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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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gab, wenn sich alle Könige aus dem ganzen Land bei einem großen Opferfest trafen, das Blöt genannt wurde, doch Gabelbart hatte so etwas noch nie getan.
    »Das kannst du nicht machen«, widersprach Vali.
    Gabelbart trank aus einem mit Edelsteinen besetzten Becher, ein Beutestück von einem Überfall. Vali dachte an die odinsblinden Berserker und die sinnlosen Morde, die sie begangen hatten, er dachte an die dumme Raserei, die seine Gefährten in Gefahr gebracht hatte, an den wertvollen Sklaven, der auf dem heimkehrenden Boot erhängt worden war. Eines Tages würde er Odins Blut trinken, den Gott von seinem Thron stoßen und ihn für seine Blutgier büßen lassen.
    »Kann ich nicht?« Gabelbart beugte sich vor und flüsterte ihm die nächsten Worte eindringlich ins Ohr. »Es mag ja sein, dass ich zur Versammlung rennen muss, damit meine Gesetze verabschiedet werden, aber die Religion ist einzig und allein meine Domäne.«
    Dann stand er auf und rief: »Ich bin der König, der oberste Herrscher, Odins Priester auf Erden. Ich verhandle mit dem Gott und sage euch allen, wie ihr ihm eure Gunst beweisen müsst! Habt ihr das begriffen?« Er setzte sich wieder und zeigte mit dem Finger auf Vali. »Nun denn, er will dieses Mädchen als Braut haben, es sei denn, du bringst ihm den Kopf seines Feindes, eines Wolfsmannes. Dein Vater glaubt, dass du das Zeug dazu hast. Ich glaube das nicht. Wir werden sehen, wer Recht behält. Ich rechne damit, dass du stirbst, bevor du überhaupt den Wolfsmann erreichst. Das soll mir ganz recht sein, denn dann kann ich jemanden für meine Tochter suchen, der ein bisschen mehr Mumm hat. Du wirst dann wenigstens den Trost haben, dass dein Bauernmädchen in den Hallen der Toten deinen Becher füllt.«
    »Du kannst keine frei geborene Frau nehmen und sie einfach opfern. Die Leute werden erfahren, dass sie es nicht freiwillig getan hat«, wandte Vali ein.
    Gabelbart schüttelte den Kopf.
    »Sie ist eine Gefahr für das Königreich, mein Junge, und das ist allein deine Schuld. Die Menschen werden schon verstehen, warum sie sterben musste. Wenn die Götter das verhindern wollen, dann werden sie dir den Erfolg schenken. Eine ganz klare Sache. Was verstehst du daran nicht?«
    Vali stand zitternd da. Er wollte brüllen, dass er den Menschen von Rogaland nicht den Kopf des Wolfsmannes, sondern den von Gabelbart präsentieren würde, falls Adisla etwas zustieß, doch inzwischen erkannte er, wie dumm er gewesen war, wie plump. Er hätte seine wahren Gedanken verbergen, bei den chaotischen Raubzügen mitmachen und sich brüsten sollen, dass er alte Männer und Kinder abgeschlachtet hatte. Als geachteter Krieger wäre er in einer viel besseren Position gewesen. Gabelbart hätte ihn ernst genommen und wenigstens Adislas Heirat unterbunden. Nein, das wäre nicht einmal nötig gewesen. Wenn im Haus des angehenden Bräutigams bekanntwürde, dass ein Krieger seine Pläne missbilligte, würde er von der Brautwerbung Abstand nehmen. Jetzt dies. Was würde geschehen, wenn er den Wolfsmann nicht fand? Die einzige Möglichkeit wäre, Gabelbart zum Zweikampf zu fordern. Auf dem Schlachtfeld konnte Vali überleben, aber ein Duell mit dem Mann, der den Königsthron mit Gewalt erobert hatte, war eine ganz andere Sache. Egal. Falls Gabelbart Adisla etwas antun wollte, würde Vali sie verteidigen.
    »Dieser Weg ist freilich für uns alle gefährlich«, wandte Vali ein.
    »Gefährliche Wege sind meine liebsten Wege«, erwiderte Gabelbart. »Vergiss nicht, dass Könige zum Ruhm geboren sind, nicht zu einem langen Leben.«
    Vali hätte gern auf die gleiche Weise geantwortet wie bei Bragi: »Wenn du genug im Kopf hast, kannst du das eine mit dem anderen verbinden«, oder: »Anscheinend hast du doch bereits ein achtbares Alter erreicht«, doch die Worte blieben ihm in der Kehle stecken.
    »Ich bleibe bis Mittsommer bei der Versammlung der Könige in Nidarnes. Das ist ein Monat. Kehre bis dahin mit dem Wolfsmann zurück, oder sieh zu, wie dein Bauernmädchen aufgehängt wird«, sagte Gabelbart.
    »Und dann wirst du mich aus dem Ehegelöbnis mit deiner Tochter entlassen?«
    »Auf keinen Fall, denn dann hättest du dich als großer Krieger bewährt. Dein Mädchen wird überleben, das ist alles. Jetzt verschwinde hier, bevor ich in dieser Hinsicht noch einmal meine Meinung ändere.«
    Vali sah sich in eine Situation gedrängt, in der er nichts Besseres hoffen konnte, als dass alles so blieb, wie es war. Und im schlimmsten Fall?

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