich gegriffen, sie war ausgehungert und bleich. Ihr

Weitere Kostenlose Bücher