Wolfskrieger: Roman (German Edition)
Nein, dazu würde es nicht kommen. Die Aussichten, einen Wolfsmann zu finden, ganz zu schweigen davon, ihn zu fangen, standen denkbar schlecht. Er brauchte einen neuen Plan. Adisla musste ihren Bauern sofort heiraten, denn dann würde es für Gabelbart viel schwieriger werden, sie als Opfer auszuwählen. Das bedeutete zwar, dass sie nie zusammen sein würden, aber sie würde überleben. Er musste natürlich trotzdem seinen Auftrag ausführen und würde sicherlich nicht zurückkehren.
Zum zweiten Mal an diesem Tag legte er den Weg zwischen Gabelbarts Halle und Adislas Haus rennend zurück. Er lief schneller denn je. Auf halbem Wege hörte er hinter sich Hufschläge – drei Reiter der Leibwache des Königs, und ihre Absicht war klar. Sie ritten ohne Sattel und hatten den Pferden nur das Zaumzeug angelegt, weil sie vor ihm das Gehöft erreichen wollten.
Als sie ihn erkannten, wurden sie langsamer. Sie befanden sich auf einem schmalen Pfad zwischen den Bäumen, und er versuchte, ihnen den Weg zu versperren.
»Bleibt stehen«, rief Vali. »Als Prinz befehle ich euch, sofort anzuhalten.«
Die Reiter zügelten die Pferde. Sie waren bewaffnet – einer mit einem Schwert, zwei mit Speeren –, doch er war sicher, dass sie ihn nicht angreifen würden.
Der Schwertkämpfer zog die Klinge und deutete damit auf Vali. Es war Ageirr, der ihm vorher von Adislas Heiratsplänen erzählt hatte. »Wo sind deine Waffen, Prinz? Ah, du bist ja Vali der Schwertlose, Erdwühler und Sklavenfreund. Wie willst du uns denn aufhalten? Etwa mit den Worten, die du von den Frauen gelernt hast?«
Die anderen beiden lachten, waren aber wohl ein wenig nervös. Vali war schließlich ein Prinz, und sie wussten genau, dass er irgendwann auf Leben oder Tod über sie würde entscheiden können.
Vali war verzweifelt. »Ich bezahle euch, wenn ihr mich zuerst gehen lasst. Ich schwöre, ihr werdet Geld bekommen, wenn ihr es tut.«
Vali hatte keine Ahnung, woher er das Geld nehmen sollte. Vielleicht konnte er den Helm verkaufen, den sein Vater ihm geschenkt hatte, sofern Bragi ihn herausrückte.
»Wir haben geschworen, den König zu verteidigen«, sagte ein Speerträger. »Kein Geld kann uns davon abhalten, seine Befehle auszuführen.« Er ließ sein Pferd antraben.
Als er vorbeikam, sprang Vali hoch, packte ihn am Rock und zog ihn vom Rücken des Pferds herunter. Das Tier erschrak und ging durch. Die anderen Krieger setzten ihre Gäule mit Tritten in Marsch und wichen den beiden aus, die sich am Boden prügelten. »Wir sehen uns im Haus der Schlampe!«, rief Ageirr, als er vorbeiritt.
Vali sprang verzweifelt auf, konnte aber nichts mehr ausrichten.
Der Leibwächter folgte ihm und klopfte sich ab.
»Ein guter Schlag, Prinz, ob du nun bewaffnet bist oder nicht, das muss ich dir lassen.« Er blickte betreten zu Boden. »Was mit ihr geschehen soll, tut mir leid. Sie ist ein gutes Mädchen.«
»Spar dir deine Worte für dein Pferd«, gab Vali zurück. Er drehte sich um und rannte durch die Bäume zum Bauernhof.
Natürlich war sie schon fort, als er ankam. Disa erwartete ihn in der Tür. So wütend hatte er sie noch nie gesehen.
»Was hast du nur getan?«, schimpfte sie.
Vali stieg die Schamesröte ins Gesicht. »Wie geht es ihr? Wohin haben sie sie gebracht?«
»Sie ist in Gabelbarts Halle. Es geht ihr gut, und so wird es wohl auch bleiben, bis man sie aufhängt. Was wirst du nun dagegen tun, du dummer Junge? Was wirst du tun?«
Vali war voller Tatendrang, er brannte darauf, irgendwo hinzugehen, etwas zu unternehmen, alles ungeschehen zu machen. Als er antwortete, konnten seine Worte nicht einmal ihn selbst überzeugen. »Ich werde tun, was Gabelbart verlangt – ich werde die Wolfsmänner finden.«
»Wie?«
»Ich … ich gehe nach Norden und warte, bis sie mich angreifen. «
Zum ersten Mal im Leben sah Vali Tränen in Disas Augen.
»Du wirst nichts dergleichen tun, du nutzloser Narr. Dann würdet ihr nur beide sterben.«
»Dann gehe ich zu Gabelbarts Halle und kämpfe um sie.«
»Du willst gegen Gabelbart kämpfen, der mit zwölf den ersten Feind getötet und mehr Menschen ermordet hat, als du je gesehen hast? Wenn du gegen ihn kämpfst, wirst du …«
Sie wischte sich die Augen trocken. Bragi saß unter einem Baum und sah zu. Er hatte schon vor längerer Zeit herausgefunden, dass er den Prinzen am besten im Auge behalten konnte, wenn er viel Zeit bei Disa verbrachte.
»Alter Mann, du gehst mit ihm.«
»Ich habe schon gestern meine
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