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Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Wolfskrieger: Roman (German Edition)

Titel: Wolfskrieger: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. D. Lachlan
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hatte er dieses seltsame Gefühl, das man manchmal hat, wenn man in einer unvertrauten Umgebung zu sich kommt. Auf einmal bekommt die Realität einen Riss, und man weiß nicht mehr, wo man ist und wie man hergekommen ist.
    Vor seinen Füßen lag ein kräftiger Mann auf dem Bauch. Er war mit kaum mehr als einem Wolfsfell bekleidet und schlief. Daneben der leere Rucksack sowie der restlos geleerte Weinschlauch. Zuerst dachte Vali, es sei dunkel, doch dann erkannte er, dass es die Schatten der Pferde waren. Sie waren so nahe herangekommen, wie sie nur konnten. Kein Wunder, denn in der Nähe heulte ein Wolf.
    Vali packte das Schwert, zog es aus der Scheide und zielte damit auf den Schläfer. Er musste ein Wolfsmann sein. Vali wusste nicht, was er tun sollte. Natürlich war es viel beeindruckender, den Banditen lebendig zu fangen und zu beweisen, dass er einen Wolfsmann und keinen verkleideten Sklaven ablieferte. Doch der Mann – kaum älter als er selbst – verfügte über beeindruckende Muskeln. Nicht einmal die Leibeigenen, die auf den Bauernhöfen die schwersten Arbeiten verrichteten, waren so kräftig. Falls der Mann erwachte, während Vali ihn fesselte, würde ein Ringkampf beginnen, den er nur verlieren konnte.
    Vali sah sich um. Der gesamte Proviant war verschwunden. Die kleinen Stoffbeutel, in denen er Disas Kräuter aufbewahrt hatte, waren zerrissen. Der Honigtopf war leer, ebenso der andere Behälter mit dem Schlaftrank.
    Er lächelte in sich hinein, als ihm bewusstwurde, was geschehen war. Vorsichtig drückte er dem Wolfsmann die Schwertspitze auf den Rücken, bis etwas Blut kam. Es war gut zu wissen, dass man ihn mit gewöhnlichen Waffen verletzen konnte. Der Wolfsmann rührte sich nicht.
    Vali holte das Seil, das am Sattel hing. Bisher hatte er noch nie jemanden fesseln müssen und wusste nicht genau, wie er es tun sollte. Also ging er lieber vorsichtig vor und verschnürte die Hände des Mannes auf dem Rücken, dann fesselte er ihm die Beine, schließlich noch einmal Hände und Füße.
    Er hätte sich nie als fromm oder abergläubisch bezeichnet, doch jetzt hatte er fast Angst, den Wolfsmann zu berühren. Das Wolfsfell, das der Gefangene sich über den Kopf gezogen hatte, wollte er jedenfalls nicht wegnehmen. Es war ein magisches Objekt, das den Mann in einen knurrenden Halbwolf verwandeln konnte. Sogar der Händler Veles Libor hatte diese Geschichten ernst genommen.
    Vali dachte an die Mittel gegen Magie, die er kannte. Es waren nicht viele, denn bisher hatte er weder Anlass noch Gelegenheit gehabt, sie sich anzueignen. Allerdings wusste er, dass Magier angeblich fähig waren, ihre Opfer mit einem Blick zu verzaubern. Die beste Möglichkeit, sie daran zu hindern, bestand darin, ihnen eine Augenbinde anzulegen. Er hatte nichts Geeignetes dabei, doch er besaß immerhin den Beutel, aus dem er das Seil genommen hatte. Als er den Wolfsmann umdrehte, um ihm den Sack über den Kopf zu streifen, fiel ihm etwas auf.
    Der Mann war ihm selbst verblüffend ähnlich. Sein Gesicht war wettergegerbt und schmaler, die Haare waren wild und ungekämmt, doch der Bart war spärlich und schütter wie Valis eigener Bart, und die Gesichtszüge entsprachen genau seinen eigenen. Vali schauderte. Der Mann musste wirklich ein Gestaltwandler sein.
    Er zog ihm den Beutel über den Kopf und achtete darauf, das magische Wolfsfell nicht zu berühren. Dann schnaufte er schwer und sagte sich, er müsse ruhig bleiben. War der Kerl wirklich ein Gestaltwandler? Gut möglich, dass der Mann ihm einfach von Natur aus ähnlich sah. Er war noch nicht vielen dunkelhaarigen Männern begegnet. Vielleicht sahen sie alle einander ähnlich. Bragi hatte ihm erzählt, die Leute auf den Inseln im fernen Westen hätten alle dunkle Haare, und man könne sie nicht voneinander unterscheiden. Außerdem stanken sie, was auch auf diesen Mann zutraf.
    Vali überlegte weiter. Er hatte Gerüchte und Geschichten von Händlern gehört, es gebe sogenannte Doppelgänger, hinter denen böse Geister steckten, die einen lebenden Menschen nachahmten. Er konnte sich nicht genau erinnern, was sie taten, war aber sicher, dass es nichts Erfreuliches war. Wieder ermahnte er sich zur Ruhe und sagte sich, dass er übermüdet war. Kein Wunder, dass er Gespenster sah. Je schneller er zu Gabelbarts Halle zurückkehrte, desto besser. Er legte den Pferden das Zaumzeug an.
    Da ihm nicht recht klar war, wie er den gefesselten Wolfsmann befördern sollte, musste er sich etwas einfallen

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